Ein 40-Jähriger soll zwei Pfleger in einer Psychiatrie mit einem Fleischermesser bedroht und sie gefesselt haben. Der Mann steht nun vor Gericht. Foto: dpa

Immer wieder sind Straftäter aus der Psychiatrie in Zwiefalten geflohen. Vor dem Tübinger Landgericht hat ein Suchtkranker einen besonders drastischen Ausbruch gestanden. Zugleich erhebt er schwere Vorwürfe gegen die Heilanstalt.

Tübingen - Weil sich ein Drogensüchtiger in der Psychiatrie in Zwiefalten (Kreis Reutlingen) nicht richtig behandelt fühlte, floh er gewaltsam: Zum Prozessauftakt vor dem Landgericht Tübingen hat der 40-Jährige am Montag die Tat gestanden. Der Mann soll zwei Pfleger mit einem Fleischermesser bedroht und sie gefesselt haben - die Staatsanwaltschaft wirft ihm Geiselnahme und besonders schwere räuberische Erpressung vor. „Es stimmt alles, was die Anklage mir zur Last legt“, ließ der Mann von seinem Verteidiger eine Erklärung verlesen.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, im April 2013 aus dem Maßregelvollzug der Psychiatrie geflohen zu sein. Dabei soll er unter Todesdrohungen Bargeld, Fahrzeugschlüssel zum Auto eines Betreuers sowie einen Schlüsselbund mit Magnetchip für die Türen der Heilanstalt erpresst haben. „Ich bringe Euch um, wenn Ihr nicht tut, was ich sage“, habe er die Betreuer wissen lassen. Dann habe er sie gezwungen, ihm den Öffnungsmechanismus der Türen und den Standort des Autos zu verraten. Etwa einen Monat nach seiner Flucht wurde der Mann festgenommen.

„Ich möchte mich entschuldigen, dass ich den Menschen Schrecken, Leid und Ängste beschert habe“, ließ der Angeklagte durch seinen Verteidiger wissen. „Ich hatte nicht vor, Gewalt anzuwenden. Es war meine feste Absicht, niemanden zu verletzen“, sagte er. Er sei aus Verzweiflung geflüchtet und habe seine Taten nicht geplant. Der Grund: Trotz Entzugserscheinungen wegen seiner Drogensucht habe er von der Heilanstalt keine Therapie und Mittel bekommen. Insgesamt wurden vier weitere Prozesstage angesetzt.

In der Vergangenheit waren immer wieder Straftäter geflohen, die in der Psychiatrie Zwiefalten wegen ihrer Suchtprobleme behandelt wurden. Als Reaktion auf die Ausbruchsserie wurden die Patienten nachts in ihren Zimmern eingeschlossen. Im Rahmen einer 600 000 Euro teuren Maßnahme wurde zudem die Videoüberwachung ausgebaut, Wände verstärkt und Schleusen mit elektronischer Schließung errichtet.