Ein Mann wirft Post in einen Briefkasten Foto: dpa

In den Sommermonaten hat die Post sich viel Ärger eingehandelt. Jeder fünfte Brief kommt zu spät.

Stuttgart - In den Sommermonaten hat die Post ein Sparprogramm getestet. Das hat ihr viel Ärger über verspätet zugestellte Briefe eingebracht. Jetzt läuft es wieder normal beim gelben Riesen - doch wirklich schnell ist die Post immer noch nicht unterwegs, wie unsere Redaktion festgestellt hat.

Der Versuch der Post, in den Monaten Juli und August Personal beim Sortieren und Zustellen von Briefen einzusparen, ging in die Hose. Nicht nur weil Urlaubsgrüße lange auf sich warten ließen. Auch Unternehmen beschwerten sich zuhauf über verspätete Briefe. Von Schneckenpost und Bummelpost war daraufhin in den Schlagzeilen die Rede.

Seit Ende August hat die Post ihre Kapazitäten wieder hochgefahren. Anlass für unsere Redaktion, das erste September-Wochenende zu testen. 58 Kollegen haben Briefe und Karten in der Region und quer durch die Republik verschickt. 29 wurden am Freitag, 29 am Samstag eingeworfen.

Das Gute zuerst: Alle Briefe kamen spätestens am zweiten Werktag an. Keiner ging verloren - doch das sollte das Mindeste sein, was von einem Postdienstleister zu erwarten ist. Kurioses war auch darunter: Ein Kollege hat die kürzeste Strecke getestet - er hat an sich selbst geschrieben. Der Briefkasten, in den er seinen Brief am Freitag einwarf, steht zehn Meter von seinem Haus in Stuttgart entfernt. Erst am Montag war der Brief allerdings wieder zurück.

Doch es gibt auch Positives zu berichten. Ein Brief ging am Freitag von Stuttgart raus und sollte nach Schwäbisch Gmünd. Trotz falscher Postleitzahl traf er einen Tag später beim Empfänger ein.

Die Auswertung unseres - wenngleich nicht repräsentativen - Tests ergibt: 19 Prozent der Briefe kommen erst am zweiten Werktag an. Von den 29 am Freitag eingeworfenen Briefen brauchen sechs, also 20,7 Prozent, länger als einen Tag. Von den 29 am Samstag eingeworfenen Briefen sind fünf erst am Dienstag, also am zweiten Werktag, angekommen. Das sind 17,2 Prozent verspätete Briefe. Fazit: Die Post hält immer noch nicht, was sie verspricht: Danach sollen mehr als 95 Prozent aller Briefe innerhalb Deutschlands ihren Empfänger am folgenden Werktag erreichen. Am Samstag immerhin erfüllt die Post zumindest die Vorgaben der Bundesregierung. Diese schreibt vor, dass 80 Prozent der Briefe am ersten Werktag, 95 Prozent am zweiten Werktag zugestellt sein sollen.

Derzeit wertet die Post ihren zweimonatigen Sparversuch aus, danach wird entschieden, ob das Experiment zur Regel wird. Das beobachtet vor allem der Deutsche Verband für Post, Informationstechnologie und Telekommunikation (DVPT) mit Argusaugen. 160 der rund 1000 gewerblichen Mitglieder haben sich im Juli und August über verspätete Briefe beklagt, besonders groß war der Unmut im Süden und im Westen der Republik. Weil vor allem montags kaum, dafür aber dienstags umso mehr Post kam, "mussten größere Firmen ihre Personalplanung umstellen", kritisiert Elmar Müller, Vorstand des DVPT. Wie die Post arbeitet auch der Verband derzeit an einer Auswertung - über das Ausmaß der Verspätungen.

Müller fürchtet hinter dem Test einen versteckten Einstieg in die Fünf-Tage-Woche - diese sei laut einer europäischen Richtlinie auch in Deutschland theoretisch erlaubt. Der Verband hingegen setzt sich für eine zeitnahe, flächendeckende Versorgung mit Informationen ein. Letztere wird durch die Sparbemühungen des gelben Riesen zunehmend erschwert: Seit Juli transportiert die Post innerdeutsche Briefe nur noch per Lkw statt im Flieger. Und die Austräger klagen jedes Jahr lauter über den Leistungsdruck.