Fünfeinhalb Jahre nach dem Amoklauf wird weiter vor Gericht um Schadenersatz gestritten Foto: dpa

Die Stadt Winnenden und die Unfallkasse fordern Schadenersatz in Millionenhöhe von den Eltern des Amokläufers Tim K. Jetzt traf man sich vor Gericht.

Stuttgart - Nach dem verheerenden Amoklauf von Winnenden und Wendlingen, bei dem der 17-jährige Schüler Tim K. im März 2009 erst 15 Menschen und dann sich selbst erschossen hatte, baute die Stadt Winnenden die Albertville-Realschule um. Man könne den traumatisierten Schülern nicht zumuten, in den alten Gebäuden weiter unterrichtet zu werden, so hieß es. Schließlich hatte Tim K. dort Schülerinnen, Schüler und Lehrer ermordet. Die Stadt fordert von den Eltern Jörg und Ute K. 5,3 Millionen Euro Schadenersatz. Die Unfallkasse Baden-Württemberg will für die Heilbehandlung betroffener Opfer eine weitere Million.

Der Streit hätte bereits vor einem Jahr beigelegt werden können. Stadt und Unfallkasse waren den Eltern des Amokläufers entgegengekommen. Das Angebot: Die Stadt gibt sich mit einer halben Million zufrieden, die Kasse mit 200 000 Euro. Die Haftpflichtversicherung der Familie K. wollte 200 000 Euro zuschießen. Dann wären für die Eltern von Tim K. 500 000 Euro zu zahlen gewesen. Das wurde abgelehnt. Deshalb traf man sich am Freitag vor Gericht.

„Fünfeinhalb Jahre nach dem schrecklichen Ereignis wäre es sehr wünschenswert, eine Lösung zu finden“, so der Vorsitzende Richter. Zuvor jedoch waren die Beteiligten tief ins Zivilrecht eingetaucht. Es ging um Eigentums- und Aufsichtspflichtverletzung, Verjährungsfristen, um Haftungshöhe und die Frage, ob die Mutter Ute K. regresspflichtig sei. „Das ist sehr unsicheres Terrain“, so der Vorsitzende Richter in Abwesenheit der Eltern K. Der Vater Jörg K. war vom Landgericht zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden, weil er, der die Tatwaffe unverschlossen im Schlafzimmerschrank verwahrt hatte.

Einigermaßen unklar sind die Finanzen der Familie K. Jörg K., der eine Firma für industrielle Verpackungen besaß, soll pleite sein. Es heißt, er habe die Firma seinem Vater übertragen, Ute K. sei Geschäftsführerin. Die Firmengrundstücke seien auf Ute K. übertragen worden. Das gemeinsame Haus war nach dem Amoklauf verkauft worden.

Die 15. Zivilkammer hat einen Vergleichsvorschlag gemacht. Danach zahlt die Versicherung 400 000 Euro an die Stadt Winnenden, Familie K. zahlt 50 000 Euro in Raten an die Unfallkasse. „Ein gangbarer Weg“, so Winnendens Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth. Sollte der Vergleich nicht zustande kommen, wird ab 16. Januar 2015 weiter vor Gericht gestritten.