Das Valle de Antón in Zentralpanama: Üppige Landschaft in einem Kratergrund. Foto: Schmidt

Panama ist eine wuchernde Metropole mit Einkaufszentren und Wolkenkratzern, aber auch wilder Natur und echten Indianern.

Panama-Stadt - Liegt da eine Boa mitten auf dem Weg. Mindestens zwei Meter lang und dick wie ein Oberarm. Luis bewehrt sich mit einem gegabelten langen Ast, hievt die Schlange hoch. Aber sie entwindet sich ihm und verschwindet irgendwo im Tropenwald, der das kleine Dorf der Emberá-Indianer umgibt. Wahrscheinlich hatte der Regen sie hergetrieben. Der Fluss stieg schon hoch bis in die Mangobäume. Was, wenn er weiter anschwillt? Müssen die Dorfbewohner dann ihre palmgedeckten Hütten räumen? Luis Carlos Caberon, der Künstler, ist in Sorge. Wo nur Elvira bleibt, die Häuptlingsfrau. Sie war ganz früh morgens mit ihrer Tochter in den Einbaum gestiegen. Drüben in Gamboa, am anderen Ufer des schäumenden Chagres, hatten sie den Bus nehmen und nach Panama-Stadt fahren wollen. Es wird doch bald Abend. Auf so viel wilde Natur und leibhaftige Indianer zu treffen: Damit rechnet man nicht unbedingt in Panama. Und schon gar nicht damit, dass das Dorf im Dschungel so nah dran ist am Kanal, diesem technischen Wunderwerk.

Alles nur Fake für den Touristen?

Aber viele haben gar keine rechte Vorstellung von diesem südlichsten Land Mittelamerikas. Außer dass es schön sein muss und nach Banane riecht, wie Janosch in seinem Kinderbuch erzählt. Gerade deshalb sollte man hin, mit einer konkreten Frage im Kopf: Gibt es da überhaupt noch etwas jenseits des Kanals? Die Antwort ist schnell klar: Oh ja! Weil diese am stärksten befahrene Handelsroute der Welt alle Aufmerksamkeit an sich zieht, geht die großartige Vielfalt von Panama bisher einfach darin unter. Es ist ein Mikrokontinent, kaum größer als Bayern, der aber zwei Weltmeere und drei Millionen Einwohner aus aller Herren Länder verbindet. Wer eintaucht, erlebt ein Kaleidoskop von ganz Südamerika. Morgens am pazifischen Strand eines All-inclusive-Hotels dösen und mittags Cowboys in verschlafenen Kolonialdörfern treffen, tauchen im karibischen Blau und später Vögel beobachten im Nebelwald zerklüfteter Gebirge. Wo geht das alles, ohne große Entfernungen zurückzulegen? Zwei Stunden später in Panama-Stadt in einem schicken Restaurant. Gegrillte Scampi und Salsa-Musik. Eine völlig andere Welt. Das wäre nichts für Elvira Caprera, die schöne Häuptlingsfrau des Emberá-Dorfes.

Den Göttern sei Dank, war sie rechtzeitig vor der Nacht aus der Stadt zurückgekommen. Sie trug Jeans und T-Shirt. Keinen Lendenschurz und bunte Röckchen, wie ihre Leute im Dorf. Also doch nur Fake für die Touristen? Okay, okay, sie schummeln schon ein wenig für die zahlenden Besucher, gibt Elvira lächelnd zu. Und tanzen und kochen extra für sie und bemalen ihre Haut mit einem Bambuspinsel und dunkelbraunem Pflanzensaft. „Aber wir tun das auch für uns zu besonderen Gelegenheiten. Wir haben unsere Heiler und unsere Sprache. Weil wir nicht vergessen wollen, wer wir sind und woher wir kommen. Deshalb haben wir uns bewusst dazu entschieden, im Regenwald zu leben. Hier fühlen wir uns wohl und kämpfen um unser Land.“

Um kein Geld der Welt würden sie nach Panama-Stadt gehen

Auch wenn sie es bedroht sehen durch den Ausbau des Kanals, der zum 100-Jährigen 2014 fertig sein soll. Um kein Geld der Welt würden sie nach Panama-Stadt gehen, so Elvira zum Abschied. „Wir würden verschwinden. Zu voll, zu stressig, zu umtriebig, zu viele Versuchungen.“ Gerade das begeistert Eric Theise an dieser Stadt. „Hier herrscht eine Aufbruchstimmung, die jeden mitreißt“, sagt der Amerikaner. Und murmelt im Takt „Wild Wild West“, während er einen Cocktail nach dem anderen mixt. Alle Ausländer landen irgendwann zum Absacker in seiner Bar „Mojitos sin Mojitos“: Ein verwunschener Garten mit einfachsten Tischen und Stühlen, zerbröselnde dicke Steinwände mit eleganten Arkaden, ein Wellblechdach. Das Gebäude war vor Hunderten von Jahren ein öffentliches Bad und dann lange dem Verfall preisgegeben, bevor Eric es aus seinem Dämmerschlaf riss.

