Der Abschluss einer Pflegeversicherung ist in jedem Alter möglich. Allerdings sind die Beiträge umso höher, je älter man bei Vertragsabschluss ist, warnen Verbraucherschützer. Foto: Fotolia

Wer im Alter Pflege benötigt, für den wird es teuer. Mit Hilfe von Versicherungen kann das Pflegerisiko abgesichert werden. Wann sich ein Abschluss einer Pflegeversicherung lohnt und wie hoch die Zusatzversicherung aussehen soll, erklären Verbraucherschützer.

Stuttgart - Meist kommt der familiäre GAU ganz plötzlich. Ein Schlaganfall, ein Sturz auf der Treppe genügt, um zum Pflegefall zu werden. Studien zufolge wird die Zahl der Pflegefälle in den kommenden Jahren ansteigen – von derzeit 2,5 Millionen auf 3,5 Millionen Menschen im Jahr 2030. Das hat finanzielle Folgen. Mehr als 3600 Euro im Monat kostet im Schnitt ein Heimplatz in der höchsten Pflegestufe in Baden-Württemberg. Die gesetzliche Pflegeversicherung deckt aber im Normalfall höchstens 1550 Euro im Monat ab. Um diese Versorgungslücke zu mindern, gibt es staatlich geförderte und ungeförderte Pflegeversicherungen.

Wie man die passende Versicherung findet, was diese leisten können, und welche Unterschiede es zwischen den einzelnen Angeboten gibt, haben die Versicherungsexperten Karin Roller, Martina Brehme und Peter Grieble von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg erklärt.

Ich möchte im Pflegefall nicht in einem schlechten Heim leben. Reicht da als Absicherung die gesetzliche Pflegeversicherung?
Durch eine private Pflegezusatzversicherung ist man flexibler in der Auswahl der infrage kommenden Pflegeheime. Die Kosten für Pflegeheime sind sehr unterschiedlich: Nach Angaben des Statistischen Bundesamts betragen die durchschnittlichen monatlichen Kosten für einen Pflegeheimplatz in Baden-Württemberg bei Pflegestufe eins 2686 Euro, bei Pflegestufe zwei 3123 Euro, bei Pflegestufe drei 3663 Euro. Dabei sind Investitionsaufwendungen in Höhe von 500 Euro einberechnet. Investitionskosten können auf die Pflegebedürftigen zukommen, die in einer vollstationären Einrichtung gepflegt werden müssen. Die gesetzliche Pflegeversicherung alleine reicht zur Übernahme aller Kosten in der Regel nicht aus.
Soll ich eine Pflegezusatzversicherung abschließen oder das Geld vererben?
Die Pflegezusatzversicherung kann als eine Erbschutzversicherung dienen. Durch eine Pflegezusatzversicherung kann man sicherer sein, dass die eigenen Kinder nicht zur Finanzierung der Pflegebedürftigkeit herangezogen werden. Sind die Beiträge zur Pflegeversicherung zu hoch, sollte man mit den Kindern besprechen, ob sie nicht einen Teil davon übernehmen möchten.
Was ist eine Deckungslücke und wie lässt sich diese ermitteln?
Wir empfehlen erst einmal aufzuschreiben, welche Ausgaben bei einer Pflegebedürftigkeit entstehen würden und welche Einnahmen man dann hätte – beispielsweise aus der gesetzlichen Pflegeversicherung, aus der Rente der Deutschen Rentenversicherung und aus der betrieblichen Rente. Die Differenz zwischen Aus- und Einnahmen ist die Deckungslücke, die man durch eine private Pflegezusatzversicherung schließen kann. Bei der Planung sollte beachtet werden, dass es verschiedene Pflegestufen gibt sowie die ambulante und stationäre Pflege, die unterschiedliche Kosten verursachen.
Wir sind 73 und 81 Jahre alt – können wir noch eine Pflegeversicherung abschließen?
Ein Abschluss ist in jedem Alter möglich. Allerdings sind die Beiträge umso höher, jeälter man bei Vertragsabschluss ist. Grundsätzlich sollte das finanzielle Risiko der Pflegebedürftigkeit so früh wie möglich abgesichert werden.
Lohnt sich der Abschluss einer Pflegeversicherung auch für meine minderjährige Enkelin?
Das wäre zu überlegen. Die Prämien für solch einen Vertrag zur ungeförderten Pflegeversicherung sind niedrig, aber Pflegefälle treten auch im Kindesalter auf. Zu empfehlen ist da die Kinderinvaliditätsversicherung. Diese sichert die finanziellen Folgen ab, wenn das Kind wegen einer Krankheit oder eines Unfalles invalide wird. Sie lohnt sich auch als zusätzliche Versicherung. Denn wer invalide ist, muss noch lange nicht pflegebedürftig sein.
Ist es sinnvoll, eine Dynamik zur Erhöhung der Versicherungssumme mit zu vereinbaren?
Ja, denn die Pflegezusatzversicherung besteht oft sehr viele Jahre. In dieser Zeit kann es hohe Kaufkraftverluste geben, Leistungen aus der Versicherung sind dann weniger wert. Daher ist es gut, wenn die Versicherungsleistung durch die Dynamik steigt – auch dann, wenn es zu einer Pflegebedürftigkeit kommen sollte.
Ist es ratsam, eine Demenz mitzuversichern?
Es ist sehr empfehlenswert, die Pflegestufe null/Demenz mitzuversichern. Denn demenzkranke Menschen bekommen oft noch keine Pflegestufe eins. Das bedeutet: Sie würden damit keine Leistungen bekommen, benötigen aber besonders viel Betreuung. Eine solche Betreuung kann teuer sein.
Ich hatte in der letzten Zeit mit etlichen Krankheiten zu kämpfen – kann ich noch einen privaten Pflegeversicherungsvertrag bekommen?
In der Pflegeversicherung sind Gesundheitsfragen üblich – eine Ausnahme sind die Pflege-Bahr-Tarife, die jedem Bundesbürger zustehen. Zum Teil wird nur abgefragt, ob ganz bestimmte Krankheiten vorliegen. Man kann also Versicherer finden, die nach den eigenen Krankheiten gar nicht fragen.
Welches konkrete Angebot einer Pflegezusatzversicherung ist für mich ideal?
Das kann in einer individuellen Beratung gefunden werden, in der der jeweilige Versicherungsbedarf ermittelt und eine Marktanalyse gemacht wird. Dies bieten Versicherungsberater und Versicherungsmakler an – und die Verbraucherzentralen.

Weitere Infos zum Thema Pflegeversicherung gibt es bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, www.vz-bawue.de. Telefon 09 00 / 1 77 44 43 (1,75 Euro pro Minute aus dem deutschen Festnetz).