Die Demonstranten haben unterschiedliche Ziele – bei den Bauern steht die Bundesregierung in der Kritik. Foto: dpa/Philipp Schulze

Landwirte, Brummi-Fahrer, Lokomotivführer – wütende Interessengruppen wollen von Mitte Januar an den Verkehr in Deutschland blockieren. Ihre Aktionen könnten noch Zulauf erhalten, von Wirten etwa – auch von unerwünschter Seite?

Die Landwirte haben angekündigt, im Januar ihre Traktoren erneut rollen zu lassen, um der Ampelregierung ihren Unmut kundzutun. Auch Teile des Transportgewerbes wollen sich anschließen. Und dann sind ja noch die Streiks der Lokführergewerkschaft zu erwarten. Droht der Republik ein heißer Januar? Dazu ein Überblick.

 

Aktionswoche des Bauernverbandes Der Deutsche Bauernverband plant mit den Landesbauernverbänden eine Aktionswoche vom 8. Januar an. Anlass ist wieder die geplante Streichung des Agrardiesels und der Kfz-Steuerbefreiung durch die Ampelregierung. Die Steuererhöhungen sollen komplett zurückgenommen werden, wird verlangt. Die Landwirtschaft werde sonst mit einer Milliarde Euro pro Jahr zusätzlich belastet.

Mit „angemessenen Demonstrationen und Aktionen“ will man am 8. Januar loslegen. Am 15. Januar soll eine Großdemonstration in Berlin folgen. Laut Bauernpräsident Joachim Rukwied werde man überall präsent sein „in einer Art und Weise, wie es das Land noch nicht erlebt“ habe. Schon am 21. Dezember hatten Landwirte aus Baden-Württemberg auf rund 2000 Traktoren einen Verkehrsinfarkt in Stuttgart provoziert.

Transportgewerbe gegen neue CO2-Maut Auch Teile des Transportgewerbes wollen sich bemerkbar machen. Gemeinsam wolle man im Januar der Ampelregierung zeigen, was von ihrer wirtschaftsfeindlichen Politik zu halten sei, sagte der Vorstandssprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), Dirk Engelhardt. „Wir rufen zu Aktionen der Land- und Transportwirtschaft ab dem 8. Januar auf.“

Der Unmut richtet sich gegen die Kopplung der Lkw-Maut an die Höhe des CO2-Ausstoßes. Konkret wurde zum 1. Dezember eine neue Mautkomponente eingeführt – ein Aufschlag von 200 Euro pro Tonne CO2. Besonders betroffen seien kleine Transportunternehmen, die den Großteil der knapp 3,1 Milliarden Tonnen Transportmenge deutscher Lkw übernähmen, so Engelhardt. Sie würden in der Folge teils vom Markt verschwinden, weil sie die Kostensteigerungen nicht ohne Weiteres weitergeben könnten.

Der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) wiederum vertritt eher die Interessen von 3000 führenden Speditionen und Logistikdienstleistern. In seinen Gremien wurde bisher keine Beteiligung verabredet, zumal offenbar weder die inhaltlichen Schnittmengen noch die konkreten Zielsetzungen zwischen Bauern und Transportunternehmern abgestimmt worden seien, wie skeptisch ergänzt wird. Wegen der zusätzlich drohenden Bahnstreiks sei zudem zu befürchten, dass in der Bevölkerung am Ende nicht mehr zwischen „Aktionswoche“ und „Generalstreik“ unterschieden werde.

In der Sache übt DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster aber harte Kritik an der Bundesregierung, die sich „energie-, industrie- und verkehrspolitisch gründlich verhoben hat“. Die Ampelkoalition fordere, aber sie fördere nicht. „Anreize wie hohe CO2-Preise verfehlen ihre Wirkung völlig, weil es derzeit keine Alternativen gibt, in die der Logistiksektor ausweichen könnte.“ Die Wirtschaft sei „hochgradig verunsichert“.

Streiks der Lokführer für weniger Arbeit Auf mehrtägige Streiks müssen sich die Bahnkunden von Mitte Januar an einstellen, denn die Gewerkschaft deutscher Lokführer (GDL) sucht nach der Urabstimmung im Dezember mutmaßlich die Eskalation, sofern der Bahn-Vorstand kein neues Angebot vorlegt. Der Ausstand dürfte allerdings nicht vor dem 10. Januar beginnen, weil kurz zuvor noch der GDL-Dachverband, der deutsche Beamtenbund, in Köln tagt. Einen unbefristeten Streik will GDL-Chef Claus Weselsky wegen der Belastung der Kunden und der wirtschaftlichen Folgen ohnehin nicht anzetteln. „Wir werden Streiks von drei bis maximal fünf Tagen machen“, sagte er jüngst.

Zentrale Streitpunkte sind die geforderte Absenkung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden für Schichtarbeiter und eine Lohnerhöhung von 555 Euro pro Monat plus Inflationsausgleich von 3000 Euro. Der bisher längste GDL-Streik bei der Bahn fand mit 127 Stunden (fünf Tage plus sieben Stunden) im Personenverkehr und 138 Streikstunden (fünf Tage plus 18 Stunden) im Güterverkehr im Mai des Jahres 2015 statt. Auch 2021 blockierte die GDL für etwa fünf Tage die Bahn.

Kommen auch Wirte und Handwerker? „Wir nehmen den Kampf an, und ich bin mir sicher, andere Berufsgruppen werden sich uns anschließen“, sagt der Bauernpräsident Rukwied – auch mit Verweis auf die Gastronomie, die gegen die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent kämpft. Der Bundesverband Dehoga will dies zunächst nicht bestätigen; möglich ist es aber, weil dazu noch Gespräche stattfinden würden, wie es auf Anfrage heißt. Auch von Handwerkern als Protestteilnehmern ist die Rede – ohne Reaktion durch den Zentralverband ZDH.

Möglich ist es auch, dass sich Menschen mit rechtsextremer Gesinnung anschließen. Bei den Bauernprotesten in Stuttgart und Berlin waren entsprechende Symbole und Slogans zu sehen. Der Bauernverband distanziert sich auf X (vormals Twitter) „aufs Schärfste von Schwachköpfen mit Umsturzfantasien, Radikalen sowie anderen extremen Randgruppen und Spinnern, die unsere Aktionswoche kapern und unseren Protest für ihre Anliegen vereinnahmen wollen“.

Steht ein Generalstreik bevor?

Streikform
 An diversen Stellen im Internet taucht im Kontext mit den Protesten im Januar die Frage auf, ob ein Generalstreik bevorstehe. Gemeint ist eine besondere Form des Streiks, bei der Arbeitnehmer einer Region oder eines Landes unabhängig von der Art ihrer Tätigkeit über alle Wirtschaftszweige hinweg die Arbeit niederlegen.

Verbot
 Als flächendeckender Protest ist ein solcher Streik zur Durchsetzung politischer Ziele – gerade wenn er gegen gesetzgebende Körperschaften gerichtet ist – nach herrschender Meinung in Deutschland unzulässig. Streiks kommen nur auf arbeitsrechtlicher Ebene in Betracht und müssen auf tarifliche Regelungen ausgerichtet sein. Zudem müssen sie verhältnismäßig sein.