Helm auf, und dann ab ins Getümmel. Dass Football nichts für Zartbesaitete ist, weiß unser Mitarbeiter Patrick Steinle spätestens jetzt. Foto: Günter Bergmann

Am Sonntag ist es für das neue Footballteam der Harthausen Mustangs so weit – das erste Spiel der Vereinsgeschichte. Unser Mitarbeiter hat sich vorab als Trainingsgast versucht und festgestellt, dass es keine Sportart für Zartbesaitete ist.

Schnelle Sprints, blitzartige Richtungsänderungen – und viel Körperkontakt. Ein Training beim American Football ist vielseitig. Nach dem Anlegen des Helms, des Mundschutzes und der Schulterpads kommt schon das nötige Feeling auf. Bereit für den Touchdown?

Es ist Mittwochabend, und gemeinsam macht sich das Team der Harthausen Mustangs warm. „Mindestens 30 Spieler sind immer im Training“, berichtet der sportliche Leiter Axel Baum. Im Kader stehen insgesamt 69 Akteure. Das ist eine bemerkenswerte Zahl, gibt es die Sparte innerhalb des TSV Harthausen doch erst seit zwölf Monaten. Nun naht der erste große Auftritt. An diesem Sonntag, 15 Uhr, wird es so weit sein, auf dem heimischen Sportgelände im Brandfeld gegen die Riedlinger Störche – das überhaupt erste Footballspiel der eigenen Vereinsgeschichte.

Zwei-Zentner-Körper prallen aufeinander

Ob sich deshalb vorab alle besonders anstrengen? Zwei-Zentner-Körper prallen aufeinander. Die „dicken Jungs“ der Offensive gegen die Defensive Line. Auf dem Übungsprogramm steht das Beschützen des eigenen sowie das Angreifen des gegnerischen Quarterbacks. Schulter an Schulter positionieren sich die Akteure jeweils gegenüber. Nicht wenige bringen mehr als 100 Kilogramm auf die Waage. Der Autor dieser Zeilen kann als Trainingsgast auf keine Rücksichtnahme hoffen, wie er schnell erkennt. Beim sogenannten Tackle sollte man besser nicht zu den Zartbesaiteten gehören.

Leichtfüßiger sieht es bei den Wide Receivern aus. Sie arbeiten eng mit den Quarterbacks zusammen. Letztere, die Spielmacher, werfen den Ball, die Passempfänger laufen eine zuvor abgesprochene Route und versuchen, das braune Ei zu fangen. Klingt eigentlich einfach. Eines der Probleme dabei: der Helm verschlechtert die Sicht. Und ganz wichtig dabei: „Diamond!“ Die Coaches raten, mit beiden Händen eine Raute zu bilden. So lässt sich das Spielgerät besser festhalten.

Headcoach mit Bundesliga-Erfahrung

Insgesamt sind es acht Coaches bei den Harthausen Mustangs. Je Position gibt es einen spezifischen Trainer. So kommt es auch vor, dass mehrere Gruppen separat trainieren. Der Headcoach Michael Eichel war zuvor beim Bundesligisten Stuttgart Scorpions engagiert und betreute dort auch die Jugend. Etwa die Hälfte seiner neuen Schützlinge hat ebenfalls bereits Football-Erfahrung mitgebracht, ein paar davon wie Eichel aus der höchsten deutschen Spielklasse. Die anderen 50 Prozent? Sie spielten Fußball, Handball oder Eishockey. Es ist eine bunte Mischung, die Geschmack an der neuen Herausforderung gefunden hat.

Bei den Runningbacks erwartet die Akteure eine Trainerin. Die Aufgabe der Läufer im Spiel ist es, nach Ballerhalt so weit wie möglich zu rennen, ohne umgehauen zu werden. Aktuell lautet die Aufgabe: mit Tempo bis zum Hütchen, abstoppen, schnell die Richtung wechseln, dann das Ganze von vorn. Aus dem Hintergrund dröhnt Baums Stimme. „Hier wird immer gejoggt, das ist nicht wie beim Fußball!“ Einfach mal stehen bleiben und durchschnaufen liegt nicht drin.

Im Abschlussspiel erhält der Trainingsgast einmal den Ball. Ja, Ball – so heißt das Spielgerät offiziell. Doch die Freude ist nur kurz. Entgegengeschossen kommen einem mehrere Helme mit dahinter entschlossenen Gesichtern, und es gibt nur eines: die Flucht nach vorne. Zu einem Touchdown reicht es nicht. Doch etwa drei Yards Raumgewinn können sich sehen lassen. Dass man beim Tackle in die Luft geschleudert wird, um dann unsanft auf dem kalten Kunstrasen zu landen, muss man eben abkönnen.

Das Ziel: nicht Letzter werden

Das Ziel für die anstehende Kreisliga-Saison? „Ambitionen sind zweitrangig“, sagt Baum. Und der Trainer Eichel ergänzt: „Die sportliche Entwicklung ist wichtiger.“ Doch wolle man am Ende nicht als Tabellenletzter dastehen. Als die Mannschaft an diesem Abend zuletzt noch einmal im Kreis zusammenkommt, ruft der Headcoach den Seinen eines ins Gedächtnis: „Ihr schreibt am Sonntag ein kleines Stück Football-Geschichte.“ Die Vorfreude, so der allgemeine Tenor, ist riesig.

Gespannt ist auch der Trainingsgast – jener von jetzt an aber wieder in der bloßen Rolle des Zuschauers.