Ende September eröffnet Sport-Scheck seine Filiale als Pilotversuch neu. Aus einem Laden wird ein Treff für Sport-Communities, eine Probierstation und ein Infopunkt. Andere Händler wollen angeblich nachziehen. Citymanager sieht den Start eines neuen Mikroquartiers am Bahnhof.
Wie viele wissen, hat Rene Benko viel vor in der Stadt. Ecke König-/Schulstraße ersteht ein neue Büro- und Handelshaus. Und in der Eberhardstraße soll der Kaufhof für den neuen Sitz der Bundesbank weichen. All das ist weitgehend bekannt. Nicht ganz so im Lichte der Öffentlichkeit ist der Verkauf von Sportscheck aus dem Besitz der Otto-Gruppe an Benkos Signa-Gruppe, die auch Karstadt Sport besitzt. Damit ist im Sportfachhandel ein großer Player entstanden. Zusammen mit den Karstadt-Sport-Filialen hat Sport-Scheck nun 34 Filialen in Deutschland.
Stärkung des Standortes Stuttgart
Und was hat Stuttgart damit zu tun? Eine ganze Menge. Denn die Fläche des Stuttgarter Sport Scheck wird gerade umgebaut. Besser gesagt: Sie wird umgedacht. Mit der Eröffnung am 29. September soll in Stuttgart in der Kronenstraße ein Pilot-Store an den Start gehen, der mit diesem Konzept einzigartig im Einzelhandel ist, wie Sport-Scheck-CEO Matthias Rucker auf einer Veranstaltung von Liganova in Stuttgart sagte: „Hier entsteht die Zukunft des Handels. Wir wollen über vier Etagen neue Sportwelten schaffen.“
Schönes Marketing-Kauderwelsch, könnte man meinen. Aber der Ansatz ist tatsächlich ungewöhnlich. In gewisser Weise ist es auch eine Stärkung des stationären Handels und damit des Standortes Stuttgart. Denn statt das größte Sport-Scheck-Haus in München umzugestalten, beginnt der Filialist den Neustart in Stuttgart an der Königstraße vis a vis von Kaufhof. „Die Leute wollen wieder in die Stores, sie wollen wieder beraten werden“, sagt Rucker, der auf Wachstum im stationären Geschäft setzt. Und das obwohl der Sport-Händler schon jetzt, wie etwa Breuninger, gut die Hälfte des Umsatzes im Online-Geschäft macht. Aber Rucker weiß auch: „Dort wo wir stationär vertreten sind, sind auch die Online-Umsätze besser.“ Der physische Raum bringe die Kunden zusammen.
Zielgruppe Community
Allerdings heißt die Kundschaft heute Community. Also Gemeinschaft. Und wie etwa ein bekannter Yoga-Hosen-Händler im Dorotheen Quartier vor Sport-Scheck vorgemacht hat, ist die Community das neue Zauberwort im Handel. „Wir wollen weg von dem Image nur Ware zu verkaufen. Wenn man nur Ware verkauft, wird man austauschbar“, sagt Rucker, „wir wollen an den Sportler rankommen und über den Sportler zurück zum Kerngeschäft.“ Und somit soll Sport-Scheck in Stuttgart eine „Destination“, also das Ziel, der jeweiligen Community werden. Seien es Laufsportler, wie der Ultra-Marathon-Läufer Rucker, Radler, Wanderer oder Yoga-Freunde. Auch hier soll die Beziehung zwischen Kunden und Händler keine Einbahnstraße sein: Man wolle vom Kunden lernen. Und somit mit dem Erlernten neue Relevanz für den Kunden gewinnen.
An den Kunden will man über Kooperationen und Botschafter kommen. Über Lauftreffs, Yogastudios oder Vereine. Anreize sollen Physiotherapeuten, Wanderführer, Skilehrer und Experten der jeweiligen Sportarten sein. Auch Workshops, etwa zur Fahrradreparatur, sind geplant. „Das schafft ein Kompetenzgefühl beim Kunden“, sagt Rucker. Und sind die Sportler erst mal im Laden, wird ihnen nicht nur Raum zum Ausprobieren gegeben, sondern auch zum Verweilen mit Getränken. Händler wissen: Wer es schafft, die Verweildauer im Laden zu erhöhen, gewinnt so meistens auch mehr Umsatz.
Die Lage des Ladens macht es aus
„Wir glauben auf diese Weise an den stationären Handel“, sagt Rucker und vergisst nicht, seinen Glauben an den Handelsstandort Stuttgart sowie die gute Lage des Ladens am Bahnhof zu betonen: „Wir haben in Stuttgart aus diesem Grund den Mietvertrag langfristig verlängert.“ Von all dem hat Sabine Hagmann vom Handelsverband Baden-Württemberg längst Kenntnis. Für sie ist das nicht nur ein Zeichen, dass der oft totgesagte stationäre Handel lebt, es sei auch ein wichtiger Impuls für die Branche. „Erst mal ist diese Investition klasse für Stuttgart, und ich weiß, dass viele an ähnlichen Konzepten tüfteln“ , sagt Hagmann. Sie wisse, dass auch im Textilhandel versucht werde, Communities und die Belegschaft in solche Projekte miteinbeziehen: „Das wird den Wettbewerb und den Handel insgesamt beflügeln. In Stuttgart und Baden Württemberg.“
Ähnlich positiv sieht Citymanager Sven Hahn die Sache. Er findet nicht nur das Konzept „mega gut“, sondern sieht im neuen Bahnhofsviertel auch in Sachen Stadtentwicklung vielversprechende Ansätze: „Es ist strategisch klug, hier zu investieren. Denn da wird sich in der nächsten Zeit noch einiges tun.“ Damit meint er die Neuentwicklung der Königstraße eins bis drei, den Hindenburgbau und die Lautenschlager Straße. Dort soll im Bezug auf den neuen Bahnhof ein neues Mikroquartier entstehen. Sport-Scheck habe gewissermaßen den Anfang gemacht.