„Individualisiertes Lernen ist in Großklassen nicht möglich. 25 Kinder in einer Klasse sind genug“, sagt die Landeschefin der GEW, Doro Moritz. Foto: dpa

Versprechungen von Grün-Rot haben große Hoffnungen auf Reformen in den Schulen geweckt.

Stuttgart - Die grün-rote Landesregierung darf nach Ansicht der Lehrergewerkschaft GEW das Ziel kleinerer Klassen nicht aus den Augen verlieren. „Das Kultusministerium hat angedeutet, dass die Ankündigung der alten Landesregierung, den Klassenteiler auf 28 Schüler abzusenken, nicht eingehalten werden soll“, kritisierte die Landeschefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Doro Moritz. „Individualisiertes Lernen ist in Großklassen nicht möglich. 25 Kinder in einer Klasse sind genug“, sagte Moritz.

Berufliche Schulen sind das "Stiefkind"

Unterdessen meldete auch der Berufsschullehrerverband harte Kritik an der neuen Landesregierung an. Vor der Landtagswahl versprochene Verbesserungen im beruflichen Schulwesen seien nach dem Regierungswechsel nicht angegangen worden. „Abwarten, nicht Aufbruch, heißt jetzt die Devise von Grün-Rot“, monierte die Landeschefin des Verbandes, Margarete Schaefer, am Donnerstag. Der Abbau des Unterrichtsdefizits und der Überstundenbugwelle würden ebenso auf die lange Bank geschoben wie der Rechtsanspruch auf einen Platz am beruflichen Gymnasium. Die berufliche Bildung sei das „Stiefkind“ von Grün-Rot, die geplante Gemeinschaftsschule das „Lieblingskind“.

Darauf reagierte Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer (SPD) mit dem Hinweis, aus finanziellen Gründen sei es nicht möglich, die Versäumnisse der Vergangenheit so schnell aufzufangen, wie dies wünschenswert wäre. „Die Lehrer können sich darauf verlassen, dass die neue Landesregierung die beruflichen Schulen stärker unterstützen wird als das in der Vergangenheit der Fall war.“ Die SPD-Landtagsfraktion warb ebenfalls um Geduld. Ein erster Schritt seien 100 neue Berufsschulklassen und 139 neue Vollzeit-Stellen zum neuen Schuljahr, meinte der Abgeordnete Gerhard Kleinböck. Er und sein Grünen-Kollege Siegfried Lehmann warnten die Berufsschullehrer davor, die einzelnen Schularten gegeneinander auszuspielen.

FDP-Fraktionschef Hans-Jürgen Rülke zeigte sich wenig überrascht von der Kritik der Lehrer: „In der Regierungsverantwortung ist für Grün-Rot Schluss mit der bequemen Strategie des Wahlkampfs, millionenschwere Bildungsprogramme zu versprechen.“ Er sehe allerdings haushaltspolitische Spielräume für die Stärkung des beruflichen Schulwesens. FDP-Landeschefin Birgit Homburger pflichtete bei: „Es zeigt sich am beruflichen Schulwesen deutlich, dass die grün-rote Landesregierung Bildungspolitik nach Ideologie macht.“

Klassenteiler senken: Eltern pochen auf  Versprechungen

Moritz verwies auf Äußerungen Warminski-Leitheußers, wonach der Plan der schwarz-gelben Vorgängerregierung, den sogenannten Klassenteiler auf 28 Schüler zu reduzieren, nicht finanziert sei. Demnach würde ab dem Schuljahr 2013/14 eine Klasse geteilt, sobald sie mehr als 28 Schüler hat. Die grün-rote Koalition verzichte auf eine weitere Absenkung, weil sie die gewünschte Förderung eines jeden Schülers nicht voranbringe, berichtete Moritz. „Den Eltern ist das versprochen worden. Die interessiert nicht, wie das finanziert wird.“

Schließlich wolle Grün-Rot mehr Geld für Bildung ausgeben. Der Berufsschullehrerverband fordert insgesamt 1200 Vollzeitstellen in den nächsten drei Jahren; von diesen könnten 900 Stellen haushaltsneutral aus den allgemeinbildenden Schulen mit rückläufigen Schülerzahlen abgezogen werden. Damit könnten unter anderem das strukturelle Defizit von 4,4 Prozent, also eine bereits im Stundenplan vorgesehene Stundeneinsparung, sowie die Überstunden abgebaut werden. Im Südwesten unterrichten 20.000 Lehrer rund 370.000 junge Menschen an beruflichen Schulen.