Dieter Foto: Horst Rudel

Die Deutsche Orchideen Gesellschaft Württemberg hat ihren Sitz in Esslingen. Wir fahndeten in den Gewächshäusern nach den verborgenen Blumen-Schönheiten.

Esslingen - Die erste Orchidee, für die sich Dieter Göhring interessierte, steckte im Brautstrauß seiner Frau. Doch nicht nur jene Liebe hielt ein Leben lang, auch die zu den Blumen.

Zwei Gewäschhäuser hat sich der Esslinger in den Garten gestellt, die er zusammen mit seiner Frau Ingrid bewirtschaftet. Darin zieht er Pflanzen, die regelmäßig auf Ausstellungen Preise einheimsen und weiter dafür sorgen, dass die in Esslingen beheimatete Württembergische Landesgruppe der Orchideen-Gesellschaft die bedeutendste in Deutschland bleibt.

Jahrzehnte bevor die großblütigen Orchideen Mode wurden und in jedem Gartenmarkt für wenig Geld zu haben waren, hat Dieter Göhring Orchideen gezüchtet. „Großtechnische Vermehrung“, meint er zu den Baumarkt-Orchideen, sonst könne man sie nicht so billig anbieten.

Die kleintechnische Vermehrung wird nach wie vor von seinen Vereinskameraden in Esslingen kultiviert. Die meisten tropischen Orchideen wachsen nicht auf dem Boden, sondern als sogenannte Epiphyten auf Bäumen. Dort halten sie sich mit ihren starken Wurzeln in der Baumrinde fest und leben vom Regenwasser, dass den Baum hinunter rinnt sowie den Nährstoffen, aus der zersetzen Baumrinde. Damit nicht etwa schädliche deutsche Pilze die Tropenblumen fressen, werden sie in steriler Umgebung in Erlenmeyer-Kolben großgezogen. Und dann muss der Orchideen-Freund noch vier bis sieben Jahre warten, bevor er die erste Blüte zu Gesicht bekommt.

In Göhring s Gewächshaus blüht immer etwas. Inzwischen ist Dieter Göhring Rentner, doch früher führte ihn sein erster Gang nach der Arbeit stets ins Gewächshaus, wo er in stummer Zwiesprache mit den Pflanzen den Arbeitstag hinter sich ließ, bevor er sich dem Familienleben widmete .

Die Orchideen bedürfen nicht ganz so viel Pflege, wie man gemeinhin annimmt. Ein Mal pro Woche gießen mit einem Drittel Regenwasser und zwei Dritteln Hahnenwasser, plus etwas leichtem Dünger, genügt. Weil die tropischen Orchideen, bedingt durch ihre Lebensweise, meist in Rindenstücken eingetopft sind, läuft das Wasser im Gewächshaus auf den Boden und kann an heißen Tagen auch für Verdunstungskälte sorgen.

Am heimischen Fensterbrett, wo man Wasser auf dem Fußboden eher vermeidet, lupft Dieter Göhring die Orchideen aus dem Übertopf und gießt die Pflanzen über einem Plastikeimer. Das überschüssige Gießwasser schüttet er weg. Denn die tropischen Prachtstücke sollten nicht im Wasser stehen, sonst faulen die Wurzeln.

Die schönste Pflanze in seinem Gewächshaus kommt aus Nepal und ist ein echter Wildfang. Vor vielen Jahrzehnten, als das Orchideen-Sammeln noch erlaubt war, hat sie ein mittlerweile verstorbener Vereinskollege aus dem Himalajagebirge mitgebracht. Coelogyne cristata heißt die weißblühende Schönheit, die stets Preise einheimst.

Die Esslinger Orchideenfreunde zeigen ihre Schätze auch gerne anderen Blumenliebhabern. Einmal im Monat versammeln sie sich in der Osterfeldhalle in Esslingen-Berkheim, um ihre schönsten Stücke zu präsentieren. Einer der Vereinsmitglieder hält dann ein öffentliches Referat über die Pflanzen und sortiert sie in ein bestimmtes Thema ein. So stehen Vorträge auf dem Programm wie etwa „Die Smaragdminen von Kolumbien“, am Freitag, 14. Oktober, oder „Im Dschungel von Sulawesi“, am Freitag 11. November. Die Vorträge beginnen um 20 Uhr, der nächste Abend ist am Freitag, 15. April.

Der Höhepunkt des Orchideenjahres ist jedoch stets im Oktober, wenn die Esslinger Pflanzenfreunde die Osterfeldhalle drei Tage lang in Beschlag nehmen für die Orchideentage. Dann verwandeln die Mitglieder die Halle in ein Blütenmeer und tauschen oder verkaufen Pflanzen, vergeben Preise oder fachsimpeln über Zucht und Hege ihrer Preziosen. In diesem Jahr werden die Orchideentage vom 21. bis zum 23. Oktober stattfinden.