Die Warnstreiks von Verdi waren erfolgreich. Foto: IMAGO

Kommunen im Altkreis Leonberg befürworten die Tariferhöhung im öffentlichen Dienst. Doch stellt diese für viele eine große Herausforderung dar.

Lohnzuwächse von im Schnitt mehr als elf Prozent ab dem Jahr 2024. Hinzu kommt eine einmalige Inflationsprämie in Höhe von 3000 Euro. Wie reagieren die Kommunen im Altkreis Leonberg nach dem Tarifabschluss für insgesamt 2,5 Millionen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes?

Leonberg Grundsätzlich sei der Abschluss zu begrüßen, „weil die Mitarbeiter der Stadt Leonberg hervorragende Arbeit leisten“, sagt Oberbürgermeister Martin Georg Cohn (SPD). Allerdings federe die Erhöhung in erster Linie die Inflationsentwicklung ab und der öffentliche Dienst bleibe im Vergleich zu anderen Arbeitsmarktbereichen wettbewerbsfähig. „Die sinnstiftende Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger bleibt das wichtigste Arbeitgebermerkmal der Stadtverwaltung Leonberg. Deshalb ist sie unabhängig vom Lohnniveau ein attraktiver regionaler und sozial verantwortlicher Arbeitgeber“, sagt Cohn.

Für das Jahr 2023 seien in Leonberg die Mehrkosten bereits einkalkuliert, da „Tariferhöhungen allein aufgrund der gestiegenen Inflation absehbar gewesen sind.“ Ob und inwieweit jetzt Projekte gefährdet sind, will der OB zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilen.

Rutesheim Die Rutesheimer Bürgermeisterin Susanne Widmaier ist der Überzeugung, dass „den zuverlässig und engagiert arbeitenden Mitarbeitern der Stadt der volle Inflationsausgleich und die steuer- und sozialversicherungsfreie Ausgleichszahlung zustehen.“ Das Problem des Personal- und Fachkräftemangels sei in allen Bereichen immens, auch im öffentlichen Dienst. „Wir tun sehr viel dafür, gute Mitarbeiter auszubilden und zu gewinnen. Dazu gehört auch dieser Tarifabschluss.“ Die Kosten, vor allem ab dem Jahr 2024, seien beträchtlich, aber notwendig und begründet. „Die Stadt Rutesheim hat gesunde Strukturen und tut viel dafür, diese auch zu bewahren.“ Deshalb könne sie die Mehrkosten solide finanzieren. Unabhängig von Tarifsteigerungen müssten alle Gebühren regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.

Ditzingen „Das ist schon ein kräftiger Schluck aus der Pulle“, kommentiert der gerade wiedergewählte Oberbürgermeister Michael Makurath (parteilos) die Tariferhöhung. Dass die Beschäftigten eine Anpassung benötigen, ist für den erfahrenen Rathauschef „unstrittig“. Gleichwohl sei die Tariferhöhung „ein harter Griff in die Kassen der Kommunen“. Das vergleichsweise finanzstarke Ditzingen könne die Mehrkosten im Moment „noch verkraften“. Aber: „Wir sind da nicht repräsentativ.“

Renningen Die Stadt Renningen hat in ihrem Haushalt für das Jahr 2023 eine Tarifsteigerung von 4,5 Prozent einkalkuliert. Das reicht nach dem neuen Abschluss nun bei weitem nicht aus. „Für die Angestellten, vor allem in den unteren Einkommensklassen, ist das ein guter Abschluss, für die Kommunen allerdings schwierig“, sagt Peter Müller, der Erste Beigeordnete der Stadt.

Einen kleinen finanziellen Puffer habe Renningen bei den Personalkosten, weil nicht alle Stellen besetzt seien. Allerdings müsse noch beraten werden, aus welchen Töpfen das Geld für die Einmalzahlungen als steuerfreie Inflationsprämie in Höhe von 3000 Euro entnommen werden solle. „Die Tarifsteigerung wird eine Herausforderung, aber wir werden jetzt nicht die Gebühren erhöhen“, sagt Müller.

Gerlingen Die Stadt Gerlingen begrüßt grundsätzlich die Einigung der Tarifparteien. „Dass hierdurch zu erwarten ist, dass der öffentliche Dienst attraktiver wird, ist ebenfalls positiv. Derzeit sind wir dabei, den finanziellen Mehraufwand zu erheben“, sagt Gerlingens Pressesprecherin Sophie Neumann und beruhigt gleichzeitig: „Wir rechnen im laufenden Jahr mit keinen Steuer- oder Gebührenanpassungen aufgrund des Tarifabschlusses. Inwiefern die höheren Personalkosten ab dem Jahr 2024 zu Gebührenerhöhungen führen, kann noch nicht abgeschätzt werden. Eine zusätzliche Belastung macht die finanzielle Situation unserer Stadt jedoch nicht einfacher“, erklärt Sophie Neumann. Glücklicherweise könne Gerlingen noch auf Rücklagen aus den vergangenen Jahren zurückgreifen. Das Finanzpolster schmelze jedoch rasant.

Weil der Stadt

Der Tarifabschluss stellt Weil der Stadt aufgrund der ohnehin schwierigen Haushaltslage vor große Herausforderungen. „Die Personalaufwendungen stellen schon bisher den größten Einzelposten dar, der nun noch einmal massiv ansteigt. Die stetig steigende Aufgabenlast der Kommunen lässt jedoch keine Stelleneinsparungen zu“, sagt Bürgermeister Christian Walter (parteilos).

Bei den nächsten Haushaltsberatungen soll geklärt werden, wie die Ausgabensteigerung finanziert werden soll. „Für unsere Beschäftigten und unsere Arbeitgeberattraktivität ist das Ergebnis angesichts der Inflation und den hohen Energiepreisen ein tolles Zeichen“, so Walter. Zur Behebung des Fachkräftemangels sei der Tarifabschluss allerdings nur ein kleines Puzzleteil.