In Feierlaune: Peer Oscar Musinowski Foto: Staatstheater/Björn Klein

Darf man noch Party feiern mit Leuten, die es nicht ernst meinen mit dem Klimaschutz? Peer Oscar Musinowski spielt das durch in der Produktion „Nicht mein Feuer“ im Kammertheaters

It’s Party Time! Die Gäste sind schon da und schlürfen Sekt, auch wenn die Feier noch nicht offiziell eröffnet werden kann. Man wartet auf Stefan, den Gastgeber, der es zu seinem 55. richtig krachen lassen will. Alkohol allein genügt da nicht, es muss auch ein Alleinunterhalter ran, der die Gästeschar – uns, das Publikum im Kammertheater-Foyer – schon mal in Stimmung bringt. „Sagt ein Holzwurm zum anderen: Ich bin so stolz auf meine Tochter! Sie arbeitet jetzt in einer Bank!“ Dann orgelt er Nenas „99 Luftballons“ aus der Musikmaschine, „Ich will Spaß“ von Markus und andere Hits aus jenen fernen Zeiten, als der Jubilar, seine Buddys und er selbst, der glitzernde Gute-Laune-Bär, noch Haare hatten. Zum Beweis stülpt er sich die Rod-Stewart-Gedächtnisperücke über die Glatze.

Hier geht es um Geld, Macht und Einfluss

Im wahren Leben möchte man kein Gast dieser Show sein, man wäre mit Fremdschämen beschäftigt. Im Theater kommt es unter der Regie von Franziska Berlitz nicht ganz so schlimm, dort schunkelt uns das zwangsvergnügte Setting in den Bühnenmonolog „Nicht mein Feuer“ von Laura Naumann. Stefan ist ein Großunternehmer und feiert mit Leuten, die „Geld, Macht und Einfluss“ haben, aber er ist auch das Gegenteil eines woken Kapitalisten, der mit der Zeit geht. Die Zeit hat ihn überholt: Stefan leugnet – zentrales Thema der hundert Minuten – die Klimakatastrophe und würde sich in seiner Spaßgesellschaft, die nicht nur im Garten der Villa stehen geblieben ist, prächtig amüsieren. Man ahnt es: Er kommt nicht. Und der Alleinunterhalter ist, wie es das Klischee vom Clown verlangt, Spaßmacher aus Verzweiflung. Statt das Volk zu betäuben, würde er es lieber aufrütteln, wie Peer Oscar Musinowksi in seiner spielerisch virtuosen Tour de Force zeigt.

Die Absenz des Gastgebers füllt der Darsteller mit Präsenz auf, mit dem vitalen, dauererregten Körper, der elastischen Stimme, die blitzschnell Tonlage und Erzählperspektive wechselt, sowie den Gedanken, die ihm durch den Kopf schießen, wenn er an all das denkt, was er liebt und was sehr akut von Erderwärmung, Feuersbrünsten und so fort bedroht ist.

„Korruptes Arschloch“

Verantwortlich dafür macht er nicht nur Leute wie Stefan, mit dem er befreundet ist, auch wenn er ihn als „korruptes Arschloch“ schmäht, sondern auch sich selbst. Der größte Witz ist das falsche Leben, das er lebt – und seine Selbstbezichtigung mag so richtig sein wie anderes auch in dem korrekten Fridays-for-Future-Solo, das beflissen zu den schon Bekehrten predigt und nur wenig Aufregendes bietet. Für den Kick sorgt nur einer: Musinowksi.

Aufführungen am 1., 6., 9. und 26. Juni sowie am 2. Juli.