Die undatierte historische Aufnahme zeigt den deutschen Reichskanzler Otto von Bismarck (1815-1898). Foto: dpa

Bevor er zum Eisernen Kanzler wurde, war Otto von Bismarck ein fauler Student, der gern Karten spielte, trank und gewagte Kleidung trug. Solche und andere Anekdoten plaudert Waltraut Engelberg, Witwe des Bismarck-Forschers Ernst Engelberg, in ihrem neuen Buch „Das private Leben der Bismarcks“ aus.

Frauen

Was überehrgeizige Fußballmütter heute sind, war Wilhelmine Louise von Bismarck (1789–1839) vor 200 Jahren. Früh beschloss sie, die schlaue Gesellschaftsdame, ihr Sohn Otto solle ein „wohlbestallter Regierungsrat“ werden. Kurz vor seinem siebten Geburtstag schickte sie ihn in die „Plamannsche Erziehungsanstalt“, die das Kind, das am liebsten im Wald spielte, wie ein Zuchthaus empfand. Bismarck habe sich später ein „Gegenbild zu seiner Mutter“ als Ehefrau gesucht, schreibt Engelberg, „eine warmherzige Gefährtin und eine gütige Mutter für die Kinder“. Er fand sie mit 31 Jahren und nach einigen Affären sowie einer unglücklichen Liebe in der pommerschen Pietistin Johanna von Puttkamer (1824–1894). Sie war zwar nicht schön und elegant, aber warmherzig und treu und schaffte ihrem „Bismärckchen“ 48 Jahre lang das Heim, das er als Kind vermisst hatte.

Wilde Jahre

„Ich werde entweder der größte Lump oder der erste Mann Preußens“, sagte Bismarck während seiner Studentenzeit in Göttingen. Statt durch gute Studienleistungen in Jura fiel der „tolle Junker“ durch extravagante Kleidung (gelbe Anzüge), Trinkfestigkeit und Schuldenmachen auf. Ein „arges Leben“ sei das gewesen, sagte er selbst im Rückblick über diese Zeit, in der er sich aber durchaus auch mit Literatur, Geschichte und Erdkunde beschäftigte. Den studentischen Lebenswandel behielt er lange bei. Als preußischer Ministerpräsident schlief er in den Tag hinein. Erst ab Nachmittag wurde Politik gemacht, um 17 Uhr mit der Familie diniert, um dann bis weit nach Mitternacht dienstliche Besprechungen zu führen. Erst die Ärzte brachten ihn von dem ungesunden Rhythmus ab.

Vater-Sohn-Konflikt

Drei Kinder – Marie, Herbert und Wilhelm – hatten Johanna und Otto von Bismarck. Um Herbert schien sich der Vater besonders zu sorgen. Als er nach der Schlacht von Königgrätz 1866 über das Feld mit Leichen ritt, sagte Bismarck zu seinem Freund Robert von Keudell: „Wenn ich daran denke, dass künftig einmal Herbert auch so daliegen könnte, da wird mir doch schlecht.“ Der Sohn folgte dem Vater in die Politik, wurde Diplomat, enger und treu ergebener Vertrauter Bismarcks. Als sich Herbert in die Fürstin Elisabeth von Carolath-Bethen verliebte, kam es zum großen Streit. Der Vater war aus vielen Gründen gegen die Verbindung: Die Fürstin war Katholikin, Hocharistokratin und außerdem mit politischen Gegnern Bismarcks in Kontakt. Dazu war sie geschieden und älter als Herbert. Wahrscheinlich fürchtete Otto auch, einen Vertrauten zu verlieren, er drohte Herbert damit, sich umzubringen und ihn zu enterben, wenn er Elisabeth heirate. Herbert verließ die Fürstin schließlich.

Gefühlsmensch

Ein ausgeglichener Mensch war der Eiserne Kanzler nicht. In Zeiten großer Anspannung ließ er seinen Zorn an anderen aus, ging Türe schlagend aus dem Raum, bekam Weinkrämpfe, Erschöpfungszustände. Er war eher ein Pessimist denn ein Optimist. An entscheidenden Lebensabschnitten sei er in „ernster, fast banger Stimmung gewesen“, schreibt Engelberg. Vor allem nachdem er 1862 Ministerpräsident Preußens wurde. An Johanna schrieb er in dieser Zeit: „Ich erschrecke jedes Mal, . . . wenn ich des Morgens erwache. Aber es muss sein.“

Austern und Champagner

Auch seine Trinkfestigkeit und Liebe zum guten Essen hat sich Bismarck aus der Studentenzeit bewahrt. Nach eigenen Angaben aß er einmal 175 Austern am Stück. Vom Kaviar konnte er ein halbes Pfund verdrücken. Einem Gast mit schwerem Kopf riet er: „Ein sehr gutes Mittel gegen Kater ist: eine ganze Flasche Champagner auf einmal auszutrinken. Und ich empfehle Ihnen einen salzigen Hering.“ Waltraut Engelberg beschreibt eine Bahnfahrt Bismarcks mit dem Geheimrat Tiedemann nach Berlin. Als Reiseproviant hatte er unter anderem dabei: einen halben Hasen, zwei gebratene Rebhühner, eine Rehkeule, verschiedene Würste. Dazu Bier, Rotwein, Portwein, Nordhäuser und Kognak.