Perfekt durchgebacken: Die Vorsitzende der Landfrauen, Katja Laipple, mit einem fertigen Brot auf dem Schieber. Foto: Ralf Poller/Avanti

Die Großbottwarer Landfrauen eröffnen eine regelmäßige Back-Session im Winzerhäuser Backhäusle. Traditions- und selbstbewusst wollen sie mit der althergebrachten Kunst, gutes Brot zu backen, eine neue Generation von Frauen ansprechen.

Es ist unangenehm kalt, und ein starker, böiger Wind belebt an diesem Freitagnachmittag die Szenerie vor dem Winzerhäuser Backhäuschen. Frauen verschiedenen Alters warten dennoch vor dem urigen Backsteingebäude, aus dem es vor einer Viertelstunde noch kräftig gequalmt und funkensprühende Glut aus dem steinernen Ofen heraus in die Aschebehälter geregnet hat. Joachim Bärlin aus der Nachbarschaft hat den Ofen zuvor angeheizt. Der Mann hat sich bereit erklärt, dies auch künftig zu tun, um den Landfrauen behilflich zu sein. Es ist die erste große Aktion der frischgebackenen Vorsitzenden der Landfrauen in Großbottwar, Katja Laipple, die mit dem aufwendigen Brotbackverfahren im Winzerhäuser Backhäusle auf den Verein und dessen neue Ausrichtung aufmerksam machen möchte: Moderner und jünger soll die Frauengemeinschaft nach innen und außen künftig auftreten – und dementsprechend auch eine neue Generation von Frauen ansprechen.

Faszination alter Backtechniken

Dass dieses Ziel unter anderem mit dem traditionsgebundenen Brotbacken im Backhäusle der kleinen Gemeinde forciert werden soll, mutet zunächst vielleicht paradox an. Die Realität aber zeigt: Das Einbinden alter Brotbacktechniken fasziniert Alt wie Jung. Nancy Schiller etwa ist zum Schnuppern gekommen. Im sprichwörtlichen wie im buchstäblichen Sinne: Die 30-Jährige, der es wichtig ist, „dass hier ein Kulturwandel stattfindet“, packt nämlich ohne lange zu zögern entschlossen an und sorgt gemeinsam mit Simone Beyer dafür, dass nach nicht allzu langer Wartezeit schmackhafter Dinnede-Geruch die Wartenden mit der widrigen Wetterlage versöhnt.

Zwar hat der Aufbau eines Faltpavillons wegen der stürmischen Attacken nicht so richtig funktionieren wollen, doch immerhin schützt die Dachplane vor dem Schneeregen, der sich wenig später auch noch in das meteorologische Unbehagen mischt.

Herzhaft schmeckende Dinnede

Dass kurz darauf nicht nur die leckere, herzhaft schmeckende Dinnede, also „schwäbische-Pizza-Stücke“, im Mund landen, sondern auch noch pikante und süße Eselsohren auf dem Programm stehen, bevor schließlich das speziell kreierte Bio-Urkorn-Dinkel-Brot der Landfrauen in den glühend heißen Ofen eingeschossen wird, ist an dem Tag vor allem Simone Beyer und Nancy Schiller zu verdanken. Die begeisterte Hobby-Bäckerin Beyer taucht nämlich nicht nur immer wieder die Aschekrücke in den kleinen Brunnen vor dem Backhaus, damit das hölzerne Hilfsgerät nicht anbrennt, wenn sie den Ofen von der Glut befreit. Neben dieser schweißtreibenden Tätigkeit schnippelt sie gemeinsam mit Nancy Schiller auch unermüdlich Zwiebelröllchen und Speckscheiben oder verteilt den mit ihrer Nachbarin Katja Laipple während mehrerer Backversuche ausgeklügelten Landfrauen-Dinkelbrotteig in die bereitgestellten Gärkörbchen. „Ich finde diese Art zu backen einfach genial. Es ist schade, wenn man das nicht weitermacht, irgendwann geht das Wissen sonst verloren“, erklärt Beyer ihr Engagement rund um das Backhäuschen.

Selbstgemachtes Dinkelbrot

Ein Faible, das sie mit Katja Laipple teilt. Die kommunikationsstarke Vorsitzende sorgt an diesem Nachmittag unterdessen dafür, dass die erschienenen Gäste nicht nur mit einem Glas Begrüßungssekt, sondern auch mit gedrucktem Infomaterial, das auch die Beitrittserklärung enthält, versorgt werden.

Freundlich steht sie Rede und Antwort und prostet den interessierten Frauen – wie auch ihrer Vorgängerin Irmgard Glatt – zuversichtlich zu. Denn es tut sich was in der Runde: Nicht nur sind einige Neulinge gekommen, auch eine junge Frau ist der Aufforderung gefolgt, dass jeder, der will, seinen Teigling bringen kann, damit dieser als Holzofenbrot der Glut-Hitze entnommen wird.

Auch Carina Zeymer vom Holzweilerhof freut sich auf das selbstgefertigte Dinkelbrot mit Körnern, das sie später mit nach Hause nehmen wird. In der Zwischenzeit wärmt sie sich an der wohltuenden Abstrahlung der Aschekästen, die vor dem Haus Abkühlung suchen. Einmal wird die Vorsitzende gefragt, ob es ein Mindestalter für den Vereinseintritt gebe. „Nein, nein“, beteuert Laipple und fügt hinzu: „Einfach nur offen und nett sein. Jede Frau ist bei uns herzlich willkommen!“

„Auf dem Blech der Uroma“

Melanie Schmidt schließlich bringt einen Zwiebelkuchen, den sie im Haus der Eltern vorbereitet hat. „Auf dem Blech der Uroma“, hat die junge Rioanerin, wie sie sich selbst betitelt, den herzhaften Kuchen zum Backhaus getragen. Der wird ebenfalls knapp eine halbe Stunde vor den neun Broten gebacken, die wiederum das neue Ritual der Landfrauen einläuten: Fortan soll es jeden dritten Freitag im Monat das Dinkel-Urkornbrot zum Kaufen geben. Dabei aber auch die Möglichkeit, seinen eigenen Teig im Winzerhäuser Backhäuschen einzuschießen.