In der Gemeinde lief Foto: Norbert J. Leven

Das Pfarrerehepaar Marcus und Annegret Bogner hat die evangelische Gemeinde Leinfelden-Unteraichen verlassen. Zwischen ihnen und Pfarrerin Margrit Schmid auf der anderen Seite war die Zusammenarbeit zuletzt schwierig. Auch der Kirchengemeinderat ist aufgelöst.

Leinfelden - Die evangelische Kirchengemeinde Leinfelden-Unteraichen ist derzeit aus zwei Gründen eine Besonderheit: Haben bis zum 31. Juli noch drei Pfarrer Dienst getan, ist seit dem 1. August nur noch die Pfarrerin Margrit Schmid im Amt. Das Pfarrerehepaar Marcus und Annegret Bogner, das in der Leinfeldener Peter-und-Paul-Kirche tätig war, hat sich versetzen lassen. Außerdem ist der Kirchengemeinderat, der mit den Pfarrern zusammen die Gemeinde leitet, nicht mehr im Amt: Neun von 16 Mitgliedern hatten um ihre vorzeitige Entlassung gebeten.

Die Entscheidung, sich versetzen zu lassen, gab das Ehepaar Bogner in der Kirchengemeinderatssitzung bereits am 3. Mai bekannt. „Eine konstruktive Zusammenarbeit in der Gemeinde war nicht mehr möglich“, sagt Marcus Bogner auf Nachfrage. Schwierigkeiten habe es zwischen ihm und seiner Frau auf der einen Seite und der Pfarrerin Schmid auf der anderen Seite gegeben. Im Frühjahr haben sich Bogners dann entschlossen, um Versetzung zu bitten. „Solch ein Schritt ist eine schwere Entscheidung. Es fiel uns alles andere als leicht“, sagt Bogner. Die Probleme in der Zusammenarbeit hätten sich entwickelt. „Es gab kein einzelnes Erlebnis, das uns zu unserem Entschluss führte. Es hat sich aufsummiert.“

Dekan Kiess: Versetzungsbitte ist absolute Ausnahme

„Eine Versetzungsbitte innerhalb der Kirche ist eine absolute Ausnahme. Das kommt so gut wie nie vor“, sagt der Dekan Rainer Kiess vom Evangelischen Kirchenbezirk Bernhausen. Er führt dort die Aufsicht über die Pfarrer und Gemeinden. „Dass sich ein Kirchengemeinderat auflöst, kommt auch sehr selten vor. In meiner Amtszeit ist es im Bezirk des erste Mal.“

Marcus Bogner berichtet, dass auch die Zusammenarbeit mit Teilen des Kirchengemeinderats schwierig gewesen sei und es Polarisierungen gegeben habe. „Die Atmosphäre war zuletzt nicht mehr von Vertrauen geprägt.“

Neun von 16 Kirchengemeinderäten bitten um Entlassung

Ende April hatte das erste Mitglied des Kirchengemeinderats um Entlassung gebeten. Nachdem bekannt wurde, dass Bogners gehen möchten, legten acht weitere ihr Amt nieder. „Wenn mehr als die Hälfte des Gremiums zurücktritt, ist dieses nicht mehr legitimiert“, sagt Kiess mit Verweis auf die Kirchengemeindeordnung. Es werde aufgelöst. Von den früheren 16 Kirchengemeinderäten wollten sich einige zu den Vorgängen äußern, allerdings nicht mit Namensnennung. „Ich bin sehr enttäuscht, dass Bogners gehen, weil ich sehr zufrieden mit ihnen war“, sagte eine Frau. Wie ihr gehe es vielen anderen. Sie sei zurückgetreten, um den Weg für den Neuanfang frei zu machen. Sie habe bemerkt, dass die Zusammenarbeit zwischen den Pfarrern nicht gut gelaufen sei. Ein Mann, der nicht zurückgetreten ist, sagte dagegen: „Wir können uns keinen Reim darauf machen, warum Bogners gehen. Da hätten wir gerne Transparenz.“ Ein anderer sagte: „Wir waren uns bis zur vorletzten Sitzung im Rat einig. In der letzten kam es zur Trennung.“ Es habe jedoch keine Spaltung gegeben. Pfarrer Bogner sieht das anders: „Es gab einstimmige Beschlüsse. Aber die Probleme waren da. Man ist einfach nicht ans Eingemachte gegangen.“

Dekan Kiess wird deutlicher: „Die Schwierigkeiten gibt es nicht erst seit dem Dienstantritt Bogners. Das geht länger zurück.“ Das Ehepaar sei „um eine gute Zusammenarbeit bemüht“ gewesen. „Damit will ich aber nicht unterstellen, dass Frau Schmid das nicht auch war.“ Schon vor einem Jahr waren Kiess und ein Vertreter des Oberkirchenrats wegen Problemen in der Gemeinde zu einer außergewöhnlichen Visitation. „Ziel war es, die Dinge wesentlich zu verändern“, so Kiess.

Unterschriftenaktion in der Kirche

Was offensichtlich nicht nachhaltig gelungen ist. In der Gemeinde gab es schließlich eine Unterschriftenaktion, in der Oberkirchenrat Wolfgang Traub und Prälat Ulrich Mack zum Handeln aufgefordert werden: „Wir bitten Sie, einen Neuanfang zu ermöglichen und dafür umgehend Schritte in die Wege zu leiten“, heißt es dort. Mack sprach auf Anfrage von mehr als 300 Unterschriften, die er in Empfang genommen und an Oberkirchenrat Traub weitergegeben hat. Aus einem Schreiben an Mack geht hervor, dass Pfarrerin Schmid über den Inhalt der Unterschriftenaktion nicht informiert war.

Teil des Problems sind offenbar mehrere Personalwechsel in der Gemeinde. So hatten die Kindergartenleiterin und die Kantorin gekündigt. Nach der Kündigung der Kindergartenleiterin wechselte die Zuständigkeit für den Kindergarten von Schmid zu Marcus Bogner. Kiess: „Die Kündigung hatte mit Frau Schmid zu tun. Es gab erhebliche Schwierigkeiten.“ Zur Kündigung der Kantorin könne er nichts sagen. Pfarrerin Schmid ist derzeit im Urlaub und war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Die Ortskirchliche Verwaltung übernimmt Aufgaben

Kiess nahm am 20. Mai Stellung in den Gottesdiensten in Unteraichen und Leinfelden und bemühte sich um Schlichtung: „Ich bitte Sie, trotz aller Differenzen und trotz aller Enttäuschungen menschlich miteinander umzugehen, mit Pfarrerin Schmid, mit den ehemaligen Mitgliedern des Kirchengemeinderats und mit allen, die an diesem Konflikt beteiligt sind.“ Seit dem 4. Juli ist eine Ortskirchliche Verwaltung im Dienst, die von der Landeskirche eingesetzt wurde. Kiess sagt, er bedauere sehr, dass Bogners gehen. „Die Leute schätzen sie. Ich habe versucht, sie zu halten.“ Marcus Bogner sagt, er und seine Frau hätten nichts unversucht gelassen, den Konflikt zu lösen. „Ich hoffe, dass die Gemeinde einen Neuanfang schafft.“ Das Ehepaar übernimmt keine neue Gemeinde. Marcus Bogner will sich auf die Tätigkeit als Religionslehrer konzentrieren. Annegret Bogner widmet sich der Altenseelsorge. Vertretungen übernehmen zurzeit die Seelsorge.