Der Shop für Start-ups an der Nadlerstraße beim Rathaus Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Seit knapp vier Monaten gibt es das Projekt Brycke in der Stuttgarter Innenstadt. Nun sind 17 neue Gründerinnen und Gründer eingezogen, die sich mit den verbleibenden elf Unternehmen die Ladenfläche teilen.

Genau 25 junge Geschäftsfrauen und -männer sind Mitte Dezember vergangenen Jahres in die Schmale Straße 9 bis 13 gezogen. Die Wirtschaftsförderung der Stadt Stuttgart hat ihnen die Möglichkeit gegeben, für einige Wochen und Monate Teil des Projekts Brycke (gesprochen „Brücke“) zu sein. Die Stadt hatte kurzfristig in diesem Gebäude etwa 500 Quadratmeter auf zwei Stockwerken zur Verfügung und wollte – zumindest vorübergehend – mit der Immobilie neue Wege beschreiten. „Wir möchten hier neue Geschäftsmodelle ausprobieren“, sagte der Wirtschaftsförderer Bernhard Grieb vor der offiziellen Eröffnung. Gründerinnen und Gründer von neuen Unternehmen, mit neuen Ideen sollten die Chance bekommen, ihre nachhaltigen und regionalen Produkte in der Stuttgarter Innenstadt an den Mann und die Frau bringen zu können, ohne sich langfristig an eine Ladenfläche und einen Vermieter binden zu müssen. Ein finanzieller Vorteil! Maximal zehn Quadratmeter können in der Brycke pro Start-up-Unternehmen von der Stadt angemietet werden – für 30 Euro pro Quadratmeter. „Da orientieren wir uns an den üblichen Mieten. Wir wollen auf gar keinen Fall eine Konkurrenz zu anderen Geschäften aufbauen“, betont Grieb.

Elf Gründerinnen und Gründer bleiben

Knapp vier Monate später zieht der Wirtschaftsförderer eine erste Bilanz: „Wir haben etwas gewagt. Die Situation für die Einzelhändler und Gründer nach Corona ist kein Selbstläufer. Aber ich kann sagen, dass es bisher super gelaufen ist. Wir haben die richtigen Leute gefunden.“ Er habe mit allen Gründerinnen und Gründern in der Brycke gesprochen. Die einhellige Meinung sei gewesen: Die Kundinnen und Kunden kommen und kaufen. Zudem sei das Konzept – sich gegenseitig zu unterstützen – sehr gut aufgegangen. „Niemand muss Montag bis Samstag von 10 bis 19 Uhr im Laden stehen. Man teilt sich die Präsenzzeiten auf“, sagt Grieb. Wer immer da ist, ist Robin Stelter. Sein Café ist der zentrale Ort und Frequenzbringer in der Brycke. Und das wird auch für die nächsten Monate so sein. Stelter ist einer von insgesamt elf Gründern, die ihr Engagement an der Schmalen Straße noch einmal bis Ende Juni verlängert haben. „Es soll keine Dauerveranstaltung bei uns sein“, erklärt Grieb. Eigentlich soll nach sechs Monaten definitiv Schluss sein. Aber da scheint der Wirtschaftsförderer flexibel bleiben zu wollen. „Wir wollen niemanden vergraulen und niemandem Angst machen, können aber auch niemandem etwas versprechen.“ Manch Gründerin und Gründer hätten in den vergangenen Wochen auch festgestellt, dass die Brycke nicht der optimale Ort ist. Aber auch diese Erkenntnis sei Teil des Konzepts.

17 neue Mitstreiterinnen und Mitstreiter kommen hinzu

Weiterhin vor Ort wird auf jeden Fall Iwona Wolf sein. Vor der Brycke hatte sie zwei Jahre lang in der Nürtinger Altstadt einen Laden betrieben. Sie kämpfte sich durch die Coronajahre, machte dann aber zu. Sie verkauft ihre Kosmetik unter dem Label „schöneschwester“. „Sie wird die Chance nutzen, um neue Produkte auszuprobieren – wie zum Beispiel Seife für Hunde“, sagt Grieb. Iwona Wolf und ihre zehn Mitgründerinnen und Mitgründer der ersten Stunde haben seit 1. April 17 neue Mitstreiter an ihrer Seite. Die insgesamt 28 Unternehmen und Start-ups zeigen ihre Produkte unter anderem aus den Bereichen Mode, Schmuck, Kosmetik und Heimtextilien. Zudem gibt es verschiedene Wein. Mouna Bouafina bietet mit „Gute Wolke“ Kreativworkshops an. Und Spielboxen für Babys sind genauso im Angebot wie Gesellschaftsspiele von der Schwäbischer Wortsalat GbR oder Spieluhren von Rock my Sleep. Neu ist auch der Artspace der Brycke, in dem Fotografinnen und Fotografen des Berufsverbandes Freie Fotografen und Filmgestalter (BFF) unter dem Titel „Small but pretty“ Photography to go anbieten. Von einer zehn Meter breiten Wand können die dort ausgestellten Bilder für jeweils 100 Euro gekauft werden. Des Weiteren werden auch ausgewählte Fotobücher von BFF-Mitgliedern präsentiert und verkauft.

Das alles findet im Ladenbereich des Erdgeschosses statt, im Untergeschoss ist eine sogenannte „Vision Hall“ zu finden. Also ein großer Raum für Vorträge, Workshops, Treffen und Veranstaltungen. „Hier besteht die Möglichkeit zum Netzwerken – bei regelmäßigen Formaten zu Zukunfts- und Gründungsthemen“, sagt Bernhard Grieb, der die Chance nutzt, um für die Brycke nach dem 30. Juni zu werben. „Start-ups und Unternehmen, die zukünftig ihre Produkte auf den Pop-up-Flächen präsentieren wollen, können sich bereits jetzt bewerben. Wir sind immer offen für neue Ideen.“