Die Empörung ist groß. Es kursieren Meldungen, wonach Opel über Jahre hinweg in Deutschland keine Steuern gezahlt haben soll. Doch die Wahrheit sieht anders aus.

Berlin - Die Empörung ist groß. Es kursieren Meldungen, wonach Opel über Jahre hinweg in Deutschland keine Steuern gezahlt haben soll, weil die Gewinne an die US-Muttergesellschaft General Motors geflossen seien. Doch die Politik hat dieses Steuerschlupfloch weitgehend geschlossen.

"Wenn die Gewinne den US-Aktionären zugutekommen und die Verluste die deutschen Steuerzahler zu tragen haben, dann kann das nicht Grundlage für ein Zukunftskonzept für Opel sein", ließ sich etwa der SPD-Spitzenkandidat für die Europawahl, Martin Schulz, vernehmen.

Wie hoch der Anteil in der Detroiter Konzernzentrale am Niedergang Opels ist, mag dahingestellt sein. Jenseits von Verschwörungstheorien steht aber fest, dass das Steuerrecht Opelanern und GM enge Grenzen für eine Form der Steuergestaltung setzt, bei der die Früchte der Arbeit in der Konzernzentrale geerntet, die Scherben dagegen jeweils von den ausländischen Töchtern zusammengekehrt werden müssen.

Der Experte für internationales Steuerrecht beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), Roland Franke, sagt gegenüber unserer Zeitung: "Ganz so einfach funktioniert das Verschieben von Gewinnen und Verlusten über Ländergrenzen hinweg nicht." Innerhalb Deutschlands sei so etwas zwar durchaus machbar. Dafür müsse, so der Experte, ein Ergebnisabführungsvertrag zwischen der Konzernmutter und der -tochter geschlossen werden. "Über die Ländergrenzen hinweg muss man sich aber schon etwas anderes einfallen lassen."

Denkbar ist da etwa folgende Konstruktion: Opel versucht, Betriebsausgaben so zu verbuchen, dass in Deutschland möglichst hohe Belastungen anfallen, die hierzulande als Ausgaben steuermindernd und im Gegenzug in der Detroiter Konzernzentrale gewinnsteigernd wirken. Das ginge zum Beispiel so: In den Forschungsabteilungen seiner deutschen Standorte lässt Opel eine technische Neuerung entwickeln. Die Neuerung wird auch hierzulande patentiert. Damit fallen die Kosten für Forschung und Entwicklung in Deutschland an und mindern hier Gewinne und Steuerlast. Und jetzt kommt der Trick: Gegen ein möglichst geringes Entgelt verkauft Opel das Patent an General Motors (GM). Die Verwertung des Patents obliegt dann nicht mehr der Tochter, sondern der Mutter GM. Opel müsste dann sogar jedes Mal Lizenzgebühren an die Mutter zahlen, wenn an deutschen Standorten das Patent zum Einsatz kommt.

BDI-Experte Franke: "Denkbar ist dieses Muster bei sämtlichen Austauschbeziehungen zwischen Opel, GM und anderen GM-Töchtern. Und zwar immer dann, wenn es um Verkäufe von Waren, Mieten, Leasingraten, Lizenzen und Darlehen geht."

Allerdings: Das Finanzamt, so Franke weiter, habe ein waches Auge auf derartige Finanztransfers über Ländergrenzen hinweg. "Die Gestaltungsmöglichkeiten sind nicht beliebig." Mondpreise würden von den Finanzämtern nicht akzeptiert: "Es gilt die Regel, dass die Preise konzernintern nicht wesentlich von Preisen abweichen dürfen, wie sie gegenüber Dritten gezahlt würden."