Die Radmitnahme in der Bahn soll ausgebaut werden. Foto: dpa/Monika Skolimowska

Mit Zug und Velo nachhaltig in den Urlaub – das ist besonders bei Zielen jenseits der deutschen Grenzen oft schwierig. Die gute Nachricht: Auf einigen Strecken ist Besserung ist in Sicht.

Witgar Weber und seine Frau sind passionierte Radler. Seit vier Jahrzehnten ist das Paar aus Göppingen im Urlaub gerne auf dem Sattel unterwegs. Amsterdam, Paris, Nizza, Neapel, Rom, Florenz, Wien und Prag – meist nutzten die Webers das einst üppige Angebot an Nachtzügen zur An- und Abreise. „Es war regelmäßig die beste und oft einzige Möglichkeit, die Räder in den Urlaub mitzunehmen“, erzählt der pensionierte Geschäftsführer des baden-württembergischen Busverbands.

Doch mit der Einstellung vieler Nachtzüge in Europa verschwand auch dieses nachhaltige Angebot für Radtouristen. „Gerne würden wir noch mal nach Sizilien“, sagt Weber. Doch in den Nachtzügen gen Italien über den Brenner gebe es überhaupt keine Radmitnahme mehr und in EC-Zügen tagsüber nur wenige Stellplätze. Alternativ erwägt das Paar nun, über die Schweiz mit dem Zug nach Genua zu fahren und dort die Fähre zu nehmen – oder ab Stuttgart bis Mailand den Flixbus zu nehmen, der Räder auf vielen Strecken huckepack mitnimmt.

Mit Rad nach Italien – bald auch wieder im Nachtzug

Mit dem Rad nach Italien

Die meisten Nachtzüge in Europa betreiben die Österreichischen Bundesbahnen, seit die Deutsche Bahn ihre Schlaf- und Liegewagen ausrangiert hat. Die ÖBB wirbt, dass 25 Metropolen in Europa über Nacht bequem und umweltschonend erreichbar sind, darunter neun Ziele in Bella Italia. Doch auf keiner einzigen der Nightjet-Verbindungen von oder nach Italien ist die Radmitnahme möglich, wie ein ÖBB-Sprecher bestätigt. Das ärgert Weber, zumal bei kombinierten Nacht- und Autozügen der ÖBB sogar Pkw und Motorräder verladen und mit in den Urlaub genommen werden können. Immerhin: Besserung ist in Sicht. Mit einiger Verspätung gehen Ende des Jahres die ersten neuen Nightjets in Betrieb, die Siemens Austria in Wien gebaut hat. Diese Züge bieten sechs Fahrradplätze im Mehrzweckwagen, der zudem stufenlos zugänglich ist.

Radtouristen haben es bei der Bahn nicht leicht

Radtouristen haben es bei der Bahn nicht leicht

Die ersten der 33 bestellten Züge sollen ab Dezember über Nacht Hamburg mit Innsbruck sowie Wien verbinden, bald könnte München–Rom folgen. Vielleicht erspart das Velo-Urlaubern künftig manche Mühen. „Als Radtourist ist man nicht verwöhnt“, fasst Weber seine teils abenteuerlichen Erfahrungen zusammen. Einmal musste das Paar die Räder ins Flugzeug von Florenz zurück nach Stuttgart mitnehmen, weil die wenigen Plätze im Zug ausgebucht waren. Ein anderes Mal ging es von Padua mit siebenmal Umsteigen in Nahverkehrszügen heim nach Göppingen.

Es gab auch Lustiges und Positives: In Neapel war die Radmitnahme damals erstmals im Gepäckabteil des Nachtzuges möglich, was der Schaffner vor Ort aber gar nicht wusste, bis er es von den Touristen erfuhr.

Neue DB-Fernzüge haben acht Stellplätze für Fahrräder

Neue DB-Fernzüge haben acht Stellplätze für Fahrräder

Der viel gescholtenen Deutschen Bahn AG bescheinigt Weber im internationalen Vergleich zumindest bei der Radmitnahme inzwischen „einen hohen Standard“. Denn anders als in den ICE 1 bis 3 der Flotte, wo es überhaupt keine Stellplätze gibt, bieten die ICE 4 immerhin Platz für acht Räder.

Ein DB-Sprecher betont, die Radmitnahme sei mittlerweile „nahezu flächendeckend möglich“. Neue Zugmodelle ordert der Konzern nur noch mit Stellplätzen. Neben den 137 fast komplett gelieferten ICE 4 haben auch die ICE 3 neo von Siemens Platz für je acht Räder, ein Fünftel der 90 bestellen Züge ist schon unterwegs. Mit deren geplantem Einsatz nach Frankreich, Belgien und Niederlande soll es perspektivisch auch auf diesen Strecken je acht Radplätze je Zug geben. Ende 2024 folgen mit dem ICE L weitere Reisezüge mit acht Stellplätzen.

Im Schnitt können 4000 Räder pro Tag mitfahren

Im Schnitt können 4000 Räder pro Tag mitfahren

„Die Fernverkehrsflotte der DB wird bis 2025 zu rund zwei Dritteln über Fahrradstellplätze verfügen“, verspricht der Konzern. Allein 2022 sei die Zahl der angebotenen Radplätze in DB-Fernzügen um knapp 13 Prozent auf über 1,5 Millionen gewachsen. Im Schnitt können also pro Tag bis zu 4000 Velos transportiert werden. Allerdings wächst auch die Nachfrage beständig. In den letzten sechs Jahren seien knapp 60 Prozent mehr Räder in IC- und ICE-Zügen mitgenommen worden.

Gerade in Urlaubszeiten sind die knappen Radplätze oft schon Monate im Voraus ausgebucht. „Deshalb empfehlen wir Alternativen wie den Fahrradversand, Call a Bike oder den DB-Radverleih“, betont die DB. Über den Gepäckservice der Deutschen Bahn wurde in 2022 demnach eine knapp fünfstellige Zahl von Fahrrädern versendet. Das Rad vorab per Bahn an den Urlaubsort zu schicken, haben die Webers nur einmal ausprobiert – mit schlechten Erfahrungen. In Dijon kamen die Velos erst mit tagelanger Verspätung an. Dennoch blieb das Paar dem Radurlaub mit der Bahn treu und will weitere Touren starten.

Was die Bahn für Radler bietet

Radmitnahme
Pendeln zur Arbeit, Ausflüge oder Urlaub – das Interesse ist groß, Bahn und Rad zu kombinieren. Das bestätigt die Deutsche Bahn auf Nachfrage ausdrücklich. Der Konzern informiert auf www.bahn.de/fahrrad über die Radmitnahme im Nah- und Fernverkehr. Dort gibt es auch Hinweise zu Alternativen, wie Fahrradversand oder Fahrradausleihe, und darüber, wie und wo Reisende ihr Fahrrad am Bahnhof parken oder reparieren lassen können.

Tickets
In der neuen Version der App DB Navigator sind Radkarten buchbar. Reisende, die schon ein Ticket für sich haben, können auf Bahn.de auch noch später eine Fahrradkarte mit Stellplatz hinzubuchen. Dazu muss als Reisender das Fahrrad ausgewählt werden. Ob noch Stellplätze verfügbar sind, ist am grünen Fahrradsymbol erkennbar. Auf internationalen Strecken sind Radplätze online nur eingeschränkt buchbar.