Der Zoologe Joachim Ruther weiß eine Menge über die Liebe – unter Wespen. Foto: Horst Rudel

Beim ersten Science Pub in der Rosenau erfährt das Publikum, wie wichtig Duftstoffe für das Liebesleben sind.

Stuttgart-West - Edgar ist ein jugendlicher, ungestümer Liebhaber. Gerne verteilt er seine Spermien unter seinen weiblichen Artgenossen. Über sein Hinterteil gibt er seine Geheimwaffe ab, das Parfum Nasonia No. 1. Mit diesem lockt er die Jungfer Adele an. Er springt auf ihren Rücken, sondert sein Sekret ab und Adele antwortet mit einem begeisterten Ja auf sein Werben. Danach beginnt Edgars wilde Zeit, er paart sich wie verrückt, über seinen Duftstoff lockt er unzählige Weibchen an. Durch die häufige Paarung Edgars geht ihm aber über kurz oder lang sein Parfum aus. Am Ende ist Edgar entehrt und stirbt.

„Was Sie schon immer über Sex wissen wollten“ – der Titel, von Woody Allen gestohlen, klang offenbar vielversprechend. Jedenfalls ließen sich so viele Besucher anlocken, dass die Rosenau am Montagabend bis auf den letzten Platz voll war. Was den meisten Zuschauern aber nicht klar war: Professor Joachim Ruther von der Universität Regensburg erklärt in seinem eigens ausgedachten Schauspiel „Das Parfum. Ein Liebesdrama in sieben Akten“ zwar das Paarungsverhalten, doch das Beispielmännchen Edgar ist – ein Insekt. Der zweite Untertitel des Stücks lautete: „Das Liebesleben parasitischer Wespen“.

Zum ersten Mal haben die Gesellschaft für Naturkunde in Württemberg, das Museum für Naturkunde Stuttgart und das Unternehmen Klett Mint einen so genannten Science Pub veranstaltet. Mit der dreiteiligen Serie wollen die Partner die Naturwissenschaften der breiten Bevölkerung „auf nicht ganz bierernste Art“ näher bringen, sagte der Moderator Ulrich Schmid. Er ist stellvertretender Direktor des Naturkundemuseums und hat sich gemeinsam mit Dierk Suhr, mit Klett Mint-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied der Naturkunde-Gesellschaft die Veranstaltung ausgedacht.

„Wespen verstehen heißt die Welt verstehen“

Im ersten Science Pub drehte sich alles ums Paarungsverhalten. Der Duft ist das Geheimnis, das die Anziehung zwischen Männlein und Weiblein ausmacht, verriet Ruther. Dies trifft allerdings in erster Linie auf die „nasonia vitripennis“, die parasitische Wespe, zu. Diese ist das Spezialgebiet von Joachim Ruther am Lehrstuhl für chemische Ökologie an der Uni Regensburg.

Er untersucht chemische Substanzen, die das Verhalten von Insekten beeinflussen. Das sind in erster Linie Duftstoffe und die wiederum wirken auf das Sexualverhalten der Tiere. Warum das spannend ist, kann der Lebensmittelchemiker und Biologe auch sagen: „Wespen verstehen heißt die Welt verstehen.“ Deshalb konnte er auch die Besucher, die sich etwas anderes vom Vortrag erhofft hatten, beruhigen: „Sie finden hier trotzdem einige Anregungen.“ Denn ein guter Duft ziehe ja auch menschliche Weibchen an. „Aber machen Sie es nicht wie Edgar“, gab er den Herren noch mit auf den Weg.

Enttäuscht war am Ende wohl kaum jemand, dass es im Grunde genommen um Wespen ging. Denn mit einem Quiz zum Einstieg, viel Humor und einem kleinen Theaterstück war es Ruther gelungen, das Ziel des Science Pub zu erreichen: Wissenschaft unterhaltsam zu vermitteln.

Wissenschaft bei einem Glas Bier:

Science Pub:
Die wissenschaftlichen Abende in lockerer Atmosphäre sind eine Veranstaltungsreihe des Staatlichen Museums für Naturkunde Stuttgart, der Gesellschaft für Naturkunde in Württemberg und der Klett Mint GmbH. Beim Science Pub stellen Wissenschaftler ihre aktuellen Forschungen auf humorvolle Weise vor. Das wichtigste Ziel ist es, das Publikum, das sich oft aus Laien zusammensetzt, nicht zu langweilen. Mit der Veranstaltungsreihe sollen vor allem junge Menschen für die Naturwissenschaften begeistert werden. Die Idee des Science Pub kommt aus den USA und ist in Deutschland neu.

Termine:
Am Montag, 19. November, spricht der ehemalige Wilhelma-Tierarzt Wolfram Rietschel über „Gefährliche Verwandtschaften“. Es geht um Infektionserreger zwischen Menschen und Affen. Für 21. Januar lädt Hartmut Seyfried von der Uni Stuttgart zu einem Experimentalabend ein. Dann weiht er das Publikum in das Geheimnis des Ausschanks von Hefeweißbier ein. Die Veranstaltungen finden in der Rosenau, Rotebühlstraße 109b, statt.