Jeder dritte Europäer, der älter ist als 18 Jahre, hat einen hohen Blutdruck. Viele Betroffene wiessen aber nicht, dass sie unter Hypertonie – so der Fachbegriff – leiden. Foto: dpa

Der Blutdruck-Wert ist wichtiger, als man denkt: Bleibt ein zu hoher Blutdruck unentdeckt, kann das auf Dauer zum Gesundheitsrisiko werden. Experten der Deutschen Hochdruck-Liga erklären, wie sich ein zu hoher Druck mit Bewegung und Essen senken lässt und ob Salz so ungesund ist, wie alle behaupten.

Berlin - Bluthochdruck ist die häufigste Ursache für Schlaganfall und Herzinfarkt. Doch ab welchen Werten muss die sogenannte Hypertonie behandelt werden? Braucht es immer Medikamente dazu? Anlässlich des Welthypertonietags am 17. Mai geben Experten der Deutschen Hochdruck Liga (DHL) Antworten.

Wie kommt es zu hohem Blutdruck?

Im Körper wird der Blutdruck durch einen sehr komplexen Vorgang reguliert, der bestimmt wird von biochemische Botenstoffe, den Organen, von Blutgefäßen und dem Nervensystem. Dieser Mechanismus ist nur teilweise erforscht. Das bedeutet, dass die körperlichen Ursachen für zu hohen Blutdruck bis heute nicht bekannt sind. Allerdings haben Forscher herausgefunden, welche Umstände Bluthochdruck begünstigen: „Zehn Prozent der Patienten entwickeln Bluthochdruck aufgrund einer Erkrankung“, sagt Weisser von der DHL. „Bei 90 Prozent der Patienten ist aber der Lebensstil schuld.“ Sie bewegen sich zu wenig, essen zu ungesund, haben Übergewicht und leiden unter Stress.

Wie zeigt sich hoher Blutdruck?

Experten bezeichnen den Bluthochdruck als „schleichende Gefahr“. Oft wird er von den Betroffenen gar nicht bemerkt, so Burkhard Weisser von der DHL. Meist entwickelt sich die Hypertonie bei Frauen in den Wechseljahren – weshalb Symptome wie Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme und nachlassende Leistungsfähigkeit erst der hormonellen Umstellung zugeschrieben werden. Ebenso wie Herzklopfen oder Herzstolpern, Kopfschmerzen oder Atemlosigkeit. Teilweise gibt es aber auch keine Symptome. Bei Männern kommt es häufiger schon vor der Lebensmitte zu Bluthochdruck. Hochdruckspezialist Weisser rät daher, bei Arztbesuchen auch immer den Blutdruck messen zu lassen. „Gibt es in einer Familie mehrere Fälle von Bluthochdruck, sollte man sich ein Messgerät zulegen und zuhause die Werte regelmäßig überprüfen“, sagt Weisser.

Ab welchen Werten braucht es Medikamente?

120/80 mmHg oder darunter – so lautet der Wert für einen optimalen Blutdruck. Doch bei jedem dritten Europäer zeigt das Messgerät inzwischen einen Wert oberhalb von 140/90 an:Und das sind die Werte eines Bluthochdrucks, medizinisch Hypertonie genannt. Eine Hypertonie muss aber nicht unbedingt mit Medikamenten behandelt werden, sagt Hochdruckspezialist Burkhard Weisser. „Bei einer leichten Hypertonie können Patienten noch viel mit gesunder Ernährung und viel Bewegung bewirken.“ Hat ein Hypertoniker nach drei Monaten keine unbedenklichen Werte erreicht, braucht es allerdings doch Medikamente. Ein Blutdruck zwischen 160/100 mmHg und 179/109 mmHg ist mittelschwer. Noch höhere Werte werden als schwere Hypertonie eingeordnet. Diese beiden Formen müssen medikamentös behandelt werden.

Erhöhen Blutdrucksenker die Sturzgefahr im Alter?