Ohne zu zögern, hat der Mittvierziger seine Kleiderfabrik in New York eingetauscht und sich hier niedergelassen. Nein, nicht im modernen, wuchernden Teil der Stadt mit Shopping-Malls und Wolkenkratzern - reich geworden durch den Kanal und oft dubiose Geldgeschäfte. Sondern mitten im Casco Viejo, dem alten Viertel. Morbide, spannend und auf seine Weise reizvoll. Eine Schatztruhe, die überquillt vor Residenzen, Adelshäusern und Großgrundbesitzer-Villen im französischen und spanischen Kolonialstil, vor Kirchen und Klöstern, Festungsmauern. An vielen Ecken leider sehr heruntergekommen und völlig verblasst, an anderen wunderbar aufpoliert. Auf dem mit rotem Ziegelstein gepflasterten Platz vor Erics Bar ist alles schon tipptopp. Das Gotteshaus strahlt blütenweiß. Ein barocker Springbrunnen plätschert vor sich hin. Und vor den Straßencafés bringen feurig dreinblickende Mariachi-Musiker Touristen ein Ständchen. Der Ernennung zum Weltkulturerbe sei Dank. „Kommt in zwei Jahren wieder, dann sieht die Umgebung schon wieder ganz anders aus“, sagt Eric. Er zeigt auf ein reich mit Stuck verziertes Palais, aus dessen leeren Fensterhöhlen Geier glotzen. Dort ziehe eine Brauerei ein. In das Haus gegenüber mit völlig verrotteten schmiedeeisernen Balkonen und Treppen habe sich ein Gastronom verliebt. Und aus dem Gerippe daneben werde wieder das Grand Hotel. Die Fassade schmeichelt bereits in pudrigem Vanille. „All das“, sagt Eric „ist der Spirit von Panama. Für mich ist das am schönsten.“

Das wird man noch oft hören von den Panamesen links und rechts des Kanals. Ob in La Pintada, einem Bauernnest mit kolonialem Flair im Landesinnern, wo Hutmacher von Hand die echten Panamahüte herstellen und hellhäutige Frauen wie im alten Spanien mit wallender Spitzentracht auf Umzügen tanzen. Oder am karibischen Ende des Kanals. Die Verbindung zwischen den beiden Weltmeeren schafft die nostalgische Eisenbahn in einer Stunde. In Portobelo, dort, wo die Afrokariben leben, kann man in palmgedeckten Restaurants Fisch essen und weiße Strände in der Sonne glitzern sehen. Und wieder seufzen: „Oh, wie schön ist Panama.“

Infos zu Panama

Anreise
Condor, www.condor.com , fliegt im Winterflugplan montags und donnerstags ab Frankfurt direkt nach Panama-Stadt, einfache Strecke ab 369 Euro.

Reisezeit
Panama hat tropisches Klima. Dezember bis April sind die trockensten Monate, dann kommen auch die meisten Touristen, aber auch in der Regenzeit regnet es meist nur stundenweise am Nachmittag.

Unterkunft/Veranstalter
Thomas Cook, www.thomascook.de , bietet eine achttägige große Panama-Rundreise ab 1158 Euro an - und für Individualreisende nur Hotels (z. B. das empfehlenswerte Gamboa Rainforest Resort, www.gamboaresort.com ). Auch Tui, www.tui.com , hat Panama im Programm. Wer einen Badeaufenthalt anhängen will: Z. B. mit Neckermann, www.neckermann-reisen.de , ist ein Anschlussaufenthalt auf der traumhaft schönen Karibikseite möglich, und zwar auf der Isla Colón, der größten der vorgelagerten Inseln der Bocas del Toro; noch schöner ist es, sich dort selbst eine Unterkunft zu suchen, die Auswahl ist groß, freie Zimmer sind immer zu finden.

Allgemeine Informationen
Panama Tourism Bureau, P.O. Box 4421, Panama City 5, Panama, www.visitpanama.org , www.info-panama.com