Die Zuschüsse, die Stuttgart für den Straßenbau erhalte, würden in den nächsten sechs bis sieben Jahren aufgefressen durch den B-10-Rosensteintunnel in Bad Cannstatt, sagt OB Fritz Kuhn. Foto: dpa

Den Bau eines Nordostrings für Stuttgart zwischen Fellbach und Kornwestheim sowie eine Filderauffahrt zwischen dem Neckartal und der Autobahn 8 beim Flughafen kann man sich schon aus finanziellen Gründen abschminken.

Stuttgart - Den Bau eines Nordostrings für Stuttgart zwischen Fellbach und Kornwestheim sowie eine Filderauffahrt zwischen dem Neckartal und der Autobahn 8 beim Flughafen kann man sich schon aus finanziellen Gründen abschminken. Das hat Stuttgarts OB Fritz Kuhn (Grüne) den Befürwortern dieser Projekte vor Augen geführt. Einige davon saßen nämlich unter rund 150 Sitzungsteilnehmern im Rathaus. Dort bat die Stadtverwaltung die Stuttgarter Bezirksbeiräte um ihre Meinung zum Entwurf des Verkehrsentwicklungskonzepts (VEK) für die Landeshauptstadt. Das ist ein Papier, in dem der Handlungsrahmen für mögliche Verkehrsmaßnahmen und -projekte bis zum Jahr 2030 skizziert wird.

Beide Projekte, das im Nordosten und jenes im Osten von Stuttgart, fehlen im VEK, was Bezirksbeiratsmitglieder aus Zuffenhausen und Hedelfingen störte. Denn dadurch fließe unnötig viel Verkehr durch die Stadtteile. Das schaffe auch ein Feinstaubproblem, nur nicht im Stadtzentrum.

Er glaube nicht an den Nordostring, sagte Kuhn. Die Finanzierbarkeit sei „nicht in Sicht“. Das gelte auch für einen größeren Tunnel für die B 27, von dem man sich in Zuffenhausen Schutz der Umwelt erwartet. Kuhn: „Darüber zehn Jahre rumzuphilosophieren, ist sinnlos.“ Die Zuschüsse, die Stuttgart für den Straßenbau erhalte, würden in den nächsten sechs bis sieben Jahren aufgefressen durch den B-10-Rosensteintunnel in Bad Cannstatt. Den hält der OB für falsch, aber schon vor Kuhns Amtsantritt hatte eine Gemeinderatsmehrheit ihn beschlossen.

Wunsch nach Vorrang für Fußgänger und Radfahrer

Kuhn blockte auch die Forderung nach der Filderauffahrt und einer zweiten Röhre für den Heslacher Tunnel ab. Luftschlösser zu bauen, wenn keine Finanzierung in Sicht sei, mache er nicht mit, sagte Kuhn. Im Fall des Heslacher Tunnels warnte er auch vor den Folgen einer Erweiterung: „Glauben Sie nicht, es würde alles besser, wenn wir mit dreistelligen Millionenbeträgen Nadelöhre beseitigen würden.“ Mehr Verkehr und ein neues Nadelöhr könnten die Folgen sein. Die Hauptstätter Straße (B 14) in der Innenstadt, sekundierte der Städtebau- und Umweltbürgermeister Matthias Hahn (SPD), könnte mehr Verkehr auch nicht aufnehmen.

Manche Bezirksbeiratsmitglieder wünschten sich auch einen preisgünstigeren Nahverkehr, Vorrang für Fußgänger und Radfahrer sowie 50 Prozent mehr öffentlichen Nahverkehr. Denn dann erst könne man den Autoverkehr in der Innenstadt um 20 Prozent verringern, wie es Kuhn will. Andernfalls bleibe das VEK ein Papiertiger.

Kuhn entgegnete, für den Ausbau des Nahverkehrs müsse man in den nächsten zehn Jahren „dick investieren“. Preissenkungen seien nicht möglich. Er wolle mehr Radwege, aber nicht die Radler bevorzugen. Alle Verkehrsteilnehmer sollten gleichberechtigt sein.

Unterm Strich, bilanzierte Hahn, werde das VEK offenbar als sinnvoll beurteilt. Zwangsläufig müsse es sich um ein Konsenspapier handeln, da es im abgesteckten Zeitraum wechselnde Mehrheiten geben könne. Von dem Papier, so die Verwaltung, solle man sich auch nicht Vollständigkeit erwarten. Es gehe ums Generelle. Viele örtliche Fragen seien später gesondert zu klären. Noch vor Ostern soll der Gemeinderat jetzt erst einmal den Handlungsrahmen beschließen – und zuvor die Anregungen bedenken.