Ulrike Stegmaier wirbt dafür, beim Wirtschaften nicht nur auf den materiellen Wachstum zu achten. Foto: privat

Die Gemeinwohl-Ökonomie stellt als Wirtschaftsmodell das Gemeinwohl in den Mittelpunkt. In Gerlingen gibt es dazu Veranstaltungen.

Ist es sinnvoll, nur von materiellem Wachstum auszugehen, um den Erfolg des Wirtschaftens angesichts sozialer Ungleichheit und klimatischer Veränderung zu messen? Die Gemeinwohl-Ökonomie macht einen Gegenvorschlag. Darum geht es in mehreren Veranstaltungen.

Frau Stegmaier, was ist ein Gemeinwohl-Produkt?

Wirtschaftlicher Erfolg wird heute ausschließlich am Bruttoinlandsprodukt gemessen, das nur monetäre Markttransaktionen abbildet und ein rein finanzieller Indikator ist.

Ein Gemeinwohl-Produkt misst auch das Wohlergehen der Menschen, von Gesundheit und Zufriedenheit über sozialen Zusammenhalt und Verteilungsgerechtigkeit bis hin zu politischer Mitbestimmung, ökologischer Stabilität und Bildungsqualität. Ein solches Gemeinwohl-Produkt gibt es heute noch nicht, die Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ)-Bewegung erarbeitet in einem partizipativen Prozess gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern mehrere Prototypen, die dann in einen Vorschlag an die Politik einfließen sollen.

Nach Tübingen findet in Gerlingen die landesweit erst zweite Veranstaltung dieser Art statt. Warum nimmt sich die Mitmachzentrale dieses Themas an?

Die Mitmachzentrale in Gerlingen versteht sich als Plattform für Bürgerprojekte, sie bietet Räume für Treffen im Hirsch an . . .

Einem ehemaligen Restaurant ...

Außerdem eine IT-Infrastruktur sowie die Software „Gerlingen Digital“ zur Organisation und Kommunikation. Bürgerinnen und Bürger können hier Platz finden für ehrenamtliches Engagement, das ökologischer Nachhaltigkeit und sozialer Fairness dient. Eine Projektgruppe ist die GWÖ-Regionalgruppe Gerlingen. Auch hat die Mitmachzentrale eine Gemeinwohl-Bilanz gemacht – da war die Entscheidung zur Ausrichtung des Projektcamps schnell getroffen!

Wirkung entfalten kann die Idee erst, wenn sie in der Kommunalpolitik verankert ist. Wie geht es nach dem Projektcamp weiter?

Die Idee der GWÖ-Bewegung ist, zu weiteren Projektcamps einzuladen, um in diesem partizipativen Bottom-up-Prozess die Ideen und Vorschläge immer weiter zu entwickeln und daraus einen Vorschlag für die Politik zu erarbeiten. Die Wirtschaft macht Nachhaltigkeitsberichte, doch wie kann die Politik ein Bild von den Realitäten der Gesellschaft bekommen?

Übrigens, für Kommunen gibt es die Möglichkeit, einen Gemeinwohl-Bericht zu machen. Damit stellen Kommunen gelebte Werte und nachhaltige Leistungen in einer übersichtlichen Struktur dar und können sich als gesellschaftlich nutzbringende Organisation öffentlich zeigen. Damit legen sie einen Grundstein für Vertrauen und fördern die langfristige Zusammenarbeit mit wichtigen Berührungsgruppen.

Das Erarbeitete wird öffentlich diskutiert

Projektcamp
Von diesem Donnerstag bis 10. September findet das Projektcamp in Gerlingen statt. Bis Sonntag wird an einem Gemeinwohl-Produkt, als Pendant zum Bruttoinlandsprodukt, gearbeitet. Bhutan in Südasien misst etwa das Bruttosozialglück. Ulrike Stegmaier, Stadträtin, gehört dem Organisationsteam an.

Öffentliche Diskussion
Was unter dem Slogan #guteslebenfüralle vier Tage lang in der Mitmachzentrale in Gerlingen, Hauptstraße 58, erarbeitet wurde, wird abschließend öffentlich: Die Ergebnisse werden am Sonntag, 10. September, 14 Uhr, bei einer Podiumsveranstaltung in der Mitmachzentrale diskutiert.

Teilnehmer
Es diskutieren die Grünen-Landtagsabgeordneten Norbert Knopf und Markus Rösler, Stadträtin Judith Stürmer (Junge Gerlinger) und Ulrike Stegmaier (Grüne), die Gemeinwohl-Ökonomie-Unternehmerin (Polifant) Michaela Nowraty sowie Klaus Gourgé, Professor an der HfWU Nürtingen-Geislingen.