Die Preise für Räucherfisch sind laut Statistischem Bundesamt seit Ende 2012 um über 30 Prozent gestiegen, besonders stark in diesem Jahr Foto: dpa

Aquafarmen leiden unter der Lachslaus. Da Chemikalien nicht ausreichen, setzen die Züchter auch auf Fischarten, die die Läuse fressen. Doch das ist aufwendig und teuer – und das bekommt der Verbraucher zu spüren.

Rostock - Es ist wieder die Zeit für Lachshäppchen. Zarter Fisch auf knusprigem Toast, dazu ein Klecks Meerrettich – so kann das alte Jahr zu Ende gehen. Das Problem ist nur: Dem Lachs geht es derzeit überhaupt nicht gut. Den Fisch plagen die Läuse. Und das ist eine äußerst unappetitliche Angelegenheit: Denn die Parasiten heften sich mit ihren Antennen an den Fisch und ernähren sich dort von Haut, Blut und Körperschleim. Bevorzugt leben die Parasiten auf dem Kopf, wo sie Löcher in die Haut fressen. Durch die Wunden sind die Fische anfällig für Infektionen – viele Tiere verenden qualvoll. So ist der Kleinkrebs zum Riesenproblem für die Fischindustrie und Verbraucher geworden.

Verbraucher müssen für Lachs deutlich mehr zahlen

Denn die Lachslaus ist ein Grund dafür, dass die Lachsproduktion im Jahr 2016 weltweit eingebrochen ist und sich auch in diesem Jahr noch nicht vollständig erholt hat. Weil gleichzeitig die Nachfrage wächst, sind die Preise in den vergangenen zwei Jahren gestiegen. Zudem ist die Bekämpfung des Schädlings überaus aufwendig und teuer. Die Folge: Verbraucher müssen für Lachs, den am meisten gegessenen Fisch in Deutschland, deutlich mehr zahlen.

So sind die Preise für Räucherfisch laut dem Statistischen Bundesamt seit Ende 2012 um über 30 Prozent gestiegen, besonders stark in diesem Jahr. Ende 2016 kostete die 200-Gramm-Packung beim Discounter 3,29 Euro, momentan sind es 4,29 Euro. Für Markenprodukte zahlt der Kunde meist zwischen vier und fünf Euro pro 100 Gramm.

Norwegen ist mit Abstand der größte Produzent weltweit

Der Lachs, den es hierzulande zu kaufen gibt, stammt größtenteils aus Norwegen. Dort wird er in Aquafarmen gezüchtet. Eine Farm besteht aus mehreren großen Netzgehegen, die am Meeresboden verankert sind und in denen Hunderttausende Lachse gleichzeitig leben. Über 400 Millionen Zuchtlachse schwimmen in den norwegischen Fjorden in Käfigen – das Land ist mit Abstand der größte Produzent weltweit.

Läuse sind für den Menschen ungefährlich

„Lachsläuse kommen auch bei wild lebenden Lachsen vor, ein paar schädigen den Wirt nicht“, sagt Harry Palm, Professor für Aquakultur und Sea-Ranching an der Universität Rostock. Doch in den dicht gedrängten Netzgehegen finden sie leicht und viel Beute und können sich dort sehr gut vermehren. Bei starkem Parasitenbefall wachsen die Lachse deutlich langsamer und sind anfälliger für Krankheiten. 2016 verendeten 53 Millionen Tiere in den norwegischen Aquakulturen. Immerhin: Gefährlich für den Verbraucher ist die Lachslaus nicht. Die Lachse würden in der Verarbeitung eine Entschuppungsanlagen durchlaufen, erklärt Palm. „Da verschwinden alle Läuse.“

Betriebe werden streng überwacht

Weil gleichzeitig eine Algenpest in Chile, dem zweitgrößten Lachsproduzenten, erhebliche Schäden in den Farmen anrichtete, ging die Menge an verfügbaren Lachs deutlich zurück. Auch 2017 hat sich laut Welternährungsorganisation die Produktion von dem Einbruch nicht erholt. Nach dem Erdöl ist die Lachszucht der zweitwichtigste Wirtschaftszweig Norwegens. Über 1,2 Millionen Tonnen Lachs wird dort jedes Jahr hergestellt, die Fischindustrie macht Milliardenumsätze.

Wegen dieser immensen Bedeutung drängt der Staat die Züchter, das Problem mit der Lachslaus in den Griff zu bekommen. Jede Woche werden die Fische in den Farmen auf den Befall mit Läusen untersucht. Diese Daten müssen an die Behörde gemeldet werden und sind im Internet einsehbar. Sobald mehr als 0,5 weibliche Lachsläuse auf einem Fisch leben, müssen die Betreiber handeln. Erlaubt ist auch der Einsatz von Arzneimitteln und Chemikalien. So mischen die Züchter dem Futter Anti-Laus-Medikamente bei. Und in speziellen Tanks werden die Lachse mit Wasserstoffperoxid entlaust. Dabei gibt es strenge Vorgaben. „Der Staat achtet stark darauf, was dort mit den Lachsen und der Lachsindustrie passiert“, sagt der Experte. Die Anlagenbetreiber müssen sicherstellen, dass keine Rückstände im Fisch sind.

Hersteller setzen auf ökologische Methoden

Doch sei der Medikamenteneinsatz häufig nicht ausreichend, da die Läuse sehr schnell Resistenzen entwickeln würden, erklärt Palm. Daher setzen mehr als die Hälfte der Lachs produzierenden Betriebe in Norwegen mittlerweile auf biologische Methoden. Die Fische werden zum Beispiel in Tanks mit Süßwasser oder Warmwasser gesetzt, in denen der Parasit nicht überleben kann. In speziellen Anlagen werden die Läuse mit harten Wasserstrahlen von der Oberfläche gespritzt. Auch spezielle Netze sollen den Schädling fernhalten.

Der natürliche Feind der Lachslaus ist der Putzerfisch

Zudem setzen die Betreiber auf den natürlichen Feind der Lachslaus, auf Putzerfische. Diese Fische fressen die Läuse von der Oberfläche ab. Bis zu 200 Läuse am Tag schafft ein Putzerfisch. Im Süden Norwegens werden Lippfische eingesetzt, im kälteren Norden Seehasen. Für diese Tiere gibt es mittlerweile extra Zuchtstationen. Rund 20 Millionen Lippfische werden für die Lachsfarmen benötigt. All diese Maßnahmen sind aufwendig. „Zwischen zehn und zwanzig Prozent der Produktionskosten vom Lachs sind auf die Kontrolle dieses Parasiten zurückzuführen“, sagt Palm. Das habe 2016 eine Summe von ungefähr 500 Millionen Euro ausgemacht. Doch die Anstrengungen zeigen Erfolge. Laut der norwegischen Lachsindustrie geht der Befall mit Lachsläusen zurück, obwohl weniger Medikamente und Chemikalien eingesetzt werden.