Die Briefkästen diverser Finanzämter hat der Angeklagte offenbar gemieden und dort keine Umsatzsteuerjahreserklärungen eingeworfen. (Symbolbild) Foto: dpa

Ein 29-jähriger Angeklagter soll in den Jahren von 2011 bis 2016 insgesamt rund 1,5 Millionen Euro Umsatzsteuer hinterzogen haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor dem Landgericht vor, illegal über Strohmänner in großem Stil mit Paletten und Gitterboxen gehandelt zu haben.

Plochingen - Zum Prozessauftakt vor der 13. Großen  Wirtschaftsstrafkammer des Stuttgarter Landgerichts ist schnell klar, dass der 29-jährige Angeklagte aus Plochingen als notorischer Steuerhinterzieher bezeichnet werden kann. Denn wegen eines solchen Delikts war der Türke schon im Jahr 2014 vom Amtsgericht Stuttgart zu einerzweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Seit Ende November sitzt er nun wegen weiterer Betrügereien dieser Art in Untersuchungshaft und seit Dienstag vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen zwischen 2011 und 2016 knapp 1,5 Millionen Euro Steuern hinterzogen zu haben. Laut der Anklage soll er den Umsatz aus seinem im großen Stil abgewickelten Handel mit Paletten und Gitterboxen an diversen Finanzämtern vorbei in die eigene Tasche gesteckt haben.

Firmen über Strohmänner gegründet

Bei seinen Geschäften soll der Mann ein gehöriges Maß an krimineller Energie an den Tag gelegt haben. Laut dem Staatsanwalt kaufte er in Polen Paletten und Gitterboxen über insgesamt fünf Firmen, die er – gegen Bezahlung seinerseits – von Strohmännern und -frauen hatte gründen lassen. Über diese Schiene wurde die Ware an Kunden weiterverkauft. Den vom Angeklagten verantworteten und von seinem Büro in Deizisau aus gesteuerten Firmen war eines gemein: Es wurden keine oder falsche Umsatzsteuererklärungen abgegeben. Auf die halb als Frage, halb als Feststellung zu verstehende Formulierung des Vorsitzenden Richters Frank Maurer, „Sie haben keine Steuererklärungen abgegeben, weil Sie keine Steuern zahlen wollten“, antwortet der Angeklagte: „Kann man so sagen.“

Der 29-Jährige räumt die Taten ein. Er stimmt dem Vorsitzenden Richter auch darin zu, nach der Verurteilung vor dem Amtsgericht „nahtlos so weitergemacht“ zu haben. Allerdings will er nur der Handlanger seines 49-jährigen Onkels gewesen sein, der sich in die Türkei abgesetzt habe. Dieser habe den Löwenanteil des illegal erwirtschafteten Geldes kassiert. „Aber das Problem ist: Jetzt sitzen Sie hier und nicht Ihr Onkel“, merkt Frank Maurer an.

Es droht eine lange Haftstrafe

Mit dem Onkel hatte der Angeklagte zuvor schon gemeinsame Sache gemacht. Mit dessen Transportunternehmen war er 2008 pleite gegangen, bevor der Palettenhandel begann. Mit der Steuerzahlungsmoral war es wohl nie weit her gewesen, weshalb der junge Mann schließlich vor dem Amtsgericht landete. In einem Vorgespräch zur Verhandlung vor dem Landgericht hatte der Staatsanwalt angekündigt, für den Angeklagten ein Strafmaß von mindestens fünf Jahren und acht Monaten Gefängnis zu fordern – falls dieser die 13 vorgeworfenen Taten „voll umfänglich“ gestehe. Die Verhandlung wird fortgesetzt.