Zu viel des Guten kann manchmal genauso schädlich sein wie zu wenig. Das gilt auch bei der Behandlung von Bluthochdruck: Denn drucksenkende Medikamente können die Sturzgefahr von älteren Patienten erhöhen. Hochdruckexperten erklären die Gefahr mit der sogenannten Orthostase-Reaktion: Sobald man aufsteht, stellt der Körper die Gefäße enger, damit der Blutdruck weitgehend konstant bleibt. Mit zunehmendem Alter lässt diese Anpassung allmählich nach; beim Aufstehen versackt das Blut in den Beinen, der Druck sinkt. Bei einem starken Abfall wird es den Betroffenen schwummerig oder sie fallen gar in Ohnmacht. Daher rät Burkhard Weisser, Vorstandsmitglied der Deutschen Hochdruckliga (DHL) insbesondere Senioren, den Blutdruck nicht nur im Sitzen oder Liegen, sondern auch im Stehen zu messen. „Fällt der Blutdruck plötzlich, sollte man dringend mit seinem Arzt über die Medikamentierung sprechen“, sagt Weisser. Auch Patienten, die beim Aufstehen oder Bücken schon Schwindel oder Augenflimmern verspüren, sollten dies untersuchen lassen. „Eventuell muss ein höherer Blutdruck akzeptiert werden, um der Gefahr eines zu starken Blutdruckabfalls zu entgehen“, sagt Weisser.

Was isst und trinkt man mit hohem Blutdruck?

„Bitte stellen Sie Ihre Ernährung um!“ – Diesen Rat hören Bluthochdruck-Patienten von ihrem Arzt am häufigsten. „Konkret bedeutet eine gesunde Ernährung, dass man sich möglichst kalorienarm ernährt“, sagt Burkhard Weisser von der DHL. Die Ballaststoffzufuhr mit Hilfe von Vollkornprodukten, Gemüse und Obst muss erhöht werden. Lebensmittel, die Kalium enthalten – wie beispielsweise Bananen, Pilze, Kartoffeln und Spinat – sollten bevorzugt gegessen werden. Statt jeden Tag gibt es nur ein- bis zweimal pro Woche Fleisch oder Wurst, dafür dann ein- bis zweimal pro Woche Fisch und dreimal ein vegetarisches Gericht. Koffeinhaltige Getränke wie Cola oder Kaffee sind in Maßen erlaubt, auch Alkohol ist nicht grundsätzlich verboten. Doch ein Bier und Wein sollten nur in geringen Mengen und keinesfalls regelmäßig genossen werden, sagt Weisser.

Wie viel Bewegung am Tag senkt den Blutdruck?

Um den Blutdruck zu senken, ist Bewegung – neben Medikamenten – die wichtigste Maßnahme: Dabei ist häufiges Aufstehen, Gehen und Treppensteigen im Alltag wichtiger als dreimal wöchentlich für eine Stunde Sport zu treiben, sagt Hochdruckspezialist Burkhard Weisser. „Am besten man gewöhnt sich an, jede Stunde einmal aufzustehen und ein paar Schritte zu gehen“, sagt er. Ein täglicher Spaziergang von einer Viertelstunde ist ebenfalls zu empfehlen. Wer dann immer noch zusätzlich Sport treiben möchte, sollte dies beim Nordic Walking, Laufen oder Radfahren tun. Dicke Menschen profitieren besonders von körperlicher Aktivität: „Bei Übergewichtigen sinkt der Blutdruck durch Sport im Allgemeinen stärker“, sagt Weisser. Die Bewegung helfe zudem beim Abnehmen, was die Werte zusätzlich senke. Pro Kilogramm Gewichtsabnahme könne man mit einem um ein mmHg verringerten Blutdruck rechnen.

Reagiert man mit hohem Blutdruck eher auf das Wetter?

