Der Angeklagte saß bereits in Italien und Frankreich im Gefängnis. Foto: //Tobias Steinmaurer

Das Landgericht Stuttgart verurteilt einen 42-jährigen Taschendieb zu dreieinhalb Jahren Gefängnis wegen deutschlandweiter Taten – unter anderem in Weissach.

Ein 42-jähriger Mann muss für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis, weil er zusammen mit einer Komplizin älteren Frauen und Männern mit Trickdiebstählen Geldbeutel entwendet und einen Gesamtschaden von gut 11 800 Euro verursacht hat. Mit dem Urteil blieb die 8. Große Strafkammer des Landgerichts Stuttgart nur knapp unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die vier Jahre Haft gefordert hatte. Die Verteidigung hatte eine Haftstrafe von maximal zweieinhalb Jahren für ausreichend erachtet.

 

Auch aufgrund des Geständnisses des Angeklagten sah es das Gericht als erwiesen an, dass der Mann und seine Komplizin zwischen 2021 und Sommer vergangenen Jahres in Weissach, im Kreis Gießen, im Kreis Arnsberg im Sauerland und im Kreis Darmstadt Handtaschen und Geldbeutel von überwiegend älteren Personen gestohlen hatten. Das Duo hatte dabei gehofft, in den Geldbörsen EC-Karten nebst PIN zu finden. Wenn dies der Fall war, hoben sie damit an Bankautomaten Geld ab und bezahlten Einkäufe.

Diebstähle in Weissach, dem Kreis Gießen und dem Kreis Darmstadt

Nach den Erkenntnissen des Gerichts beläuft sich der Schaden in den insgesamt 20 Fällen auf gut 11 800 Euro. Im November 2022 stahl der 42-Jährige in Weissach in einem Supermarkt die Geldbörse mit 150 Euro Bargeld und EC-Karte nebst PIN von einer älteren Frau. Eine Stunde später hob er bei einer Bank in Magstadt 1000 Euro ab, kurze Zeit darauf in einem Discounter in Weil der Stadt 900 Euro und in einem anderen Geschäft in der Keplerstadt 450 Euro. Ein vierter Versuch bei einer Bank in Pforzheim scheiterte, da die Karte zu diesem Zeitpunkt bereits gesperrt war.

Nach dem gleichen Muster hat der Mann nach den Erkenntnissen des Gerichts im Kreis Gießen einen Schaden von rund 8500 Euro verursacht. Im Raum Arnsberg erbeutete er mit dieser Masche 2050 Euro, im Kreis Darmstadt noch einmal knapp 1000 Euro. Dort war es fast ausschließlich Bargeld aus Geldbörsen. Der Schuldspruch: Diebstahl in zehn Fällen, sechsfachen Computerbetrug und versuchten Computerbetrug. Fallengelassen wurde der Vorwurf des Bandendiebstahls, den die Staatsanwaltschaft ursprünglich erhoben hatte. Es ließ sich nicht nachweisen, dass der 42-Jährige Mitglied einer überregional agierenden Bande war, bei der jeweils zwei Täter die Diebstähle begehen und weitere im Hintergrund agieren.

Die Richter sahen das Motiv für die Taten in der prekären finanziellen Lage des Mannes. Er musste mit 550 Euro im Monat, die er in seinem Heimatland als Bauarbeiter und Arbeiter im Einzelhandel verdiente, seine Frau und vier Kinder ernähren. Daher reiste er immer wieder mit dem Bus oder dem eigenen Auto nach Deutschland, um die Straftaten zu begehen.

Der Angeklagte saß schon in anderen Ländern im Gefängnis

Der Angeklagte hatte erklärt, er sei erstmals nach Deutschland gekommen, weil ihm ein Landsmann einen Job hier versprochen hatte. Für diesen habe er einen Monat lang gearbeitet, Geld habe er dafür aber nie bekommen. „Und dann gab es dauernd Stress mit der Familie, die ständig angerufen und Geld von mir gefordert hat“, hatte der Angeklagte gleich zu Beginn des Prozesses erklärt. Es habe „eine große Last auf seinen Schultern gelegen“. 80 Prozent des erbeuteten Geldes seien an seine Familie gegangen, um Kleidung und Schulmaterial für die Kinder zu kaufen.

Aktenkundig ist der 42-Jährige im Übrigen nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Ländern: Auch in Italien und in Frankreich verbüßte er schon Gefängnisstrafen.