Die Täter entkamen mit einer Hanfpflanze in einem Topf. Foto: lin

Das Landgericht verhandelt die Schnapsidee eines Raubs. Die Polizei ermittelte denkbar kurz. Die Opfer und die Täter kannten sich.

Sindelfingen - Die kriminelle Energie war wohl aus Wodka erzeugt. Einen halben Liter davon hatten die drei Jungs auf der Anklagebank gemeinsam getrunken, gemischt mit Cola, bevor sie in einer Wohnung eine Handvoll noch jüngerer Männer erpressten und beraubten, jedenfalls nach dem strengen Buchstaben des Gesetzes. Dafür sitzen sie jetzt im Saal 240 des Landgerichts Stuttgart, ihre Eltern im Rücken, und die Richterin Cornelie Eßlinger-Graf sagt: „Ich möchte das nur verstehen.“

In der Tat dürfte das Geschehen in jener kalten Februarnacht in Sindelfingen nur unter der Annahme verständlich werden, dass der Alkohol die Sinne der jugendlichen Angeklagten getrübt hat. Zwei von ihnen sind 17, einer ist 18 Jahre alt. Die Ermittlungen der Polizei waren denkbar kurz. Täter und Opfer kannten sich. Einer der Angeklagten hatte – schon in der Wohnung, aber noch vor dem Raub – mit einem der Überfallenen geplaudert. Die beiden waren sich auf Kinderfreizeiten begegnet, nicht als Gäste, als ehrenamtliche Betreuer. Sie sprachen über den Schäferhund-Rottweiler-Mischling, der mal wieder einen Moment der Unachtsamkeit genutzt hatte, um aus der Wohnung auszubüxen.

Vier Handys abgerechnet, war die Beute eine Topfpflanze

Im Vor-Handy-Zeitalter wäre dieser Überfall wohl nur auf dem Schulhof verhandelt worden, nicht vor Gericht. Vier Telefone abgerechnet, war die Beute eine Pflanze in einem Topf, den der Haupttäter sich unter den Arm klemmte, bevor er die Opfer mahnte, er wolle nachher nichts von der Polizei hören. Ob dieser Diebstahl je angezeigt worden wäre, ist wiederum fraglich. Der Bestohlene hätte sich selbst belastet. Die Pflanze hegte er, um aus ihren Blüten Marihuana zu trocknen. Der Hauptverdächtige gibt zu Protokoll, er habe etwa fünf Gramm Blüten gepflückt , nicht die beste Qualität. „Es tut mir nicht leid, dass Sie keinen optimalen Rauchgenuss hatten“, merkt Eßlinger-Graf an. Er rauchte die Beute mit einem Kumpel, einer derjenigen, denen die Drei den Überfall angekündigt hatten, und die sie allesamt mahnten, den Unfug zu vergessen.

Verletzt wurde niemand bei dem Überfall, auch nicht geschlagen, nicht einmal ernsthaft bedroht. Die Opfer waren in der Überzahl, die Angeklagten sind weder groß noch kräftig. Andere hätten ihr Ansinnen, ein paar Joints oder eigentlich egal was zu stehlen, mit Backpfeifen beantwortet und beendet. „Ich gehöre eigentlich schon immer zu den Schwächeren“, sagt einer der Angeklagten. An diesem Abend habe er sich wohl einmal stark fühlen wollen – gleichsam als gefährlicher Junge. Aus juristischer Sicht ist ihm dies gründlich gelungen, denn das Trio war bewaffnet – wiederum nach dem strengen Buchstaben des Gesetzes.

Die Tatwaffe stammte aus der Küchenschublade

Die Tatwaffe hatte einer der Drei aus der Küchenschublade der Wohnung geklaubt. Es war kein Messer, sondern ein stumpfer Schleifstab, an dem sich Messer wetzen lassen. Immerhin „hätte er mit ihm zuschlagen können“, erwägt die Richterin – hätte. Aber die Opfer gaben ihre Handys weitgehend widerstandslos her. Die Telefone machen den Wert der Beute aus, etwa 2500 Euro, waren aber nicht lange Beute. Bis auf eines, das billigste, zerstörten und entsorgten die Täter sie am nahen Waldrand. Dabei trieb sie die Sorge, dass sie geortet werden könnten. Dass die Opfer ihre Namen kannten, hatte sie nicht irritiert.

Die Angeklagten haben gestanden. Vor Gericht gilt es noch, die Schuld zu verteilen, an vier Verhandlungstagen – oder weniger. Das Urteil soll am 23. August fallen.