Statistisch gesehen, ist der Winter die unangenehmere Zeit für Menschen, die unter zu hohem Blutdruck leiden. Denn bei Kälte ziehen sich die Gefäße zusammen, der Blutdruck steigt – und damit auch das Risiko von Schlaganfällen oder Herzinfarkten. „Im Sommer dagegen erweitern sich die Blutgefäße und der Blutdruck ist generell etwas niederer“, sagt Hochdruckspezialist Burkhard Weisser von der DHL. Doch zu warm darf’s auch nicht werden: Bereits Temperaturen von über 25 Grad Celsius belasten Herz und Kreislauf und erhöhen den Blutdruck. Geschieht von einem Tag auf den anderen noch ein Temperaturanstieg, droht eine Art Hitzeschock. Diese Gefahr besteht auch bei extremen Temperaturschwankungen in die Gegenrichtung und bei starken Schwankungen im Luftdruck. Die DHL rät daher Patienten, täglich den Blutdruck zu kontrollieren, viel zu trinken und eventuell mit ihrem Arzt die Medikamente anzupassen.

Treibt Salz den Blutdruck in die Höhe?

Einen Beweis, dass Menschen sterben, weil sie zu salzig essen, gibt es nicht. „Es besteht allenfalls ein wissenschaftlich begründeter Zusammenhang zwischen Salzaufnahme und Bluthochdruck“, sagt Erland Erdmann von der Deutschen Herzstiftung. Das hängt mit dem Flüssigkeitsgehalt des Körpers zusammen: Je mehr Salz im Körper ist, desto höher muss auch der Flüssigkeitsanteil sein. Wird zu wenig getrunken bei gleichzeitig hoher Salzaufnahme, wird das benötigte Wasser den Zellen entzogen. Gibt es dort kein Wasser mehr, steigt der Durst. Und ein höherer Flüssigkeitsgehalt führt auch zu einer Erhöhung des Blutdrucks. Allerdings ist dieser Effekt nicht bei allen Menschen gleich ausgeprägt. „Bei manchen Menschen verträgt der Organismus durchaus größere Mengen Salz, bei anderen – vor allem Patienten, die von Natur aus Probleme mit dem Blutdruck haben – kann eine salzarme Ernährung durchaus zur Besserung ihrer Gesundheit beitragen“, so Erdmann. Diesen Patienten empfiehlt er, mehr auf ihre Ernährung zu achten und weniger zu industriell gefertigten Lebensmitteln zu greifen. Grundsätzlich rät die Weltgesundheitsorganisation (WHO), täglich nicht mehr als fünf Gramm Salz zu sich zu nehmen.

Können schon Kinder einen zu hohen Blutdruck haben?

„Sitz nicht so viel vor der Glotze“ – tatsächlich ist dieser typische Eltern-Satz sinnvoller, als so manche Mütter und Väter es ahnen: Eine Untersuchung aus Kanada kam 2014 zu dem Ergebnis, dass Grundschüler, die täglich mindestens zwei Stunden vor dem Fernseher verbringen, fast dreimal so häufig einen erhöhten Blutdruck aufwiesen im Vergleich zu Gleichaltrigen, die sich eher im Freien aufhielten. Bei dicken Kindern ist dieser Zusammenhang noch ausgeprägter. Lange Zeit nahm man an, dass Kinder von Herz-Kreislauf-Erkrankungen verschont bleiben. Doch aktuelle Untersuchungen zeigen, dass 20 bis 30 Prozent aller 15- bis 20-Jährigen bereits Veränderungen an den Herzkranzgefäßen aufweisen, warnen Kinderkardiologen. Dies seien die ersten Anzeichen für eine beginnende Arteriosklerose, die unbehandelt zu Bluthochdruck und sogar Herzinfarkt, Schlaganfall sowie Nieren- und Gefäßschäden führen kann. Ursache von zu hohem Bluthochdruck ist bei Kindern ebenfalls das Übergewicht. Um Diagnose und Therapie zu erleichtern, hat die DHL Grenzwerte festgelegt: für Zwölfjährige 125 zu 80 mmHg, für 16-Jährige 135 zu 85 mmHg und für 18-Jährige 140 zu 90 mmHg.

Weitere Infos gibt es bei der Deutschen Hochdruck Liga: http://www.hochdruckliga.de/