Bislang bekam die Solawi in Perouse Wasser vom nahe gelegenen CVJM. Jetzt bekommt sie ihren eigenen Anschluss. Foto: Simon Granville

Die solidarische Landwirtschaft in Perouse hat vier Jahre mit einem Provisorium das Gemüse versorgt. Nach langem Kampf und dem Okay vom Gemeinderat laufen jetzt die Vorbereitungen für einen Wasseranschluss.

Die Pflanzzeit hat längst begonnen, endlich sind wieder zart-grüne Farbtupfer zu sehen, die in Reih und Glied die braune Erde bedecken und ihre Blätter vorsichtig in die Höhe recken. Der Frühling zieht auf die Ackerflächen der solidarischen Landwirtschaft (Solawi) in Perouse ein und bietet in den kommenden Wochen im Gewann Förstle hoffentlich gute Wachstumsbedingungen. Es gibt noch Reste vom winterlichen Grün- und Rosenkohl. Daneben steht der Lauch zur Ernte bereit. Auf dem vorderen Acker setzen zwei Festangestellte der Solawi und ein Mitglied der Genossenschaft in Hockstellung die jungen Pflänzchen in den Boden ein, bevor vielleicht der angekündigte Regen kommt.

 

Immer wieder platzen Schläuche

Im Gewächshaus gibt es verschiedene Schnittsalat-Sorten. Radieschen, Blumenkohl, Kohlrabi oder Pak-Choi – ein Verwandter des Chinakohls. Unter dem Dach ist ein Leitungssystem installiert, das die Pflanzen mit ausreichend Wasser versorgt – besser gesagt: versorgt hat. Denn die bisherige Wasser-Kooperation mit dem Rutesheimer christlichen Verein CVJM, der etwas oberhalb sein Vereinsheim hat, war die vergangenen vier Jahre nur als zeitweises Provisorium angelegt. „Das hat ganz ordentlich funktioniert, doch immer wieder sind auch Schläuche geplatzt, die sich quer über die Äcker schlängelten, oder der Wasseranschluss im Vereinsheim des CVJM war aus Versehen zugedreht, das wäre einfach keine Lösung auf Dauer gewesen“, sagt der Solawi-Vorstand Heinrich Langer.

Seit Anfang des Jahres muss sich die solidarische Landwirtschaft erst einmal mit einer anderen Methode für die Bewässerung in den Gewächshäusern aushelfen. Einmal pro Woche zieht ein Traktor einen Tank mit etwa 4000 Liter Wasser zum Förstle. Mithilfe einer Pumpe werden die Pflanzen über das Leitungssystem beregnet. „Das ist ebenfalls keine Lösung auf Dauer und viel zu arbeitsintensiv, vor allem, weil wir uns noch vergrößern wollen und dann noch mehr beregnen müssen“, sagt Langer.

Die Mitglieder der Genossenschaft hatten daher zuletzt für einen eigenen Wasseranschluss gekämpft und einen entsprechenden Antrag bei der Stadt Rutesheim gestellt. Die Verwaltung reagierte mit großer Zurückhaltung, hätte den Antrag für diese Wasserleitung gerne abgelehnt. Die Argumentation: Die Genossenschaft solle bei besonderem Bedarf aus den nicht für die Trinkwasserversorgung genutzten Brunnen in Renningen schöpfen. Wasser sei zunehmend auch in Deutschland sehr knapp und kostbar, begründete Bürgermeisterin Susanne Widmaier diese ablehnende Haltung.

Im Juni 2023 stimmte dann der Gemeinderat dem gewünschten Wasseranschlussprojekt der solidarischen Landwirtschaft mehrheitlich zu. Damit war der erste wichtige Schritt vollbracht. „Am liebsten wären wir schon einige Schritte weiter, doch so ein privatwirtschaftlicher Vertrag erfordert einen großen bürokratischen Aufwand“, sagt Heinrich Langer und lädt auf einen kleinen Rundgang um das CVJM-Vereinsheim ein.

