Portugals Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva. Foto: LUSA/dpa

Portugals Sozialisten verlangen, dass ihr Parteichef António Costa rasch zum neuen Ministerpräsidenten ernannt wird. Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva zögert jedoch. Er will sicherstellen, dass die Errungenschaften der Sparbemühungen nicht zunichte gemacht werden.

Lissabon - Wirklich anfreunden kann Portugals Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva sich nicht mit der Idee, eine Linksregierung an die Macht zu bringen. „O Professor“, wie der 76-jährige Ökonom genannt wird, lässt sich viel Zeit mit der Ernennung eines neuen Regierungschefs. Dabei hatte der sozialistische Parteichef António Costa schon vor Wochen reklamiert, mit den anderen Linksparteien ein Bündnis geschlossen und im Parlament eine ausreichende Mehrheit hinter sich gebracht zu haben.

Cavaco Silva hüllt sich jedoch in Schweigen. Der konservativ-liberale Staatschef lud zunächst einmal Unternehmer, Bankiers, Gewerkschafter, Wirtschaftsexperten und Parteichefs in den Präsidentenpalast. In den 31 Anhörungen wurden ihm Bedenken vorgetragen, dass eine von Costa geführte Linksregierung die Errungenschaften der Sparbemühungen in dem früheren Euro-Krisenland rasch zunichtemachen könnte.

„Im Regierungsprogramm der Sozialisten entdecke ich nur Maßnahmen, die die Ausgaben des Staates erhöhen und die Einnahmen verringern werden“, sagte der bisherige Ministerpräsident Pedro Passos Coelho. Er ist nur noch geschäftsführend im Amt, seit sein Mitte-Rechts-Bündnis bei der Wahl am 4. Oktober die absolute Mehrheit verfehlte und seine Regierung im Parlament mit den Stimmen der Linksparteien per Misstrauensvotum gestürzt wurde.

Liste von Bedingungen

Als Costa am Montag in den Präsidentenpalast zitiert wurde, glaubten die Portugiesen, dass der Parteichef der Sozialisten (PS) nun zum Regierungschef ernannt werden würde. Aber der frühere Bürgermeister von Lissabon verließ den Belém-Palast am Tejo-Ufer nicht mit einer Ernennungsurkunde in der Tasche, sondern mit einer Liste von Bedingungen, die er vor seiner Ernennung erfüllen muss. Cavaco Silva verlangte von ihm unter anderem Garantien, dass eine Linksregierung Portugals Verpflichtungen gegenüber den EU-Partnern zu einer Sanierung der Staatsfinanzen einhalten würde.

Ein Bündnis der Sozialisten mit dem marxistischen Linksblock (BE) und den Kommunisten (PCP) hatte es in Portugal bisher nie gegeben. Man hatte einen solchen Zusammenschluss bis vor kurzem auch für unmöglich gehalten, weil zwischen der proeuropäischen PS und den Euro- und Nato-Gegnern im BE und in der PCP Welten liegen.

Costa versicherte, eine von ihm geführte Regierung werde die Renten und die Löhne im öffentlichen Dienst anheben, zugleich aber die Neuverschuldung unter die zulässige Obergrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts drücken. Dieses Kunststück solle durch eine Steigerung der Einnahmen des Staates erreicht werden.

Wichtiger Trumpf

Der Staatspräsident kann bei der Ernennung eines Regierungschefs zwischen drei Optionen wählen. Er kann erstens seinen Parteifreund Passos Coelho geschäftsführend im Amt lassen. Aber dieser erklärte bereits, dass er kein Regierungschef sein möchte, der nicht regieren könne. Zweitens kann der Staatschef einen Politiker seiner Wahl zum Ministerpräsidenten ernennen, der dann aber wahrscheinlich wie Passos Coelho im Parlament durchfallen würde. Die dritte Option ist die Ernennung Costas.

Der Sozialistenchef hat einen wichtigen Trumpf in der Hand: Allein er kann erreichen, dass Portugal rasch sein Budget für 2016 verabschiedet. Die EU hat schon mehrmals beklagt, dass Lissabon die Haushaltspläne, die eigentlich am 15. Oktober fällig waren, noch immer nicht vorgelegt hat. Neuwahlen wären nach der Verfassung frühestens im Frühjahr 2016 möglich. Dann wird Cavaco Silva nicht mehr im Amt sein, denn am 24. Januar wird sein Nachfolger gewählt.