Die Menschen lassen sich die Lust am Reisen nicht verderben. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Die Reisemesse CMT in Stuttgart hat ihre Tore geöffnet. Die Lust auf die schönsten Wochen des Jahres ist trotz Terror und politischer Unruhen ungebrochen, kommentiert Redakteurin Gabriele Kiunke.

Stuttgart - Ein Besuch der Reisemesse CMT, die von Samstag an wieder neun Tage lang in den Messehallen am Stuttgarter Flughafen lockt, lässt für ein paar Stunden unbeschwerte Glücksgefühle aufkommen. Rund 2000 Aussteller aus knapp 100 Nationen präsentieren eine Welt blütenweißer Strände, türkisblauen Wassers, fröhlicher Menschen und unberührter Natur. Ach, schönes, heiles Urlaubsparadies.

Wie viele Risse diese Bilderbuch-Idylle bekommen hat, zeigte besonders das vergangene Jahr. Kaum war die Terrorserie von Paris verkraftet, erschütterten Anschläge Brüssel, immer wieder Istanbul und zuletzt Berlin. Darüber könnte den Deutschen die Reiselust vergangen sein. Doch die Bilanz von 2016 beweist das Gegenteil: weder Terrorgefahr noch politische Unruhen dämpften die Reisetätigkeit. Die Deutschen unternahmen genauso viel Reisen wie im Vorjahr, weltweit ist die Zahl der Auslandsreisen sogar leicht gewachsen.

Reisen zu können ist ein wertvolles Gut

Das ist eine erfreuliche Nachricht, weil sie belegt, dass sich auch in diesem Bereich kaum jemand dem Terror beugen will. Wenigstens einmal im Jahr zu verreisen und sei es nur für einige Tage, empfinden viele als wertvolles, aber auch selbstverständliches Gut. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen, um sich dies leisten zu können, sind so gut wie schon lange nicht mehr. Die Beschäftigungsquote liegt auf dem höchsten Wert seit der Wiedervereinigung. Viele Menschen befinden sich in einer finanziell gesicherten Lage - warum also nicht Geld in die schönste Zeit des Jahres investieren, zumal sich Sparen bei gegen Null tendierenden Zinsen ohnehin nicht lohnt?

Auf Sicherheitsbedenken hinsichtlich einer Reisedestination haben die Veranstalter klug reagiert, in dem sie Umbuchungsoptionen eingeräumt haben. Wer wollte, konnte sich so sogar noch kurz vor Urlaubsbeginn für ein anderes Ziel entscheiden. Auch Krisenkommunikation spielt eine immer wichtigere Rolle. So hat der Deutsche Reiseverband, unter dessen Dach viele Reiseveranstalter organisiert sind, eine sinnvolle Initiative gestartet. Bei der Buchung im Reisebüro wird von jedem Kunden die Mobilfunknummer erfasst. So soll garantiert werden, dass bei einer Krise, egal ob Anschlag oder Naturkatastrophe, jeder Reisende blitzschnell erreicht wird.

Die Auswahl ist riesig

Dass auf der CMT knapp 100 Nationen vertreten sind - das entspricht gut der Hälfte aller Länder auf der Erde - zeigt aber auch: die Auswahl an Urlaubsdestinationen ist so riesig und vielfältig, dass sich immer eine Alternative findet. In Zeiten von Terror und besorgniserregenden politischen Entwicklungen versiegen die Reiseströme nicht, sondern verschieben sich einfach. Länder mit einem positiven Sicherheitsimage profitieren - die Urlaubsklassiker am Mittelmeer, Spanien, Italien, Portugal und Griechenland waren so gefragt wie nie und werden es wohl auch in diesem Jahr bleiben. Ebenso Deutschland. Andere wie die Türkei, Ägypten, Tunesien haben das Nachsehen.

Die Angst um die eigene Sicherheit ist offenbar aber nur ein Grund, warum diese Länder, allen voran die Türkei, verstärkt gemieden werden. Viele Reisende reagieren auch sensibel auf politische Veränderungen. Wenn die Pressefreiheit ausgehebelt, willkürlich Menschen eingesperrt und gegen Minderheiten gekämpft wird, soll eine solche Politik nicht noch mit Devisen unterstützt werden.

Tourismus sichert Arbeitsplätze

Fest steht: Touristen sind Konsumenten, deren Handeln ökologische, soziale und wirtschaftliche Folgen auslöst, positive wie negative. In schwachen Regionen kann Tourismus beispielsweise Arbeitsplätze sichern. Er kann aber auch eine gefährliche Belastung für Ökosysteme werden wie auf Mallorca, wo der Besucherrekord die Trinkwasserknappheit verstärkt. Wie ich reise – mit dem eigenen Auto oder dem Flieger; wohin – an die Ostsee oder nach Australien; mit wem – dem regionalen Veranstalter, einem Konzern oder auf eigene Faust und wo ich buche – beim örtlichen Reisebüro oder im Internet: Darauf seine Reisewünsche einmal abzuklopfen, ist sicher kein Fehler. Lassen Sie sich von der schönen, heilen Urlaubs-CMT-Welt inspirieren, aber nicht blenden.