Auch in London sind viele Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die Prügelstrafe für den saudischen Blogger Raif Badawi zu demonstrieren. Foto: dpa

Die barbarische Strafe für einen saudischen Blogger entsetzt Menschenrechtler und Politiker. Am Freitag blieb Raif Badawi wohl noch einmal verschont, doch der internationale Protest reißt nicht ab.

London/Dschidda - Das Schicksal des zu 1000 Stockschlägen verurteilten Bloggers in Saudi-Arabien ist weiter ungewiss. „Soweit wir wissen, wurde die Prügelstrafe heute nicht vollzogen“, sagte die zuständige Sprecherin bei Amnesty International am Freitag in London. „Aber so lange das Urteil in Kraft ist, ist Raif Badawi in Gefahr.“ Ärzte hatten empfohlen, den Mann aus gesundheitlichen Gründen den zweiten Freitag in Folge zu verschonen. Das sei aber für die Behörden nicht bindend, betonte die Menschenrechtsexpertin.

Der saudischen Botschaft in Berlin zufolge ist es möglich, dass die grausame öffentliche Bestrafung sogar ganz eingestellt wird. „Die Bestrafung von Herrn Raif Badawi wurde, wie ich verstanden habe, gestoppt“, teilte Botschafter Ossama bin Abdul Majed Shobokshi am Donnerstag dem NDR-Magazin „Zapp“ mit. Amnesty International konnte dies nicht bestätigen und nannte die Aussagen „unklar“.

In Deutschland kritisierte Amnesty allgemeiner einen Negativ-Trend in Sachen Menschenrechte. „Die Meinungsfreiheit ist in Saudi-Arabien in letzter Zeit massiv eingeschränkt worden“, sagte die Expertin für Saudi-Arabien, Ruth Jüttner, der Deutschen Presse-Agentur.

Schulz nennt Strafe "Hinrichtung auf Raten"

Badawi war im Mai vergangenen Jahres zu zehn Jahren Haft, einer Geldstrafe und insgesamt 1000 Stockschlägen verurteilt worden, weil er im Internet den Islam beleidigt haben soll. Die ersten 50 Schläge hatte er vor zwei Wochen in Dschidda nach der Freitagspredigt in aller Öffentlichkeit bekommen. Der Fall löste weltweit Kritik aus.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz nannte die Strafe eine „Hinrichtung auf Raten“. Er könne keinen Unterschied erkennen zwischen einem Enthauptungsvideo der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in einem sozialen Netzwerk und einer staatlich betriebenen Prügelstrafe, Hinrichtung oder Enthauptung, die auf einem öffentlichen Platz gezeigt werde, sagte er im ZDF-„Morgenmagazin“.

„Wir brauchen einen öffentlichen Aufschrei aus der ersten Reihe der Politik, und zwar aus ganz Europa“, forderte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer (SPD). Jeder Politiker, der nach Saudi-Arabien reise, müsse das Urteil gegen Badawi ansprechen, sagte er der „Welt“. Das dürfte an die Adresse seiner Parteikollegen Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel gehen, die Reisen in die Region planen.