Am Donnerstagmorgen wurde das erste Todesurteil im Kontext der Proteste im Iran ausgeführt. Es besteht Sorge, dass weitere anstehen.
Am Donnerstagmorgen wurde der 23-jährige Mohsen Shekari nach Angaben der iranischen Nachrichtenagentur IRNA gehängt. Seine Hinrichtung ist die erste im Kontext der seit über zwei Monaten andauernden landesweiten systemkritischen Demonstrationen.
Mohsen Shekari wurde am 24. September verhaftet. Er habe eine Straße in Teheran blockiert und einen Basij (Paramilitärs) mit einem Messer verletzt, so die Anklage. Zum Tode verurteilt wurde er am 1. November wegen „Feindschaft gegen Gott“. Die Hinrichtung fand am 8. Dezember statt.
Sorge über weitere Hinrichtungen ist groß
Elf weitere Personen wurden im Zuge der Proteste zum Tode verurteilt, so die Menschenrechtsorganisation Iran Human Rights. Der oberste Richter der Islamischen Republik, Gholamhossein Mohseni Ejei, sprach sich laut Angaben der Nachrichtenagentur Mizan News Agency für eine zügige Vollstreckung der Urteile aus. Die Sorge ist unter Menschenrechtlern und Aktivistinnen daher groß, dass nun baldig weitere Hinrichtungen folgen. In sozialen Medien häufen sich nun die Meldungen über mögliche weitere Hinrichtungen.
Menschenrechtsorganisationen gehen davon aus, dass noch deutlich mehr Menschen ein Todesurteil bevorsteht, da sich viele weitere Angeklagte gegen den Vorwurf der „Feindschaft gegen Gott“ und „Verdorbenheit auf Erden“ verantworten müssen. Unter ihnen auch der Rapper Toomaj Salehi, welcher regimekritische Musik aufgenommen hatte.
In kaum einem anderen Land werden mehr Menschen hingerichtet als im Iran. 2021 führte das Regime mindestens 314 Hinrichtungen durch. Da nicht alle Hinrichtungen offiziell bestätigt werden, geht Amnesty International von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus. In der ersten Jahreshälfte von 2022 zählte die Menschenrechtsorganisation bereits 251 Hinrichtungen. Weltweit führt nur China mehr Hinrichtungen durch.
Schauprozesse und Geständnisse unter Folter
Die Urteile werden laut Amnesty International in Schauprozessen und mithilfe erzwungener Geständnissen unter schwerster Folter gefällt. So auch aktuell. Erst vor Kurzem veröffentlichte der Nachrichtensender CNN eine Recherche über den systematischen Einsatz von Vergewaltigungen und Folter in Gefängnissen.
Auslöser der landesweiten Proteste war der Tod der iranischen Kurdin Mahsa (Jina) Amini in Polizeigewahrsam Mitte September. Den seit dem andauernden Protesten treten die iranischen Sicherheitskräfte mit starker Brutalität entgegen. Iran Human Rights zählt mindestens 458 Tote, unter ihnen 63 Kinder. Besonders hoch sind die Todeszahlen in Sistan und Belutschistan, eine Region im Südosten des Landes. Dort wurden 128 Menschen durch Sicherheitskräfte ermordet. Der Großteil von ihnen am „Blutigen-Freitag“, dem 30. September, als Demonstrationen mit besonderer Härte niedergeschlagen wurden.