Heidis Hufen werden vor der Reitstunde von Lara gecheckt und gesäubert. Foto: Gottfried Stoppel

Reiten ist ein teures Hobby. Der Förderverein Pferdehof Schlossberg Stetten ermöglicht in den Ferien Kindern eine Auszeit auf dem Pferderücken, deren Familien sich das nicht leisten können. Die Nachfrage ist groß.

Lara, Nadja und Catherine sind im Glück. Das liegt bekanntlich auf dem Rücken der Pferde – und genau dort sitzen die drei Mädchen auch. Die siebenjährige Lara dreht auf der Stute Heidi ihre Runden, Nadja, neun Jahre alt, ist mit Vladi unterwegs, und die achtjährige Catherine haben die Mitarbeitenden vom Team des Pferdehofs am Schlossberg auf Pünktchen gesetzt. Der zentral in Stetten gelegene Hof ist ein Teil der Remstalwerkstätten der Diakonie Stetten und sowohl ein Arbeitsplatz für Menschen mit und ohne Behinderungen, als auch ein Ort, der therapeutisches Reiten anbietet.

An diesem Freitagmittag ist der Hof außerdem ein Ziel für Kinder, die sonst keine Chance auf eine Reitstunde haben. Die Aktion hat der Förderverein Pferdehof am Schlosshof in Gang gebracht, der sich vor gut anderthalb Jahren gründete, um den Fortbestand des Hofs zu sichern. An vier Freitagen in den Sommerferien können dank seiner Unterstützung jeweils neun Kinder den Umgang mit Pferden spielerisch lernen. „Wenn man in die Gesichter der Kinder schaut und die Freude sieht, dann weiß man, dass man nichts falsch gemacht hat“, sagt der Vereinsvorsitzende Martin Frädrich.

Das Sozialamt hat die Teilnehmenden ausgewählt

Das Sozialamt der Gemeinde Kernen habe alle Vorarbeit geleistet und die Teilnehmenden ausgewählt. „Wir hatten wesentlich mehr Anfragen als Plätze. Viele hätten am liebsten alle vier Termine gebucht“, berichtet die Integrationsbeauftragte Sabine Lindau. Sie sagt, das Angebot sei für all jene Kinder gedacht, „die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen“. Das Reitangebot biete für sie eine wichtige Auszeit aus dem Alltag. Dass sechs Kinder vermutlich aufgrund eines Missverständnisses nicht rechtzeitig zur Reitstunde gekommen sind, bedauert sie. Für Lara, Nadja und Catherine allerdings ist das ein Glücksfall: So haben sie Heidi, Vladi und Pünktchen ganz für sich alleine und müssen die Therapiepferde mit niemand anderem teilen.

Die Begeisterung der Mädchen fürs Reiten kann Benedikt Paulowitsch gut nachvollziehen. „Meine Frau und ich träumen seit langem davon, auf Pferden durch den Grand Canyon zu reiten“, verrät Kernens Bürgermeister – daran könne auch seine Allergie gegen Pferdehaare nichts ändern. Zum Besuch auf dem Pferdehof hat der Rathauschef aber sicherheitshalber eine Extrapackung Taschentücher mitgebracht.

Viele Familien können sich keine Reitstunden leisten

Anna Mendes beobachtet vom Zuschauerbereich der Reithalle aus ihre Tochter. „Catherine liebt Pferde“, sagt sie – bisher habe sie aber erst zweimal im Leben die Chance gehabt, zu reiten. Der Unterricht sei leider teuer, bedauert die gebürtige Portugiesin und schießt mit ihrem Handy ein Foto nach dem anderen, während Catherine auf Pünktchen ihre Runden dreht. Erst im Schritt, dann im Trab und irgendwann sogar freihändig.

Auch Lara und Nadja haben keine Berührungsängste. Die neunjährige Nadja sitze zum ersten Mal auf einem Pferd, die sieben Jahre alte Lara habe bei einem Geburtstag schon einmal reiten dürfen, sagt Teodora, die 18-jährige Schwester der Mädchen und erzählt, dass ihre Familie vor drei Jahren aus Serbien nach Deutschland gekommen sei. Die Reitstunde neigt sich dem Ende zu. Lara steigt vom Pferd, nimmt den Sattel ab und begleitet eine Mitarbeiterin, die das Tier in seine Box bringt. „Tschüss Heidi“, ruft Lara – am 11. August darf sie noch mal kommen.