Foto: Timo Deiner

4500 Besucher erleben am Dienstagabend Amy Macdonald in der Porsche-Arena.

Stuttgart - Etwas dröhnt durch das Dunkelblau, in das sich die Bühne hüllt. Ein Art Duselsackpfeifen vielleicht, das ankündigt, das dies kein Abend sanfter Balladen werden wird. Und als Amy Macdonald zum Jubel der 4500 Fans auf die Bühne kommt, hat sie sich zwar wie stets die Akustikgitarre umgehängt. Aber ihr kurzes Glitzerkleid, die hohen Schuhe, die mit viel Haarspray in Form gebrachte Frisur, wollen nicht so recht zu dem Song passen, mit dem die Schottin um 21 Uhr das Konzert eröffnet: "I don't care about the spotlight", ich mache mir nichts daraus, im Scheinwerferlicht zu stehen, singt sie wieder einmal im Scheinwerferlicht stehend in "Ordinary Life", einer Hymne auf die Normalität.

Auch der rumpelnde Rock'n'Roll-Zweivierteltakt, den "Poison Prince" gleich darauf durch die Halle jagt, will nicht so recht zu diesem zarten Mädchen passen, für das man Amy Macdonald bisher gerne gehalten hat. Vor drei Jahren ist sie mit der Drehwurmnummer "This Is The Life" zum Star geworden - einem Song, der auch an diesem Dienstagabend in Stuttgart kurz vor den Zugaben den größten Applaus bekommen wird.

"Der Erfolg hat mein Leben nicht wirklich geändert, ich kann wirklich immer noch ein völlig normales und unbehelligtes Leben führen", hatte die 23-Jährige uns im April verraten, als sie ein exklusives Gratiskonzert im Longhorn gab. Dass es nicht leicht ist, Amy Macdonald zu sein, fiel schon damals auf. Die aus Island kommende Aschewolke hatte ihre Anreise nach Stuttgart beschwerlich gemacht und an den Nerven gezerrt. Durch ihr bezauberndes Lächeln huschte immer wieder Anspannung.

Auch diesmal gibt es Grund zur Überreiztheit. Schließlich ist der Auftakt der Deutschlandtournee am Sonntag einigermaßen daneben gegangen. In der O2 World in Hamburg war sie mit einem Pfeifkonzert begrüßt worden, weil der Sound im Vorprogramm laut und schrill und die lange Pause danach unerträglich waren. Doch in Stuttgart macht Amy Macdonald das, was sie am besten kann: Lächeln und mit dem Publikum flirten: "Ich liebe Autos", verrät sie in einem breiten, manchmal kaum verständlichen schottischen Akzent, "und deshalb bin ich besonders stolz in einer Halle auftreten zu dürfen, die Porsche-Arena heißt." Nach solchen schamlosen Einschmeicheleien lässt man der kleinen Frau aus Bishopbriggs den auch in Stuttgart nicht wirklich tollen Sound dann doch durchgehen.

Musikalisch bemüht sich Macdonald allerdings überraschend wenig um Gefälligkeit. Gerade wenn man glaubt, nach "Youth Of Today" endlich im Balladenteil des Abends angekommen ist, schleudern Amy Macdonald und ihrer Band einem "Love Love" entgegen - eine Mischung aus angetrunkenem Schunkelfolk, Punkrock und Kinderlied. Und auch wenn das Konzert nach anderthalb Stunden mit einer etwas angestrengt aufmüpfigen Coverversion von Bruce Springsteens "Born To Run" und schließlich mit "Let's Start A Band" zu Ende geht, dann klingt der Abend nicht sanft aus, sondern krachend, lärmend und wild aufstampfend. Zuvor hat sich Macdonald immer wieder zu ihrer Bodenständigkeit bekannt. Bevor die Dauerverlobte des Fußballspielers Steve Lovell das hämische "Footballer's Wife" spielt, gibt sie sich beispielsweise als durch und durch wertkonservativ zu erkennen, schimpft auf Reality-TV-Shows und auf all die sogenannten Stars, die in fünf Jahren keiner mehr kennt, schwärmt von Frank Sinatra, James Dean und Elvis Presley und erklärt, dass sie lieber für ihr Talent als für irgendetwas anderes bewundert werden will.

Tatsächlich beweist sie in Songs wie dem poppigen "Spark", in der Poppolka "Pretty Face" und in dem euphorisch flimmernden "Don't Tell Me That It's Over" Talent als Songwriterin. Und während sie es liebt, sich selbst bei Auftritten herauszuputzen, mag sie ihre Songs gerne schlicht, inszeniert sie sowohl auf Platte als auch live am liebsten im einfachen Schrammelpopkostüm.

Amy Macdonald verlässt sich auch an diesem Abend darauf, dass ihr betörender Alt und ihre entzückenden Melodien genügen, um einen Song gut zu machen. Und wenn man sie mit großen Augen vom "Mr. Rock'n'Roll" schwärmen hört, will man ihr fast glauben, dass sie immer noch das nette Mädchen von nebenan ist.