Auf dem Weg aufs Treppchen? Biathlet Ole Einar Björndalen in Sotschi Foto: dpa

Der 40-jährige Biathlet aus Norwegen ist der erfolgreichste Wintersportler überhaupt – und noch immer ehrgeizig.

Sotschi - Wenn dahinter nicht eine Auszeichnung stecken würde, man müsste ja sagen: Dieser Vergleich passt nun wirklich nicht. Im Pressezentrum der Olympischen Spiele in Krasnaja Poljana jedenfalls ist einer der Aufzüge mit einer Art Fototapete ausgestattet. Darauf zu sehen: Ole Einar Björndalen. Und das Motto? Auf und nieder, immer wieder? Wohl eher nicht.

Die Karriere des Biathleten aus Norwegen jedenfalls hat nicht viel zu tun mit einer ständigen Berg- und Talfahrt. Vielmehr ging es einst steil nach oben – wo sich der Skijäger dann über Jahre halten konnte. Nun ist er 40 Jahre alt, und wenn an diesem Samstag bei den Spielen von Sotschi die Biathlon-Rennen beginnen, gehört der Routinier mal wieder zu den Medaillenanwärtern. Er sagt: „Ich bin optimal vorbereitet und fühle mich stark.“ Was darauf hindeutet, dass er sich noch einmal richtig geschunden hat für sein letztes großes Ziel.

Eigentlich hätte es Ole Einar Björndalen ja keiner übel genommen, wenn er schon vor Jahren seine Karriere beendet hätte, es gab zwischendurch sogar Stimmen, die meinten, er blockiere die Entwicklung der jungen norwegischen Biathleten. Doch der Altstar gab nicht klein bei, schon gar nicht auf – trotz einer Erfolgsbilanz, die längst reicht für die Aufnahme in die Ruhmeshalle des Weltsports. Sechs Olympische Goldmedaillen hat Björndalen seit 1998 gewonnen, dazu viermal Silber und einmal Bronze. 39 WM-Medaillen nennt er sein eigen, zudem hat er die unglaubliche Zahl von 94 Weltcups (einen davon im Langlauf) gewonnen. Er ist der bislang erfolgreichste Wintersportler der Geschichte, aber: Es gibt einen Landsmann, der ist ihm noch voraus.

Zumindest was die Gold-Bilanz bei Olympischen Spielen angeht, hat der ehemalige Langläufer Björn Daehlie zwei Sieger-Plaketten mehr gewonnen als Björndalen bislang. Ihn tatsächlich zu überflügeln, das wird schwer für den Biathleten, und das weiß er natürlich auch – aber allein die Möglichkeit, es schaffen zu können, treibt ihn an. Sein fortgeschrittenes Sportleralter soll da keine Rolle spielen. Er sagt: „Ich habe gute Eltern, gute Gene, einen guten Körper und ich passe auf mich auf. Ich fühle mich nicht alt.“ Und sein vielleicht einziges großes Karrieretief hat er längst überwunden. „Ich hatte zwei, drei schwere Winter“, erinnert sich Björndalen, „aber dieses Jahr genieße ich. Denn ich kann wieder angreifen.“ Nach all diesem „Blödsinn“.

So nennt der große Star des Biathlon-Sports die Geschehnisse, die dazu geführt haben, dass er fast schon endgültig raus war aus der Weltspitze. Nachdem er sich an einem Holzklotz verhoben hatte, streikte der Rücken, drei Bandscheiben drückten schmerzhaft auf die Nerven, dazu kamen ein hartnäckiger Infekt und private Probleme, die in der Trennung von seiner Frau Nathalie (eine Ex-Biathletin aus Südtirol) gipfelten. Aber, wie gesagt: All das ist nun Vergangenheit. Björndalen scheint wieder der Alte, wie zum Beweis sagt er: „Für mich zählt nur der erste Platz. Alles andere ist keine Platzierung.“ Also wird dem Erfolg nach wie vor alles untergeordnet.

Zwei Wohnmobile – eines steht in Norwegen, eines in Osttirol – hat er sich zugelegt, um die Regenerationspausen optimal nutzen zu können. Und als ihm die norwegische Teamleitung bei seinen sechsten Spielen die Rolle des Fahnenträgers zugedacht hatte, lehnte Ole Einar Björndalen freundlich, aber bestimmt ab. „Ich fühle mich geehrt, und es ist egoistisch, nein zu sagen“, erklärte er, „aber ich habe am nächsten Tag einen Wettkampf, und das sind meine letzten Olympischen Spiele.“ Bei denen er noch einmal ganz nach oben will. Ganz ohne Aufzug.