Unglaublich gelenkig: auch eine Kontorsionistin zeigt ihr Können. Foto: Gottfried Stoppel

Vieles findet wegen der Coronapandemie nicht statt. Der Waiblinger Weihnachtscircus aber gastiert nach der letztjährigen Zwangspause wieder – zur Freude der Familien. Dafür nehmen sie manches in Kauf.

Waiblingen - In den vergangenen Tagen hat Britta Sperlich bei ihrer Arbeit an der Kasse des Waiblinger Weihnachtscircus schon so manchen Jubelschrei gehört: Die Freude vieler Menschen, dass sie in diesem Jahr endlich mal wieder eine Zirkusvorstellung erleben dürfen, ist groß. „Manche flippen regelrecht aus“, sagt die Zirkusdirektorin und lacht. Alle Jahre wieder macht der Waiblinger Weihnachtscircus auf dem Festplatz bei der Rundsporthalle für mehrere Wochen Station. Für so manchen wird es erst dann Weihnachten, wenn er von der Bundesstraße aus die vielen Lichter des großen Zeltes erspäht und dort drinnen eine Vorstellung erlebt hat.

Und so stehen am Samstagnachmittag die Gäste am Einlass Schlange – viele, viele Kinder, die mit ihren Eltern, Oma oder Opa gekommen und ziemlich aufgeregt sind. Ein junger Mann in festlicher roter Livree ruft den Besuchern zu: „Bitte die Ausweise bereit halten.“ Vor dem Eingang kontrolliert eine Mitarbeiterin Ausweise und Impfzertifikate. Wer alle Dokumente vorlegen kann, bekommt einen „Okay“-Stempel auf den Handrücken gedrückt.

Ein Mini-Weihnachtsmarkt lockt im großen Zelt

Drinnen im großen Vorzelt stoßen die Besucher auf den zirkuseigenen Weihnachtsmarkt im Kleinformat. Weihnachtsmusik erklingt, unzählige Lichter leuchten und es duftet nach Popcorn und Zuckerwatte. Ein kleiner Trost für all jene, die in diesem Jahr den Weihnachtsmarktbesuch vermissen. An der Kasse sitzt Britta Sperlich, die in Waiblingen aufgewachsen ist und mit ihrem Mann Markus Sperlich seit Jahren immer in der Weihnachtszeit in die Heimatstadt zurückkehrt. Nur im vergangenen Jahr nicht, da musste das Zirkustreiben wegen der Coronapandemie komplett ausfallen.

„Das Jahr 2021 war bescheiden“, lautet Britta Sperlichs Bilanz. Die Zeit hätten sie und ihre Familie genutzt, einiges herzurichten auf dem Grundstück, das den Sperlichs im Neckar-Odenwald-Kreis als Standort dient: „Aber das Jahr war schon ein Kampf.“ Ob die 14. Auflage des Waiblinger Weihnachtscircus zum Jahreswechsel 2021/22 über die Bühne gehen kann, war ebenfalls lange Zeit unklar. „Wir haben alle gebangt, ob es wirklich klappt“, sagt Britta Sperlich. Das Zelt und alles, was die Zirkusmannschaft braucht, wurde bereits Ende November aufgestellt. „Die Artisten waren alle auf Abruf. Auch sie hatten Sorge, dass es nichts wird, weil sämtliche anderen Zirkusse in den vergangenen Wochen abgesagt haben.“

Die Artisten aus Afrika konnten nicht kommen

In diesem Jahr treten rund 20 Artistinnen und Artisten auf, der Waiblinger Weihnachtscircus verpflichtet für sein Gastspiel stets Freiberufler aus aller Welt. „Wir hatten sonst eine große Truppe mit zwölf Leuten aus Afrika dabei. Denen haben wir absagen müssen, mit einer Quarantäne wäre das nicht gegangen“, erzählt Britta Sperlich: „Wir sind lieber auf Nummer Sicher gegangen und mussten schnell Ersatz finden.“

Dem Programm hat das nicht geschadet. Zu sehen gibt es unter anderem waghalsige Seilakrobatik in zwölf Metern Höhe, eine Nummer mit Hula-Hoop-Reifen, ausgeführt auf einem bedenklich schwankenden, elf Meter hohen Mast aus Fiberglas, eine Kontorsionistin, die ihren Körper in Positionen biegt und verdreht, als habe sie keine Knochen im Leib, prächtig herausgeputzte Pferde, die auf Kommando in die Knie oder im Rückwärtsgang gehen und einen Clown, der auf zwei Trompeten gleichzeitig spielen kann. Für viele junge Zuschauer ist der Auftritt von Roy Sperlich, bekannt aus der „Ninja Warrior Germany“-Show, ein Höhepunkt.

Gerade Kinder brauchen eine Ablenkung

„Ich höre von vielen Erwachsenen, dass gerade die Kinder eine Ablenkung von Corona brauchen, sie sind froh, dass wir gastieren“, sagt Britta Sperlich. Mit der 2G-plus-Regel können die Zirkusleute recht gut leben – und die Mehrheit ihrer Zuschauerschaft offenbar auch. „Zunächst galt ja die 3G-Regel, als das geändert wurde, haben einige ihre Reservierungen storniert“, erzählt Sperlich. Insgesamt sei nun aber der Zuspruch sehr gut. „Die Leute sind mit der 2G-plus-Regel eigentlich entspannter und finden es gut, dass mehr Abstand ist. Dass der gewährleistet ist, darauf legen die meisten schon Wert.“

Für die Zirkuscrew ist die Auslastung von 50 Prozent besser als nichts: „Wir denken, dass wir zumindest mit den Unkosten rauskommen“, sagt Britta Sperlich. Eine Reservierung sei aber angesichts von nur 550 statt der sonst 1100 Plätze empfehlenswert. Die Premiere am Freitagabend war Ruckzuck ausverkauft. Für Britta Sperlich gab es aufgrund der verringerten Anzahl von verfügbaren Plätzen im Vorfeld einiges zu organisieren. Bereits vergebene Plätze, die plötzlich nicht mehr zur Verfügung standen, mussten auf andere Termine umgebucht werden. „Aber die Zuschauer haben dafür Verständnis – wir können ja auch nichts dafür.“

Der 14. Waiblinger Weihnachtscircus gastiert bis zum 9. Januar auf dem Festplatz bei der Rundsporthalle Waiblingen. Vorstellungen gibt es täglich um 15.30 und 19.30 Uhr, am 9. Januar nur um 11 und 15.30 Uhr. Am 24. Dezember und 1. Januar ist spielfrei. Karten kann man reservieren unter 01 60/507 54 72.