Noch ist die iranische Insel Kisch ein beliebtes Urlaubsziel. Foto: dpa/Abedin Taherkenareh

Dem Iran fehlt Geld, um die Renten zu sichern. Ein hoher Beamter setzt mit der Idee, zwei Inseln im Persischen Golf zu versilbern, das Regime unter steigenden Druck.

Der Iran besitzt riesige Vorräte an Öl und Gas, doch westliche Sanktionen wegen des iranischen Atomprogramms sowie Korruption und Misswirtschaft treiben das Land immer tiefer in die Krise. Die Inflation lag Ende Februar bei 48 Prozent – seitdem veröffentlicht die Regierung keine aktuellen Zahlen mehr. Offenbar will sie das Ausmaß der Geldentwertung geheim halten. Die „Financial Times“ meldet unter Berufung auf Experten, die Inflationsrate sei im März wahrscheinlich über 49 Prozent gestiegen und habe damit den bisherigen Höchststand aus dem Jahr 1995 übertroffen. Die Landeswährung Rial hat allein seit Jahresbeginn rund 30 Prozent ihres Wertes gegenüber dem Dollar eingebüßt.

 

Präsident Ebrahim Raisi hatte bei seinem Amtsantritt vor knapp zwei Jahren versprochen, die Inflation zu senken und die Wirtschaft wieder flottzumachen, doch der Alltag für die meisten Iraner wird schwerer statt leichter. Seit Monaten demonstrieren iranische Rentner, da sie wegen der hohen Inflation verarmen. Bei ihren Protestzügen verdammen sie Regierungspolitiker als „Lügner“ und fordern Raisis Rücktritt. Ihre Unzufriedenheit stärkt die Protestbewegung, die seit September grundlegende politische Reformen fordert. Eine kürzliche Rentenerhöhung konnte den Unmut nicht dämpfen.

Die Erlöse aus den Verkäufen könnten die Rentenkasse retten

Auf der Suche nach neuen Geldquellen dachte Sadschad Padam, Direktor der Abteilung für Sozialversicherung im iranischen Arbeitsministerium, jetzt laut über die Zukunft von zwei Inseln im Golf nach. Die Ferieninsel Kisch – ein Touristenmagnet mit einer Freihandelszone und einer Million Besuchern im Jahr – und die Insel Qeschm weiter östlich könnten verkauft werden, sagte er. Auch die Ölprovinz Chuzestan an der Grenze zum Irak könnte laut Padam unter den Hammer kommen.

Die Erlöse aus den Verkäufen könnten die Rentenkasse retten, sagte Padam. Andere Möglichkeiten dazu sieht er nicht: Selbst wenn sich der Iran mit dem Westen im Atomstreit einige und nach Aufhebung der Sanktionen von höheren Ölexporten profitieren könne, werde das Land nicht genug verdienen, sagte er. Iranische Oppositionsmedien beziffern den Finanzbedarf des Rentensystems auf fast neun Milliarden Dollar.

Geheimer Vertrag mit China

Der Insel-Vorschlag setzt das Regime unter Druck, denn iranische Nationalisten vermuten, dass es Häfen und Inseln im Gegenzug für Milliardeninvestitionen an China abtreten will. Raisis Regierung hatte vor zwei Jahren mit China einen Grundsatzvertrag geschlossen, der chinesische Investitionen von bis zu 400 Milliarden Dollar im Iran vorsieht. Das chinesische Geld würde der Islamischen Republik sehr helfen, doch zu welchen Gegenleistungen der Iran in dem Abkommen verpflichtet wird, ist bis heute unbekannt: Die iranische Regierung hat den Vertrag zur Geheimsache erklärt. Berichte, wonach der Iran den Chinesen laut dem Vertrag mehrere Inseln überlassen muss, wurden von Teheran zwar dementiert, doch das Abkommen bleibt umstritten. Das Thema ist für Irans Führung auch deshalb heikel, weil sich China voriges Jahr in einem Streit zwischen Teheran und den Vereinigten Arabischen Emiraten um drei Inseln im Persischen Golf auf die Seite der Emirate stellte.

Hunderte Jahre alte Burgen und Paläste sollen versteigert werden

Padams Insel-Äußerungen waren deshalb politisches Dynamit. Das Arbeitsministerium kritisierte seine Aussagen als „falsch“ und feuerte ihn von seinem Posten. Die Debatte über die Geldnot des Staates geht trotzdem weiter, zumal Padam nicht der einzige Regierungsvertreter ist, der das nationale Tafelsilber verscherbeln will. Wie die Nachrichtenagentur Isna meldet, sollen noch im Mai zum Teil Hunderte Jahre alte Burgen und Paläste versteigert werden. Das Tourismusministerium will demnach Privatunternehmen erlauben, Hotels und Restaurants auf dem Gelände der historischen Stätten zu betreiben.