Jede dritte Frau im Landkreis bekomme keine Wochenbett-Betreuung Foto: dpa

Im Strohgäu sind sechs freiberufliche Hebammen gemeldet, die sich um Schwangere und junge Mütter kümmern. Das sei zu wenig, sagt der Hebammenverband. Die Stadt Ditzingen hat daher eine Hebamme in der Sozialstation angestellt – aber auch hier gibt es Probleme.

Ditzingen - Sobald der Schwangerschaftstest positiv sei, sollten sich Frauen um eine Hebamme bemühen. Das sagt zumindest Stefanie Bohm-Schweikert, die als Hebamme in Korntal-Münchingen arbeitet. Etwa acht bis zehn Frauen im Monat begleitet sie von Beginn der Schwangerschaft an bis über die ersten Wochen mit Kind. Manchmal sogar über mehrere Monate hinweg. Neue Aufträge könne sie allerdings nicht annehmen. „Frauen mit Geburtstermin Ende Mai dann wieder“, sagt sie. „Aber die sind ja noch gar nicht schwanger.“ Die einzige Hebamme in Hemmingen kann laut der Ansage auf ihrem Anrufbeantworter auch erst ab dem 15. Januar wieder Frauen aufnehmen.

Die Gesamtzahl der Hebammen im Strohgäu lässt sich fast an einer Hand abzählen. Laut dem Landratsamt, bei dem sich die freiberuflichen Hebammen melden müssen, arbeiten in Korntal-Münchingen und Ditzingen jeweils zwei freiberufliche Hebammen, in Hemmingen und Gerlingen gibt es je eine Hebamme. Im Jahr 2017 kamen in diesem Gebiet allerdings rund 800 Kinder zur Welt. „Eine Hebamme für rund 130 Frauen, das ist schon sehr wenig“, urteilt Christel Scheichenbauer, die zweite Vorsitzende des Hebammenverbands Baden-Württemberg und Hebamme in Benningen. Die Zahl überrascht sie jedoch nicht:Jede dritte Frau im Landkreis finde laut Scheichenbauer keine Betreuung im Wochenbett. Das ergebe eine Umfrage der Krankenhäuser in Ludwigsburg und Bietigheim.

Viele Frauen seien verzweifelt

Um diesem Notstand zumindest in ihrem Bereich entgegenzuwirken, hat die Stadt Ditzingen im letzten Jahr eine Hebammenstelle in der Sozialstation Ditzingen eingerichtet. Drei Kurse pro Woche biete die Hebamme Marion Spitzner an, zur Geburtsvorbereitung und zur Rückbildung des Bauchs und Stabilisierung des Beckenbodens. Zwei weitere Kurse werden von zwei externen, freiberuflichen Hebammen angeboten. Alle Kurse seien bereits ausgebucht, heißt es aus der Sozialstation. Außerdem betreut Spitzner vier bis sechs Frauen im Monat während der Schwangerschaft und kurz nach der Geburt.

„Der Bedarf ist allerdings weitaus größer“, sagt Sarah Hert von der Sozialstation Sodi. Pro Monat müsse sie etwa fünf zehn Frauen absagen. „Viele der Frauen sind regelrecht verzweifelt, weil sie keine Hebamme finden“, so Hert. Auch die Sozialpädagogin rät dazu, sich frühzeitig, sobald die Schwangerschaft bekannt ist, um eine Hebamme zu kümmern. Für all jeden Schwangeren, die keine Hebamme haben, bietet die Sozialstation einmal im Monat zudem eine Sprechstunde an.

Die Schwangeren müssen die Leistungen aus eigener Tasche bezahlen

Weil der Bedarf in Ditzingen und den umliegenden Gemeinden im Strohgäu so groß ist, bemüht sich die Sozialstation darum, eine weitere Hebamme einzustellen, welche die 60 Prozentstelle von Spitzer, die auf eigenen Wunsch nur in Teilzeit arbeitet, um 40 Prozent aufzustocken. Diese Stelle ist seit zwei Jahren ausgeschrieben. Eine geeignete Kandidatin sei allerdings noch nicht gefunden.

Ein weitere Problempunkt: die Leistungen der bei der Sozialstation fest angestellten Hebamme können bei den meisten Krankenkassen nicht direkt abgerechnet werden. „Die Rechnung für die Betreuung müssen die Frauen erst einmal selbst begleichen und dann darauf hoffen, dass ihre Krankenkasse die Kosten erstattet“, sagt Hert. Das liege daran, dass die Sozialstation in diesem Bereich Vorreiter sei. „Eine Hebamme, die bei einer Sozialstation angestellt ist, gibt es sonst in Deutschland nicht“, so Hert. Wenn die Hebamme freiberuflich wäre, dann könnten das die Frauen direkt über die Krankenkasse abrechnen.

Viele Hebammen arbeiten in Teilzeit

Viele weitere rechtliche Vorgaben erschwerten den Beruf der Hebamme, so auch Bohm-Schweikert. Deswegen möchte die Hebamme demnächst ihre freiberufliche Tätigkeit reduzieren – sie wird zum Teil in einer Klinik arbeiten. „Momentan muss ich beispielsweise meine Rentenversicherung in vollem Umfang selbst zahlen.“ Um diesen negativen Aspekt zu reduzieren, wolle sie sich in Teilzeit anstellen lassen. „Dann kann ich aber noch weniger Frauen betreuen.“ Schon jetzt nimmt sie nur Aufträge aus der Umgebung an. Ansonsten sei ihr der Weg zu weit. Denn die Krankenkassen zahlen nur für eine Anfahrt im Radius von 20 Kilometern.

Genügend Anfragen habe sie trotzdem. Allein in diesem Jahr wurden bereits 153 Kinder in eine Familie aus Korntal-Münchingen hineingeboren. 80 bis 100 Frauen kann Bohm-Schweikert übernehmen. Denn sie hat selbst Kinder und arbeitet, wie viele andere Hebammen auch, in Teilzeit. Zusätzlich bietet sie in Gerlingen Geburtsvorbereitungskurse an.

Eine etwas andere Art der Schwangerenberatung bietet der Pflegeverbund Strohgäu-Glems an: einmal im Monat lädt die Sozialstation Leonberg zu einem Frühstück ein, bei dem eine Hebamme die Fragen der Frauen beantwortet, die keine persönliche Betreuung erfahren.