Denn irgendwo hier, sagt Langer, kann der bereits bestehende Anschluss an das öffentliche Netz gefunden werden. „Wir wollen dann von einem neuen Zugang einen 400 Meter langen Leitungsweg zu unserem Acker legen sowie zusätzlich eine 200 Meter lange Verteilleitung“, erklärt der Solawi-Vorstand. Über das „Wie“ ist er mit den betreffenden Grundstücksnachbarn derzeit in Gesprächen – das ist neben dem CVJM auch die Stadt Rutesheim.

Ein Tank, der 300 000 Liter fassen kann

Heinrich Langer hofft, dass in drei oder vier Wochen endlich eine so genannte Grabenfräse anrücken kann, um einen ein Meter tiefen Graben auszuheben. Dort hinein werden die Leitungen gelegt. Später muss der Boden wieder verdichtet werden. Diese Kosten werden sich auf etwa 20 000 Euro belaufen. Mit weiteren 20 000 Euro rechnet der Solawi-Vorstand bei der Anschaffung eines Tanks, der insgesamt 300 000 Liter Regenwasser speichern und über ein Pumpsystem das Wasser verteilen soll. Aufgefangen wird das Regenwasser später vom Dach eines neuen Gewächshauses. „Dafür müssen wir noch einmal etwa 90 000 Euro ausgeben“, sagt Heinrich Langer.

In den regenreichen Monaten ab September möchte die Solawi das Regenwasser sammeln, so der Plan. Im März soll der maximale Füllstand erreicht sein. Nur wenn dieses Wasser nicht reichen sollte, will das Gärtnerei-Team welches aus der Leitung verwenden, sagt Langer. Er sei sich bewusst, „dass jeder sinnvoll und sparsam mit der Ressource Trinkwasser umgehen muss“. Doch in Zeiten der aktuellen Nachhaltigkeitsdebatten und Klimaneutralitätsziele könne es keine Lösung sein, die Regionalität von Lebensmitteln für marginale Wassereinsparungen zu opfern. „Zudem haben die letzten drei Jahre gezeigt, wie sehr die Vielfältigkeit und Regionalität systemrelevante Strukturen in Zeiten immer größer werdender Unsicherheiten in der Welt sind“, sagt Langer.

Aktuell beliefert die Solawi 180 Haushalte mit ihrem regionalen Gemüse – je nach Saison etwa 50 unterschiedliche Arten. „Im letzten Jahr haben wir uns um 40 Ernteanteile vergrößert, zum Saisonstart im April werden wieder neue vergeben“, sagt Langer. Bis zum Jahr 2026 möchte der Betrieb etwa 370 Haushalte beliefern – das Optimum hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Fläche von etwa 2,3 Hektar.

Die solidarische Landwirtschaft in Perouse

Gründung
 Die solidarische Landwirtschaft in Perouse (Solawi) wurde 2021 gegründet und ist eine eingetragene Genossenschaft mit etwa 170 Mitgliedern. Sie baut auf ihrer Kernfläche im Gewann „Förstle“ ökologisches Gemüse für ihre Mitglieder an.

Ernteanteile
 Der wöchentliche „normale“ Ernteanteil enthält mit 3 bis 3,5 Kilogramm (plus 0,75 Kilogramm Kartoffeln) saisonales Gemüse für Paare oder eine kleine Familie und kostet hundert Euro im Monat. Seit 2023 gibt es den kleinen Anteil für Ein- bis Zwei-Personenhaushalte (55 Euro). Verteilpunkte Jeden Freitag werden die Kisten mit dem Gemüse gepackt. Sie stehen dann zwischen 15 Uhr und 18 Uhr frisch für die mittlerweile 180 Ernteteilenden an den Verteilpunkten in Perouse, Leonberg, Renningen und Gerlingen bereit. Dort werden die entsprechenden Anteile von den Solawi-Mitgliedern abgeholt. Auch nach Neuhausen-Hamberg werden Kisten verteilt.