Passagiere müssen sich auf Flugausfälle einstellen. Foto: dpa

Zum Ende der Sommerferien durchkreuzen die Piloten der Lufthansa mit einem Streik die Reisepläne von Zehntausenden Passagieren. Auslöser ist ein Tarifkonflikt um die Auslagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland.

Frankfurt - Betroffen von dem Piloten-Ausstand sind am heutigen Dienstag alle Langstreckenflüge aus Deutschland heraus in der Zeit von 8 Uhr morgens bis Mitternacht, wie die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) mitteilte. Bestreikt werden auch die Flüge von Lufthansa-Cargo.

Vergangene Woche hatte die Gewerkschaft die Sondierungsgespräche mit der Lufthansa völlig überraschend platzen lassen und neue Streiks angekündigt. Grund: Sie hatte auf eine Aussetzung der Arbeiten am neuen Lufthansa-Billigflieger Eurowings gepocht, der ab Frühjahr 2016 Ryanair, Easyjet und Co. Konkurrenz machen soll. Zudem pocht Vereinigung Cockpit auf eine Tarifvertrag für die dort deutlich schlechter bezahlten Piloten.

Lufthansa-Chef Carsten Spohr lehnt das ab. Die Lufthansa werde gegenüber den Piloten hart bleiben. Mittlerweile kritisiert auch die Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo die Flugzeugführer massiv und fordert sie zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf.

Von den am Dienstag geplanten 170 Langstrecken- und sieben Frachtflügen muss die Lufthansa 84 streichen. 90 Maschinen können wie geplant mit Hilfe von willigen Piloten von Frankfurt, München und Düsseldorf aus starten. Die Lufthansa hat nach eigenen Angaben alle betroffenen Fluggäste informiert und im Internet einen Sonderflugplan veröffentlicht. Lufthansa zieht einzelne Flüge auf die Zeit vor 8 Uhr, dem Beginn des Streiks, vor. Betroffene Passagiere sollen aber auch auf die Konzerntöchter Swiss, Austrian und Brussels, im Notfall aber auch auf andere Airlines umgebucht werden, betont Lufthansa-Sprecher Thomas Jachnow.

Am Freitag und am Sonntag hatte der Lufthansa-Vorstand zwei Mal nachdrücklich an VC appelliert, wieder in Gespräche einzusteigen. Man sei bereit, über das von VC vorgeschlagene Bündnis für Wachstum und Beschäftigung und auch über die neue Eurowings zu sprechen. Zudem will die Lufthansa beim Ausbau ihrer Billig-Angebote bis Jahresende langsamer vorangehen. Neue Piloten, die für zwei Jahre befristet bei Germanwings und Eurowings eingestellt werden, erhalten zwar weniger als im Konzern, aber pro Jahr eine Einmalzahlung von 12 500 Euro. Über 1000 Piloten hätten sich mittlerweile bei Eurowings beworben. Auch bei der Übergangsversorgung macht die Lufthansa weitreichende Zugeständnisse. VC-Sprecher Markus Wahl nannte die Inhalte der Angebote am Montag gleichwohl „substanzlos“.

Kokurrenz macht Lufthansa zu schaffen

Vordergründig geht es der VC mit dem Streik um die Übergangsversorgung für die Piloten, die der Vorstand reformieren will. Dort hatte man sich nach Angaben von Insidern schon deutlich angenähert. Tatsächlich wettern die Piloten aber gegen die neue Eurowings und die Auslagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland. Diese Gespräche sollten zumindest ausgesetzt werden, sagt Wahl.

Mit dem Angebot eines Bündnisses für Wachstum und Beschäftigung hatte VC eigenen Berechnungen zufolge Zugeständnisse in Wert von 500 Millionen Euro gemacht. Zugleich habe VC eingeräumt, die Cockpit-Kosten bei Eurowings auf das etwa 40 Prozent niedrigere Niveau bei Easyjet zu bringen. „Das macht klar, dass die Piloten sich nicht gegen die geforderten Anpassungen stellen“, sagt Wahl. Lufthansa freilich gehe es um das Aufbrechen tarifvertraglicher Strukturen und letztlich um „die Schwächung der Gewerkschaft“. Die Airline beherrsche als Fast-Monopolist den Arbeitsmarkt für Piloten in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Lufthansa-Chef Spohr, selbst Pilot mit einer Lizenz für den Airbus A 320, lässt sich wenig beeindrucken. „Wir haben die besten Piloten der Welt, und die müssen auch ordentlich verdienen. Aber wir müssen sie uns auch leisten können.“ Dies sei wegen der wachsenden Konkurrenz der Billigflieger und der staatlichen Airlines vom arabischen Golf immer schwieriger. Mit Privilegien von gestern könne die Wettbewerbsfähigkeit der größten Fluggesellschaft in Europa nicht gesichert werden, so Spohr. Lufthansa müsse die Kosten auf das Niveau der Wettbewerber bringen. „Im direkten Wettbewerb mit den führenden innereuropäischen Anbietern Ryanair, Easyjet, Vueling und Wizz Air müssen wir uns an den Gegebenheiten in diesem Segment orientieren. Dazu gehört auch der Aufbau von Eurowings Europe als wettbewerbsfähige Plattform für Direktverbindungen“, betont auch Karl Ulrich Garnadt, im Lufthansa-Vorstand für das Passagiergeschäft verantwortlich.

Diese Einsicht ist auch bei der Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo gewachsen. Sie verhandelt mit der Lufthansa noch mindestens bis Anfang November. Längst geht ein Riss durch die Lufthansa-Gewerkschaften. Ufo-Tarifexperte Uwe Hien hält VC vor, mit ihren Streiks letztlich Arbeitsplätze im der gesamten Lufthansa zu gefährden. Die Piloten sollten umgehend an den Verhandlungstisch zurückkehren.