Georg Schützler will Seminare veranstalten und Bücher schreiben. Foto: factum/Granville

Ihm ist gelungen, wovon viele Kirchenleute nur träumen können: Georg Schützler hat zum Gottesdienst in die Friedenskirche eingeladen und Hunderte sind gekommen. Seine Nachteulengottesdienste sind berühmt und auch nach 20 Jahren noch immer sehr gut besucht. Nun geht der Citypfarrer in den Ruhestand.

Ludwigsburg - Ihm ist gelungen, wovon viele Kirchenleute nur träumen können: Georg Schützler hat zum Gottesdienst in die Friedenskirche eingeladen und Hunderte sind gekommen. Sein Geheimnis besteht in einer Mischung aus Liturgie und Gesang, die er mit Formen von Meditation, Bewegung und einem populärwissenschaftlichen Vortrag anreichert. Genannt: Nachteulengottesdienst. Und diese Idee hat nicht nur ein Strohfeuer entzündet, sie zündet auch nach 20 Jahren noch. Allerdings bald ohne deren Erfinder: Pfarrer Georg Schützler geht in den Ruhestand.

Freche Ansage

Das von ihm 1996 angeschubste Experiment habe so nur im relativ freizügigen Klima der Ludwigsburger Kirchen gedeihen können, glaubt Schützler, der 1994 Pfarrer an der Friedenskirche wurde. Denn anfangs musste er gegen viele Anfeindungen aus Kirchenkreisen kämpfen, und auch heute noch schwanken die Reaktionen der württembergischen Kirchenobrigkeit meist nur zwischen Skepsis und Indifferenz. Man lässt ihn gewähren, weil er sehr erfolgreich ist. Nachahmer für die Nachteulengottesdienste gibt es mittlerweile jede Menge: Etwa in Berlin, Hamburg, Flensburg, Gotha oder Leipzig. „Die EKD (Evangelische Kirche Deutschland) ist neugieriger, die württembergische Kirche interessiert sich nicht so sehr“, sagt Schützler.

Eigentlich sei das ja damals eine freche Ansage gewesen, schon wegen des Namens, meint der Citykirchenpfarrer. „Schließlich verbindet man die Bezeichnung Nachteule eher mit dem Rotlichtmilieu.“ Aber darin enthalten sei neben dem nachtaktiven Treiben auch die Symbolik der Eule, die wechselweise für Weisheit, Geheimnis oder den Schöpfungsmythos stehen kann.

Nach Ansicht Schützlers leiden die Menschen heute vor allem an zwei Dingen: „Da ist einmal diese ständige Unruhe und – das korrespondiert damit – es fehlt eine innere Mitte.“ Das führe zu einem starken spirituellen Bedürfnis, verbunden mit dem Wunsch nach sinnlicher Erfahrbarkeit. Sichtbar mache das die massenhafte Hinwendung zu Esoterik, Yoga oder irgendwelchen asiatischen Heilslehren. Diese Sehnsucht könne er gut verstehen, sagt Schützler. Allerdings glaubt er, dass die christlichen Kirchen die besseren Antworten haben. Das jedoch nur, wenn sie ihr Spektrum um therapeutische und psychologische Ansätze erweiterten.

Alles Dinge, die sich der 1951 in einem kleinen Ort bei Hamburg geborene Pfarrer als Zusatzqualifikationen angeeignet hat. Wie sich überhaupt sein Werdegang von dem eines klassischen Pfarrers unterscheidet. Sein Weg führte zunächst über die Arbeit an Kultur- oder Jugendprojekten bei Freikirchen. Erst Ende der achtziger Jahre wurde er Pfarrer in der Landeskirche. Seine erste Pfarrstelle trat er 1988 in Besigheim an. So spreche er zwar nicht die obligatorischen Kirchensprachen wie Altgriechisch oder Hebräisch, wisse aber, wie die Menschen heute sprechen. Und er wünscht sich, dass auch andere in der Kirche „die Sprache auf das Existenzielle herunterbrechen“. Bisher seien die Kirchen zu sehr „Verwalter des Systems“ und ihre Sprache so formelhaft, dass sie viele Menschen eher abschrecke: „Aber Jesus ist der Glutkern des Christentums, und um diesen Glutkern muss es gehen. Ich will nicht die Asche verwalten“, sagt Schützler.

Ideen für Aufsätze und Bücher

Die von ihm entwickelte Form des Nachteulengottesdienstes sei ebenso wie das 2007 neu geschaffene Amt eines Citypfarrers inzwischen stabil und stringent genug, um ohne ihn zu funktionieren: „Das ist so gut eingeführt, dass das andere übernehmen können“, sagt er. Wer ihm im Amt des City- und Friedenskirchenpfarrers folgt, ist inzwischen entschieden, der Name aber wird noch unter Verschluss gehalten.

Schützler macht keinen Hehl daraus, dass er ungern geht. Das einzig Gute daran sei, dass er künftig frei sei von Gremiensitzungen und den überhandnehmenden Verwaltungsaufgaben. „Ich werde aber weiterhin für Vorträge oder Seminare zur Verfügung stehen, Moderationen machen und beratend tätig sein“, sagt er. „Ich werde in Ludwigsburg bleiben und ein eigenes Büro haben.“ Zu den Plänen gehört auch das Verfassen theologischer Schriften. Da gebe es noch einige Fragen, mit denen er sich gerne beschäftigen möchte, und mindestens eine konkrete Buchidee. Am Sonntag, 17. Juli, wird Georg Schützler mit einem Gottesdienst in der Friedenskirche verabschiedet.