Mit dem Beschluss zur Kostenbeteiligung am Bau der Oscar-Paret-Schule endet ein Verhandlungsmarathon. Foto:  

Die Gemeinde beteiligt sich mit 3 Millionen Euro am Neubau der Oscar-Paret-Schule in Freiberg. Im Gemeinderat wird erneut Kritik laut, was die Vorgehensweise des Nachbarn angeht.

Pleidelsheim - Dass der Gemeinderat in Pleidelsheim am Donnerstag mit Corona-Mindestabstand in der Festhalle tagt anstatt eine weitere Sitzung abzusagen, hatte vor allem einen Grund: die Frage zu beantworten, ob die Gemeinde sich mit 3,015 Millionen Euro am Neubau der Oscar-Paret-Schule in Freiberg beteiligt. Viereinhalb Jahre lang hatten sich das Pleidelsheimer Rathaus und Gremium mit diesem Thema auseinandergesetzt. Dass Freiberg die Gemeinde in Sachen Neu- oder Umbau damals vor vollendete Tatsachen gestellt und Pleidelsheim seitdem drei Juristen eingeschaltet hatte, ließ erahnen: Ganz so einfach würde dem Gemeinderat ein mögliches „Ja“ nicht über die Lippen kommen. So war es dann auch. Das Gremium erteilte einstimmig grünes Licht – feuerte aber erneut einige Giftpfeile in Richtung Nachbarstadt.

Vom „geringsten Übel“ sprach Bürgermeister Ralf Trettner in seinem Appell, dem Anliegen zuzustimmen. Immerhin sei anfangs eine doppelt so hohe Summe im Raum gestanden. Der Vertrag beinhalte zudem nicht nur einen Standortvorteil von „sehr guten“ 15 Prozent, sondern auch, dass sich Pleidelsheim in den kommenden 30 Jahren nicht an Sanierungen, Erweiterungen oder einem Neubau beteiligen müsste. „Das ist nicht selbstverständlich“, betonte Trettner. Zudem trage allein Freiberg die Kostensteigerung von 61 auf 80 Millionen Euro. Und Gerichtsurteile in der Vergangenheit hätten gezeigt, dass Pleidelsheim im Falle einer möglichen Beteiligungspflicht schlechte Karten hätte.

Als „miserabel“ und „keinen guten Stil“ bezeichnete Christel Staudenmaier (WIR) die Informations- und Beteiligungspolitik Freibergs. „Das hätte ich mir anders gewünscht.“ Im Vertrag kritisierte sie, dass Punkte nicht genau formuliert seien. „Da zählt jedes Wort. Privat hätte ich das nie unterschrieben.“ Weshalb Christel Staudenmaier wie Albrecht Reuther (WIR) im gesonderten Abstimmungspunkt, bei einer Enthaltung von Brigitte Faaß (SPD), gegen die Vertragsannahme stimmte. Trettner verdeutlichte, dass das Werk das Ergebnis monatelanger Verhandlungen sei. „Beide Seiten haben kräftig geblutet.“ Oft hätte eine klarere Formulierung keine Auswirkung, da das Gesetz übergeordnet sei. „Die Formulierungen sind der moralische Versuch, die Stadt Freiberg von etwas abzuhalten, was sie sonst vielleicht tun würde“, so der Bürgermeister weiter.

Dieter Rohr (OGL) sprach von einer „unfairen Vorgehensweise“ vonseiten Freibergs. Andererseits hätten sich die sechs beteiligten Gemeinden aber zusammengerauft und seien zu einem „brauchbaren Ergebnis“ gekommen. Timo Günther (CDU) betitelte die Art und Weise Freibergs als „moralisch schwierig“, zumal man von den anfangs im Raum stehenden 6 Millionen Euro aus der Zeitung erfahren habe – sowieso gehöre so etwas aber vom Land einheitlich geregelt. Frank Breuer (CDU) erklärte, dass man mit dem Vertrag gut wegkomme. Er stimmte deshalb zu – „und nicht, um Freiberg einen Gefallen zu tun“. Auf seine Nachfrage hin erklärte Ralf Trettner, dass es keine Garantie gebe, dass Pleidelsheimer Schüler an der Oscar-Paret-Schule angenommen werden müssen. „Das geht aber nahe an die 100 Prozent ran, zumal das Schulamt weiß, dass wir uns an den Kosten beteiligen. Und wo sollten unsere Schüler denn sonst hingehen?“, so Ralf Trettner.

Auch Albrecht Reuther (WIR) stimmte zu – in der Hoffnung, damit kein Fass aufzumachen. Schließlich gehen Pleidelsheimer Schüler auch nach Marbach, Ludwigsburg, Bietigheim-Bissingen und Stuttgart. Trettner teilt die Sorge: „Wenn von dort auch etwas käme, müssten wir als kleine Kommune um unsere Existenz fürchten. Hier ist das Land gefragt, ob es die Vielfalt an Kommunen möchte oder ob es diese Gemeinden über die Wupper beziehungsweise den Neckar gehen lässt.“ Daraus resultierende Eingemeindungen, so Reuther, könnten keine Lösung sein. Neben Pleidelsheim beteiligt sich Steinheim, vorgesehen ist das auch für Mundelsheim, Benningen und Ingersheim, wo der Gemeinderat noch zustimmen muss.