Die Aussagen eines Zeugen vor Gericht sind alles andere als klar. Foto: Pascal Thiel

Die Anklage gegen zwei Männer vor dem Waiblinger Amtsgericht bricht in sich zusammen. Der Hauptzeuge stammelt Widersprüchliches oder will sich nicht erinnern. Die Richterin spricht beide Angeklagte frei.

Waiblingen - Zwei Männer sollen vor fünf Jahren in mindestens 15 Fällen Tüv-Plaketten und Berichte gefälscht haben. Wegen gewerblicher Urkundenfälschung haben sie sich deshalb vor dem Waiblinger Amtsgericht verantworten müssen. Doch die Amtsrichterin Christel Dotzauer war von der Schuld der beiden Angeklagten nicht überzeugt, im Gegenteil. Schon bald wurde in der Verhandlung klar, dass in den Ermittlungsakten einiges gar nicht klar ist oder Fakten sogar im Widerspruch zueinander stehen.

Mehr Gefühl als Tatsachen

„Nach Halli-hallo sieht Ihr Bericht auch aus“, sagte sie zu dem ermittelnden Polizeibeamten, der sie locker-flockig begrüßt hatte. Noch vernichtender fiel ihr Resümee in der Urteilsbegründung aus: „Der Ermittlungsbericht stützt sich mehr auf Gefühl als auf Tatsachen. Die Staatsanwaltschaft hat ihn abgeschrieben, und wir stehen jetzt hier“, sagte die Richterin sichtlich genervt.

Die Anklage beruhte vor allem auf den Aussagen eines Zeugen, der bereits wegen fünf solcher Tüv-Schwindeleien vom Amtsgericht Bad Cannstatt verurteilt worden ist. „Als Angeklagter durften Sie Geschichten erzählen, jetzt müssen Sie bei der Wahrheit bleiben“, belehrte ihn die Richterin eindringlich. Doch der Mann murmelte hauptsächlich, er könne sich nicht erinnern, alles sei so lange her oder er verwickelte sich in Widersprüche. „Für wie dumm halten Sie uns eigentlich?“, fragte ihn die Richterin schließlich erbost.

Einen der beiden Angeklagten erkannte der Zeuge gar nicht mehr. Wie sich herausstellte, hatte er diesen lediglich zwei Mal auf dem Betriebsgelände von dessen Bruder in Leonberg gesehen. Der aus dem Libanon stammende 42-jährige Autohändler hat zudem einen Namen, der im arabischen Raum so häufig ist wie Müller oder Maier in Deutschland. Und sein Vorname ist ebenfalls nicht selten – weshalb eine Verwechslung nahe lag. Der andere Angeklagte, ein 39-jähriger Automechaniker aus Kernen, hatte ebenfalls den selben Nachnamen. „Nein, wir sind nicht verwandt. Er stammt aus dem Irak, ich aus dem Libanon“, antwortete der Ältere.

Ob er die beiden verwechselt hatte oder mit Absicht falsche Angaben zu seinem Hintermännern abgab, blieb im Ungewissen. Die Vernehmung des Hauptbelastungszeugen zog sich jedenfalls zäh dahin. An Bedrohungen, die gegen ihn ausgesprochen worden sein sollen, wollte er sich nicht mehr erinnern können. „So etwas vergisst man doch nicht“, insistierte die Staatsanwältin, deren beharrliches Nachfragen aber auch nicht weiterführte.

Milde Strafe wegen Aufklärungshilfe

Als dem Bad Cannstatter Urteil gegen den Zeugen zu entnehmen war, dass seine milde Strafe unter anderem zustande kam, weil er „Aufklärungshilfe“ geleistet hatte, platzte einem der Verteidiger der Kragen. „Das stinkt zum Himmel“, entrüstete er sich in seinem Plädoyer, wahrscheinlich habe der Mann andere angeschwärzt, um einen Bonus zu bekommen. Er forderte für seinen Mandanten einen Freispruch. Die Staatsanwältin hatte eine Bewährungsstrafe für den Mechaniker beantragt, da sie zumindest für zwei Vorwürfe Beweise aus der Zeugenaussage herauslas. Für den anderen hatte sie Freispruch beantragt.

Die Amtsrichterin erließ schließlich zwei Freisprüche aus Mangel an Beweisen. „Mit solch einem Ermittlungsergebnis kann man niemanden verurteilen.“