Die Waldorflehrer präsentieren während der Tagung ihre Werke aus Holz. Foto: Horst Rudel

Knapp 200 Pädagogen aus dem In- und Ausland haben sich in der Freien Waldorfschule Engelberg in Winterbach zu einer bundesweiten Tagung getroffen. „Wir formen schöne Dinge“, sagte einer der Lehrer, zum Beispiel Kochlöffel aus Holz. Aber diese eigenhändig geschaffenen Gegenstände seien im Grunde nur „die Nebenprodukte“.

Winterbach - Ein Teil des Parkplatzes der Waldorfschule Engelberg in Winterbach hatte sich in einen Campingplatz für Wohnmobile verwandelt. In vielen Klassenzimmern standen während der ersten Tage der Osterferien Feldbetten. Und in der Küche war ordentlich Betrieb, obgleich die Schüler doch frei haben. Am Mittwoch haben nun knapp 200 Waldorf-Werklehrer aus ganz Deutschland und einigen anderen europäischen Ländern die Ergebnisse ihrer mehrtägigen Tagung präsentiert.

 

Der künstlerische und musische Unterricht spielt an allen rund 1200 Waldorfschulen weltweit eine größere Rolle als an den allermeisten anderen Bildungseinrichtungen. „Hand und Hirn gehören zusammen“, sagte Herbert Pauli. Der 59-jährige Werklehrer und Keramikmeister ist einer der Organisatoren der Mammuttagung, er unterrichtet seit elf Jahren an der freien Schule in Winterbach-Engelberg. Wer sich handwerklich betätige, der fördere die Synapsenbildung, sagte Pauli, und es entwickelten sich andere Regionen des Gehirns als beim sturen Pauken. „Wir formen schöne Dinge, zum Beispiel Kochlöffel aus Holz“, aber diese eigenhändig geschaffenen Gegenstände seien im Grunde nur „die Nebenprodukte“, so Pauli.

Werken und Physik lassen sich gut kombinieren

Am Mittwochmittag präsentierten die Pädagogen in der Aula diese Nebenprodukte, und sie erzählten was sie in den Fortbildungskursen erlebt, erfahren und gelernt haben. Die Arbeit an sogenannten Klanghölzern sei „meditativ“, sagte einer der Kursteilnehmer. Wer mit Holz arbeite, „der kommt runter“. Viele hätte beim Handtieren mit Holz „ihre Seele formatiert“.

Ein anderer Lehrer berichtete, was ihm beim Herstellen von kleinen, beweglichen Figuren aus Sperrholz aufgegangen sei: „Werken und Physik lassen sich gut kombinieren.“ Künstlerisches Arbeiten fördere ganz nebenbei das Verständnis für Technik. Eine Lehrerin sagte, ihr Dozent habe sie während der tollen Tage in Engelberg regelrecht „verzaubert“. Beim Malen riesiger Bühnenbilder, so ein weiterer Teilnehmer, komme man in kürzester Zeit zu Ergebnissen. Ganz anders sei das beim Goldschmieden, berichtete eine Lehrerin. Man benötige eine Eselsgeduld und Stehvermögen.

Dem Holz beibringen, ein Bogen zu werden

Eine Werklehrerin sagte, sie habe gelernt, „dem Holz beizubringen, ein Bogen zu werden“. Eine andere Frau erklärte, das Schnitzen einer Schale aus Holz habe aus ihr, „der cholerischen Person“, vorübergehend eine phlegmatische gemacht. Wieder eine andere Pädagogin hat das Lernen im Goldschmiedekurs als interessanten Rollentausch erlebt. Sie, die Schülerin, habe dem Lehrer Fragen gestellt, die dieser mitunter gar nicht beantwortet habe. Die Werklehrer wollen ihre neuen Erfahrungen jetzt im Unterricht anwenden.

Einmal im Jahr geht so eine Tagung der Werklehrer in einer der großen Waldorfschulen über die Bühne. 2018 trifft man sich in Hamburg, 2019 in Finnland, in dem nordeuropäischen Land sollen „100 Jahre Waldorfpädagogik“ groß gefeiert werden. Alle in Engelberg versammelten Lehrer wurden aufgefordert, sich doch bitte Vorschläge für die Feier des runden Geburtstags einzubringen. Eine Idee gibt es bereits: Unter dem Motto „Ein Klang geht um die Welt“ sollen in möglichst vielen Schulen Klanghölzer hergestellt werden. Diese sollen dann in Finnland bei einem großen Konzert ertönen. Das wird ganz bestimmt wieder eine meditative Veranstaltung – für die Werklehrer und deren Gäste.