Pistorius verlässt das Gerichtsgebäude in Pretoria Foto:  

Im südafrikanischen Pretoria versucht derzeit ein Gericht zu klären, ob Oscar Pistorius seine Freundin wissentlich oder versehentlich erschossen hat. In London geht man der Frage nach, ob man darauf wetten darf.

London/Pretoria - Die Briten sind verrückt nach Wetten. Sie setzen auf Pferde, auf den Abtritt der Queen oder das Geschlecht des zweiten Kindes von Prinz William und Kate Middleton. Doch bei allem Zock-Eifer geht eine Aktion des irischen Wettbüros Paddy Power selbst den Briten zu weit. Der Buchmacher hatte pünktlich zu Beginn des Mordprozesses gegen den Südafrikaner Oscar Pistorius für eine Wette zu dessen Ausgang geworben. Der 27-Jährige steht wegen des Todes seiner Freundin Reeva Steenkamp in der südafrikanischen Hauptstadt Pretoria vor Gericht.

Unter dem Motto „Es ist Oscar-Zeit“ spielte Paddy Power in einer Anzeige in der Zeitung „Sunday Independent“ mit dem Namen des Angeklagten, dessen Prozessauftakt mit der Oscar-Verleihung in Los Angeles zusammenfiel. In der Werbung ist die berühmte goldene Filmtrophäe mit dem Gesicht von Oscar Pistorius zu sehen. Bei einem Freispruch des beinamputierten Sprintstars, so verspricht das Büro, würden die Spieler ihren Einsatz zurückbekommen.

Im Netz protestieren 130 000 Nutzer gegen die Wette

Die britische Werbeaufsicht verdonnerte das Wettbüro nun zur Rücknahme der Wetten, nachdem die Behörde über 5200 Beschwerden erhalten hatte. Dabei sorge sie sich nicht nur um den „guten Ruf der Werbeindustrie“. Die Aufsicht wolle vielmehr untersuchen, ob die Wette beleidigend sei, weil sie den Mordprozess, den Tod einer Frau und das Thema Behinderung verharmlose. Anfang der Woche hatte Paddy Power die Aktion noch verteidigt. Laut Werbeaufsicht sei der irische Buchmacher mittlerweile aber „zur Kooperation bereit“.

Das verwundert ob der herben Kritik nicht. Im Internet unterzeichneten rund 130 000 Menschen eine Petition gegen die Wette. Die Initiatorin – eine Frau, die Opfer häuslicher Gewalt und von Missbrauch wurde – fordert das Wettbüro auf, das Angebot zu stoppen und den bisherigen Erlös an eine Stiftung zu spenden, die sich gegen Gewalt gegen Frauen einsetzt. „Der brutale Tod einer Frau ist weder Sport noch Unterhaltung“, schreibt sie. Damit zu werben und Geld zu verdienen, sei ein „abscheuliches und beleidigendes Verhalten“.

Es ist nicht das erste Mal, dass Paddy Power mit strittigen Aktionen für Aufsehen sorgt. Erst vor einigen Wochen schickte das Wettbüro für Werbezwecke den ehemaligen Basketballstar Dennis Rodman nach Nordkorea, um dem Diktator Kim Jong Un zum Geburtstag zu gratulieren. Menschenrechtsorganisationen kritisierten die Aktion.