Unter anderem in Stuttgart fanden propalästinensische Demonstrationen statt. Foto: Christoph Schmidt/dpa/Christoph Schmidt

Dass es nach dem Hamas-Angriff auf Israel auf deutschen Straßen zu antisemitischen Protesten kam, hat viele Menschen entsetzt. Was erlaubt ist – und was nicht. Ein Überblick.

Seitdem die Terrormiliz Hamas Israel angegriffen hat, finden in Deutschland propalästinensische Demonstrationen statt, auf denen es zu antisemitischen und gewaltverherrlichenden Ausschreitungen kommt – unter anderem in Berlin, München und Stuttgart. Wann darf die Polizei eine solche Demonstration verbieten? Und wie wirkt sich der Krieg sonst auf die Sicherheitslage in Deutschland aus? Ein Überblick.

Wovon hängt es ab, ob eine Demonstration stattfinden darf?

Grundsätzlich dürfen alle Demonstrationen stattfinden, solange die Teilnehmenden friedlich bleiben und keine Waffen dabeihaben. Das legt das Versammlungsrecht im Grundgesetz fest. Aber das Versammlungsgesetz sieht in den Ländern unterschiedlich aus. Einige, zum Beispiel Baden-Württemberg, richten sich nach dem Versammlungsgesetz des Bundes, andere, wie Bayern oder Sachsen, haben eigene erlassen.

Normalerweise muss der Veranstalter die Zusammenkunft mindestens 48 Stunden vor Bekanntgabe anmelden, meist bei der Polizei oder einer Versammlungsbehörde. Anders ist das bei Spontanversammlungen. Dazu zählten die Solidaritätskundgebungen für Israel und die propalästinensischen Demonstrationen am Samstag und Sonntag. Denn Anlass waren die Angriffe in Nahost, von denen niemand vorher wissen konnte.

Wann kann eine Demonstration trotzdem verboten werden?

Das Versammlungsgesetz des Bundes sieht vor, dass bestimmte Personengruppe nicht zusammenkommen dürfen – etwa verbotene Vereine oder verfassungswidrige Parteien.

Ansonsten können Behörden eine Versammlung verbieten, wenn sie „die öffentliche Sicherheit oder Ordnung unmittelbar gefährdet.“ Weil das Versammlungsrecht aber ein hohes demokratisches Gut ist, liegt die Hürde für ein Verbot hoch. In Berlin löste die Polizei eine Demonstration erst auf, nachdem Teilnehmende israelfeindliche Sprechchöre anstimmten.

Wie werden jüdische und israelische Einrichtungen jetzt in Deutschland geschützt?

Jüdische Einrichtungen sind in Deutschland gefährdet. Das zeigte etwa der Anschlag auf die Synagoge in Halle vor vier Jahren. Nach dem Attentat erhielt der Zentralrat der Juden in Deutschland 22 Millionen Euro, um Synagogen und andere jüdische Einrichtungen besser sichern zu können.

Durch den Hamas-Angriff auf Israel hat sich die Bedrohung verschärft. Bundesinnenministerin Nancy Faeser ordnete deshalb an, den Schutz jüdischer und israelischer Einrichtungen zu verstärken. Das teilte ihr Ministerium am Wochenende auf der Nachrichtenplattform X (ehemals Twitter) mit. Nun sind mehr Beamte vor den Einrichtungen und auf der Straße unterwegs.

Was fordern Politikerinnen und Politiker?

Dass der Angriff auf Israel auf deutschen Straßen gefeiert wurde, entsetzte viele Politikerinnen und Politiker. Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Konstantin Kuhle warnte davor, dass die Versammlungsfreiheit nicht für falsche Zwecken ausgenutzt werden dürfe. Kuhle sagte dieser Redaktion: „Niemand darf dieses Grundrecht missbrauchen, um Terror und Gewalt zu unterstützen, antisemitische Parolen zu verbreiten oder Straftaten zu begehen.“

Deswegen müssten die Behörden die Versammlungslage in den kommenden Wochen genau im Auge behalten, so Kuhle weiter. „Liegen entsprechende Erkenntnisse vor, müssen alle versammlungsrechtlichen Möglichkeiten bis hin zum Verbot einer Versammlung ausgenutzt werden.“ Er betonte: „Werden am Rande von Versammlungen Straftaten begangen, so müssen bei Menschen ohne deutschen Pass auch alle ausländerrechtlichen Maßnahmen ausgenutzt werden.“ CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann regte im Deutschlandfunk an, entsprechenden Straftätern, wenn sie zwei Staatsbürgerschaften hätten, die deutsche abzuerkennen. Die Grünen-Innenexpertin und Erste Parlamentarische Geschäftsführerin Irene Mihalic forderte laut der Deutschen Presse-Agentur, Vereinsverbote zu prüfen. Das könnte es erleichtern, die Demonstrationen zu untersagen.