Monika Hirschle ist im neuen Stück des Theaters der Altstadt dabei. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Das Theater der Altstadt zeigt die absurde Komödie „Der Brandner Kaspar und das ewig’ Leben“. Herrlich, wie die Volksschauspielerin Monika Hirschle darin Gevatter Tod ein ganz neues Gesicht gibt – ein schwäbisches.

Stuttgart - Los geht es mit einer herzigen Gebirgs-Fototapete auf drei Wänden, die den Bühnenhintergrund bilden; davor rennen Jäger und Treiber herum. Alpenländisch-rustikal beginnt die Komödie „Der Brandner Kaspar und das ewig’ Leben“, die jetzt im Theater der Altstadt zu sehen ist.

Doch bald wird es ungemütlich. Dem 72-jährigen Jagdhelfer Kaspar Brandner läutet urplötzlich das Totenglöcklein, und herein tritt der Sensenmann, der in dem auf Schwäbisch dargebotenen Stück den gemütlichen Namen „Knochenkarle“ hat. „Heut ist dein Tag“, erklärt der Schnitter Tod knochentrocken. Monika Hirschle als Sensenfrau ist ganz in Schwarz gekleidet (Kostüme: Sibylle Schulze), totenbleich und trägt eine Vintage-Autofahrer-Lederkappe. Sie ist nicht Mann und nicht Frau, sondern ein Kobold mit bewunderungswürdiger Bühnenpräsenz, wie ein Wesen aus einer anderen Welt, und das ist ja der Tod immerhin. Kaspar Brandner rennt mit Macht gegen seine Todesstunde an, er sei doch gesund und er werde noch gebraucht. Schließlich füllt er den Tod mit Schnaps ab, betrügt ihn beim Kartenspiel und leiert damit achtzehn weitere Lebensjahre heraus. Franz Xaver Ott spielt den Kaspar überzeugend als knorrig-aufrichtige Type.

„Hier sinn älle gleich!“

In Wilderei und Liebeshändel sind die diversen dörflichen Figuren verstrickt. Da bietet Wilhelms Stück ein wenig Psychologie, dabei stets Ernst und Komik mischend. Viel interessanter aber sind die absurden Szenen, wenn die Handlung vom Diesseits in ein kitschig aufgemischtes Jenseits wechselt. Dort fuchtelt der Erzengel Michael mit einem Schwert herum, und Petrus (Dirk Emmert) in weißer Operettenuniform und einem scheußlichen goldenen Rock verkündet auf Pfälzisch: „Hier sinn älle gleich.“ Eine Lüge. Im Himmel herrscht eine Diktatur, die vom Knochenkarle knallhart verlangt, Kaspar sofort himmelan zu holen. Der Tod klopft bei Kaspar an und behauptet: „I möcht bloß e Bsüchle mache.“ Traumhafte Mixtur aus Gruseligkeit und schwäbischer Verkleinerung, von Monika Hirschle mit bravouröser Spitzmündigkeit exekutiert. Den Himmelsdespoten berichtet sie, Kaspar gefragt zu haben, „ob er nicht freiwillig mitkommen wöllen tät“. Was für eine wunderbare Genauigkeit, ja lautmalerische Raffinesse des Schwäbischen. Als durch und durch menschliche Figur spielt Hirschle den Tod und seufzt schon mal: „Als Tod hasch’s wirklich net leicht!“

Schließlich wird Brandner doch in den Himmel geschleppt, wo ihm dann ein Sündenregister präsentiert und das Fegefeuer angedroht wird. Jetzt bekommt die Komödie von Kurt Wilhelm schön schräge Konturen und wird zu einer veritablen Religionssatire. Es geht in Kurt Wilhelms amüsanter Komödie um Lebensglück und um die Unausweichlichkeit des Todes, doch dabei fehlt die Tiefe. Dafür wird die Idee eines Himmels mit Engeln, einem Fegefeuers und einer Hölle respektlos vorgeführt, als klappriges Konstrukt mit lachhaften Figuren in einem billig zusammengezimmerten Ambiente (Bühne: Siegfried Albrecht). Susanne Heydenreich hat die Komödie so inszeniert, dass beides zu seinem Recht kommt, die durchaus ernsten Szenen und die wunderbar komischen in einem lächerlichen Himmelreich.

Aufführungen am 20. März und 5. April.