Eine Anlage mit Padel-Courts: Sie sollen in die klassische deutsche Tennisclub-Landschaft integriert werden. Foto:  

Beim Porsche-Turnier in Stuttgart zeichnet sich ab, wie sich der Sport in den kommenden Jahren verändern könnte.

Tennis gilt hierzulande noch immer als Sport des Volkes. Nach Fußball und Turnen ist es die Nummer drei im Breitensport. 1,8 Millionen Mitglieder im Deutschen Tennisbund (DTB) können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Sportart ihre allerbesten Zeiten hinter sich hat. Daran ändert auch der jüngste Mitgliederaufschwung durch Corona nichts. Viele der rund 9000 Clubs in Deutschland sind überaltert, die Anlagen teilweise in die Jahre gekommen und marode.

 

Der Tennisclub der Zukunft

Als Hauptgründe gelten neben der alten Leier vom Ende des Becker-Graf-Booms vor allem das veränderte gesellschaftliche Verhalten junger Menschen. Ihnen liegt die Spielekonsole häufig näher als Abteilungsversammlungen und Clubhausdienste. Der Trend zur Ganztagsschule tut sein Übriges.

Im DTB hat man die Zeichen der Zeit erkannt. Und versucht gegenzusteuern. Der Verband bastelt am Tennisclub der Zukunft und hat dazu die Initiative „Tennis is us“ ins Leben gerufen. „Es geht darum, die guten Eigenschaften eines Tennisclubs aus den 80er Jahren mit den Anforderungen der 2020er Jahre zu verbinden“, sagt Nelson Artz von Tennis-Point, einem Partner des DTB. Der Sport soll jünger, zeitgemäßer, vielfältiger werden. Und natürlich digitaler, das Zauberwort dieser Zeit.

Mehr als nur Wlan im Vereinsheim

Damit ist nicht nur Wlan im Vereinsheim gemeint, sondern auch Online-Buchungssysteme statt Steckkärtchen und vor allem die Ausstattung der Plätze mit digitalen Mess- und Aufzeichnungssystemen. Sie ermöglichen jedem Hobbyspieler, seine Aufschlagquote und die Streuung der Vorhandschläge zu analysieren. In Gütersloh wurde dazu ein Pilotprojekt gestartet – und aus einem gewöhnlichen Verein der „Tennisclub der Zukunft“ gestaltet. Er verfügt nicht mehr nur über Sandplätze und Vereinsheim, sondern über zeitgemäße Ergänzungen wie Spielplatz und E-Bike-Ladestation. Und vor allem: über verschiedene Courts, die der Vielfalt der Schlägersportarten gerecht werden.

Groß im Kommen ist vor allem Padel. Eine Mischung aus herkömmlichem Tennis und Squash, das in einem 10 mal 20 Meter großen Rechteck und unter Einbeziehung von Außenwänden gespielt wird. „Wir sehen das große Potenzial von Padel und die Möglichkeiten, neue Zielgruppen zu erschließen“, sagt DTB-Geschäftsführer Peter Mayer. „Die Tennisvereine bewerten das Thema heute ganz anders als noch vor fünf, sechs Jahren.“ Damals sah die Tenniswelt in dem Emporkömmling eine gefürchtete Konkurrenz. Ein aus Südamerika stammender Trend, der den so traditionsreichen weißen Sport in den Schatten stellen soll? Bloß nicht! Nun ist man versucht, die trendige Alternative mit dem kleinen Schläger in die bestehende Vereinsstruktur zu integrieren. Wenngleich sich der Deutsche Padelverband (DPV) gegen zu starke Vereinnahmung durch den DTB verwehrt und seine Eigenständigkeit betont.

Trendsport Padel – Ergänzung oder Konkurrenz zum Tennis?

Beim Porsche Tennis Grand Prix ist die neue Welt der Schlägersportarten bereits angekommen. In der „Racket World“, einem abgetrennten Bereich in der Schleyerhalle, werden verschiedene Schlägersportarten präsentiert, Padel ist beileibe nicht die einzige Alternative. Auch Touchtennis und das in den USA populäre Pickleball drängen auf den Markt. „Wir sind immer bestrebt, den Porsche Tennis Grand Prix für die Zuschauer weiterzuentwickeln“, sagt Turnierdirektor Markus Günthardt. „Der Trend geht hin zum Multisport, damit das Clubleben wieder verstärkt aktiviert wird.“ Beim Turnier in der Porsche-Arena gibt es in diesem Jahr sogar erste Wettkämpfe wie die Deutschen Meisterschaften im Touchtennis.

Turnier in Stuttgart will mit der Zeit gehen

Im Hinblick auf die Frage, ob sich das klassische Tennis damit nicht sein eigenes Grab schaufelt, gehen die Meinungen auseinander. Deutschlands Topspielerin Jule Niemeier etwa sieht Padel als Konkurrenz. „Ich habe es auch schon ausprobiert. Es macht großen Spaß, man muss sich nicht so viel bewegen. Ich kann mir vorstellen, dass die Jüngeren langfristig eher Padel spielen. Es liegt an uns, sie davon zu überzeugen, dass Tennis doch der bessere Sport ist.“ Teamchef Rainer Schüttler findet, dass die Leute das machen sollen, woran sie Spaß haben. „Wenn wir in Deutschland irgendwann einen Padelstar haben, ist das auch okay.“ Er erinnert daran, dass es auch Tennisprofis gibt, die nebenher zum kleineren Schläger greifen. Schüttler sieht den ergänzenden Effekt: „Es kann auch gut sein, dass die Leute über Padel irgendwann zum Tennis kommen.“

So viel ist sicher: In die über Jahrzehnte verfestigte Welt der Sportart kommt gehörig Bewegung.