Sotschi erwartet zahlreiche Zuschauer aus aller Welt Foto: dpa

Terrorwarnungen, zerstörte Umwelt, Missachtung von Menschenrechten, enorm hohe Kosten – all die negativen Meldungen rund um Sotschi lassen die deutschen Besucher anscheinend unbeeindruckt.

Sotschi - Das Sommerresort der Reichen und Schönen an Russlands Riviera zieht auch die deutschen Olympia-Fans magisch an – für die Winterspiele, die an diesem Freitag begonnen haben. Terrorwarnungen, zerstörte Umwelt, Missachtung von Menschenrechten, enorm hohe Kosten – all die negativen Meldungen rund um Sotschi lassen die deutschen Besucher anscheinend unbeeindruckt.

Auch nach den Bombenanschlägen im 700 Kilometer entfernten Wolgograd mit 34 Toten bleiben rund 3000 Deutsche entspannt und reisen an die Schwarzmeerküste. 10 000 Tickets gingen bei dem Frankfurter Reiseveranstalter Dertour, dem offiziellen Agenten des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), zuletzt weg wie warme Semmeln. „Das Interesse war und ist immer noch sehr groß“, bestätigt Dertour-Sprecherin Angela de Sando. Besonders nachgefragt waren die Einlasskarten für Biathlon und die alpinen Wettbewerbe mit den Ski-Assen Maria Höfl-Riesch und Felix Neureuther. Noch begehrter waren nur die inzwischen längst ausverkauften Eröffnungs- und Schlussfeiern.

Die zu Beginn der Planungsphase doch recht angespannte Hotelsituation hat Dertour elegant umschifft. Der Reiseveranstalter buchte sich mit einem ansehnlichen Bettenkontingent auf der „MS Louis Olympia“ ein. „Die unbefriedigende Situation bei den Unterkünften hat es uns anfangs sehr schwer gemacht, die Reise nach Sotschi zu vernünftigen Preisen anzubieten. Entsprechend gering war die Nachfrage, sowohl nach Komplettpaketen als auch nach Eintrittskarten. Doch mit der Lösung mit dem Schiff hat beides dann stark angezogen“, erklärt Angela de Sando.

Der Kreuzfahrtriese mit 724 Kabinen liegt direkt vor dem Olympiapark mit den Eislaufstadien und dem Olympiastadion, in dem sowohl die Eröffnungs- als auch die Abschlussfeier stattfindet. Ein Shuttlebus bringt die Sportfans regelmäßig zum Bahnhof, von wo aus es zu den Sportstätten in den Bergen weitergeht. Ganz billig ist der Spaß allerdings nicht.

Für einen Fünf-Tage-Trip mit Flug und Unterkunft auf dem schwimmenden Hotel bezahlt man pro Person im Einzelzimmer 2700 Euro, allerdings ohne die Tickets, die je nach Veranstaltung zwischen 27 und 1378 Euro kosten. Diese sind in Deutschland wieder vermehrt auf dem Markt, denn Dertour hat vergangene Woche einen Zuschlag von rund 1000 Karten aus dem für Österreich vorgesehenen Kontingent erhalten. Für Kurzentschlossene heißt es also: schnell zugreifen, denn auch Lufthansa bietet Direktflüge von Frankfurt aus nach Sotschi an.

Allerdings gibt es zwei Hürden: Erstens wäre ein bereits vorhandenes Visum für die Last-Minute-Aspiranten zwingend nötig, da erfahrungsgemäß eine Visum-Erteilung mindestens zehn Tage dauert. Zweitens ist die „MS Louis Olympia“ inzwischen ausgebucht, ein Hotelzimmer müsste sich der spontane Sportfan selbst suchen.

So unerschrocken die Deutschen sind, so sehr zieren sich die Menschen aus anderen Ländern. Dort scheint das Prestigeobjekt des russischen Präsidenten Wladimir Putin kein Publikumsmagnet zu sein. Kurz vor der Eröffnung der Spiele sind erst 70 Prozent der Eintrittskarten verkauft. Zum Vergleich: In Vancouver 2010 waren es 97 Prozent, ebenso bei den Sommerspielen in London 2012. Mehr als 300 000 Tickets sind für Sotschi noch zu haben. An den Deutschen liegt es nicht – sie hat das Olympia-Fieber gepackt.