Die Linke hat sich klar positioniert. Foto: imago/Uwe/Steinert

Im April wird mit Ergebnissen der Arbeitsgruppen erwartet, die den Paragrafen 218 überprüfen. Dabei geht es auch um die Beratungspflicht.

Mit Spannung blickt das politische Berlin auf die für den April angekündigten Ergebnisse eines Gremiums mit einem komplizierten Namen: Die mit 18 Medizinethikern, Juristen und Ärzten besetzte „Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin“ teilt sich in zwei Arbeitsgruppen. Eine Gruppe beschäftigt sich mit ethischen Fragen der Leihmutterschaft. Die neunköpfige zweite Arbeitsgruppe, in ihr sind ausschließlich Frauen vertreten, soll „Möglichkeiten der Regulierung für den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches“ prüfen. So lautet der Auftrag der Bundesregierung.

In Deutschland ist der Abbruch der Schwangerschaft grundsätzlich rechtswidrig. Er bleibt ohne Strafe, wenn er in den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft vorgenommen wird. Die Schwangere muss sich vor einem Abbruch beraten lassen. Nicht rechtswidrig sind Abtreibungen nach einer Vergewaltigung und bei Gefahren für das Leben oder die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren.

Das Urteil von 1993

Die geltende Regelung wurde im Anschluss an eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahre 1993 getroffen, mit der eine nach der Wiedervereinigung eingeführte gesamtdeutsche Fristenlösung gekippt wurde. Das Urteil betonte die staatliche Verpflichtung das menschliche Leben – ausdrücklich auch das ungeborene – zu schützen. Die geltende Regelung ist ein Versuch, das Spannungsfeld zwischen dem Schutz ungeborenen Lebens und dem Selbstbestimmungsrecht der schwangeren Frau auszutarieren. Kernfrage der aktuellen Debatte ist, ob es sinnvoll ist, Entscheidungen in der menschlichen Notlage einer ungewollten Schwangerschaft zu kriminalisieren.

Das Thema ist derzeit international erneut heiß umstritten – mit gegenläufigen Tendenzen. In den USA tobt ein Kampf um das Thema Abtreibungen, der auch die kommenden Präsidentschaftswahlen beeinflussen wird. Der oberste Gerichtshof hatte 2022 das seit Jahrzehnten geltende Abtreibungsrecht gekippt. In der Folge haben einige konservative Bundesstaaten äußerst strenge Abtreibungsregeln erlassen. In Frankreich dagegen soll die Freiheit zum Schwangerschaftsabbruch in die Verfassung aufgenommen werden.

Die Ampelkoalition hat in dieser Wahlperiode bereits den Paragrafen 219a des Strafgesetzbuches abgeschafft, der die „Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“ unter Strafe stellte. Das führte dazu, dass Frauenärzte Strafen fürchten mussten, wenn sie öffentlich darüber informierten, Abbrüche durchzuführen. Ein wichtiger Punkt: Befürworter einer Entkriminalisierung der Abtreibung weisen darauf hin, dass Schwangere in Deutschland immer größere Schwierigkeiten haben, Ärzte und Kliniken zu finden, in denen ihnen geholfen wird, da die Mediziner rechtliche Probleme fürchten. Andere fühlen sich von aggressiven Abtreibungsgegner bedroht. 2003 registrierte das Statistische Bundesamt rund 2050 Praxen oder Kliniken, die Abbrüche vornehmen. Im dritten Quartal 2023 ist die Zahl auf 1103 gesunken.

Was wird aus der Beratungspflicht?

Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland lag in den vergangenen zehn Jahren stets um 100 000. Die Tendenz ist leicht steigend. Dass es zu einer gänzlichen Abschaffung des Paragrafen 218 kommt, gilt als extrem unwahrscheinlich. Auch innerhalb der Ampel gibt es dafür keinen Konsens, da die FDP dagegen ist. Unterhalb dieser Schwelle sind Änderungen zumindest vorstellbar. So wird mit Spannung erwartet, wie sich die Kommission zur Frage äußert, ob der Zwang zur Beratung weiter aufrecht erhalten bleiben soll. Kritiker argumentieren, dass die Beratungspflicht die Schwangeren in einer ohnehin belastenden Situation weiter unter Druck setze. In einem Positionspapier von Pro Familia, einer der Stellen, die gesetzliche Beratungen durchführen, heißt es: „Schwangere brauchen die Möglichkeit, ihre Fragen, Ängste und Zweifel in einer Beratungsstelle ihrer Wahl anzusprechen. Genauso brauchen sie das Recht, auf Beratung verzichten zu können, auch wenn sie die Schwangerschaft nicht fortsetzen wollen.“

Denkbar wäre auch, neu über Fristen nachzudenken. Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat sich dafür ausgesprochen, „Regulierungen des Schwangerschaftsabbruchs für bestimmte Konstellationen auch außerhalb des Strafrechts zu formulieren“ sowie für eine „abgestufte Fristenkonzeption“. Spätestens ab der 22. Schwangerschaftswoche „sollte ein Abbruch strafrechtlich geregelt und nur in klar definierten Ausnahmefällen zulässig sein“, heißt es in der Stellungnahme.