Auch ihre Königin heißt Beatrix: Flamingos am Strand der niederländischen Karibikinsel Aruba. Foto: Schmidt

Aruba ist das A der drei karibischen ABC–Inseln vor der Küste Venezuelas.

Am liebsten würde ich gleich wieder umkehren. Da wollen hundert Menschen mit auf Schnorcheltour! Von wegen Robinsonfeeling in der Karibik. Und dafür bin ich nun erst nach Amsterdam und dann noch mal fast zehn Stunden auf diese Insel vor der Küste Venezuelas geflogen. Sie gehört wie ihre größeren Nachbarn Bonaire und Curaçao zu den niederländischen Antillen. Das Dreigespann wird auch ABC-Inseln genannt. In Deutschland ist Aruba kaum bekannt.

Dafür aber in Amerika umso mehr. Fast nur Amerikaner sind mit an Bord. "Feel free. Enjoy. The bar is open", schmettert Cesar, der Entertainer der Crew, nach fünf Minuten Fahrt. O Himmel. Wahrscheinlich haben die ersten schon nach einer halben Stunde einen sitzen. So weit kommt es dann doch nicht. Denn die Welt ein paar Meter unter der Wasseroberfläche berauscht mehr als jede Piña Colada.

Es kommt noch besser, frohlockt Cesar und erzählt mit blumigen Worten von all den Schiffen, die vor der Küste untergingen. Schlimm für die Menschen damals, gut für Aruba heute: So hat die Insel für Taucher zehn spektakuläre Wracks zu bieten. Mehr als die meisten anderen Tauchgründe dieser Welt. Allen voran die Antilla, die wir gerade ansteuern. Der deutsche Frachter lief 1939 in Hamburg vom Stapel und sank ein Jahr später vor der Nordwestspitze der Insel.

Aus dem intensiven Meerblau ragt die Spitze eines Mastkorbs. Ein Pelikan setzt sich drauf, putzt sein Gefieder. Unter Wasser sind gigantische Schiffsumrisse zu erkennen. Das Wrack der Antilla ist 135 Meter lang, die größte tauchbare Schiffsruine der Karibik. Und weil sie sich aus 18 Metern Tiefe bis hinauf zur Wasseroberfläche erhebt, kann man Teile auch ohne Sauerstoffflaschen erkunden.

Außergewöhnlich klar ist das Wasser. Der mächtige Rumpf liegt auf der Seite. Ich schnorchle über die Aufbauten und Teile der Brücke, die wie mit dichtem Pelz bewachsen sind. Korallen leuchten neben purpurroten Anemonen. Zarte Farne wedeln neben quietschgelben Schwämmen, lila Seesternen und durchscheinenden Röhren. Tief hole ich Luft, gleite hinab. Eine Muräne glotzt aus einem Rohr. Papageienfische und ein Geschwader grellorangener Minibarsche schwärmen aus dem Laderaum auf mich zu. Die ganze Mitte ist durch Explosionen zerborsten. Der deutsche Kapitän und seine 46 Mannen haben ihr Schiff, das damals vor der Küste Venezuelas Kriegs-U-Boote versorgte, selbst versenkt. Bloß nichts dem niederländischen Feind überlassen. "Alle Deutschen wurden gerettet und hier interniert. Einige blieben für immer, weil es ihnen so gut bei uns gefiel", höre ich Cesar oben sagen.

Die Weather Girls singen Halleluja über die Lautsprecher. Und während mich von unten lächelnde Engelsfische zärtlich gegen den Bauch stupsen, beschließe ich blubbernd, meine deutsche Miesepetrigkeit über Bord zu werfen. Es ginge auf Dauer eh nicht anders auf Aruba. "One Happy Island" nennen die Bewohner ihre Insel. Vielleicht auch, weil es dort nie großes Blutvergießen und Sklaven gab. Nichts zu holen, befanden die spanischen Entdecker, als sie Mitte des 15. Jahrhunderts auf Aruba landeten – allerdings nicht ohne die meisten Arawak-Indianer als Zwangsarbeiter mitzunehmen.

Weiße Sandstrände und ruhiges Wasser säumen die sanfte Südwestseite, wild und zerklüftet mit Klippen, Höhlen und sprühender Gischt ist die Küste an der windgebeutelten Nordostseite. Und dazwischen: eine irre Wüstenlandschaft mit Kakteen, Agaven, Aloe Vera, mit Felsblöcken, wie hingeworfenen, und mit vom Passatwind gekrümmten Divi-Divi-Bäumen. Welch ein Kontrastprogramm zu anderen, saftig-grünen Karibikinseln. Ohne Widerstand überließen die Spanier später den Holländern die Insel.

Anfang des 19. Jahrhunderts wurde dann noch Gold entdeckt. Und die US-amerikanische Lago-Oil-Company klotze eine der weltweit größten Raffinerien an die Südspitze der Insel. Aber sowohl Nuggets als auch die Pedro-Dollars versiegten. Das wiederum freut die Touristen, und die 100.000 Arubaner nehmen’s gelassen. Aruba ist weitgehend autonom, auch wenn Königin Beatrix Staatsoberhaupt und die Amtssprache niederländisch ist. Sogar eine Biermarke hat die Insel. Es heißt Balashi und wird von dem Hessen Jens Kirchhainer gebraut, streng nach deutschem Reinheitsgebot. Mit Malz aus Bamberg, Hopfen aus der Hallertau, Hefe aus Weihenstephan und Wasser von Aruba.

Leise rieselt der Sand

Am zwölf Kilomter langen Strand lasse ich mir den feinen Sand durch die Zehen rieseln. Europäische Touristen fühlen sich wohl am Eagle Beach mit seinen kleineren, intimeren Hotels und den indischen, französischen, chinesischen und italienischen Restaurants. Dazu gibt es leckere Inselküche, so wie im Cunucu, einem Familienbetrieb, wo ein altersschwacher Ventilator an der Decke surrt und Hühner im Garten gackern.

Abends trifft man sich dann weiter südlich in San Nicolas in Charlie’s Bar. Auch Braumeister Kirchhainer trinkt dort sein Feierabendbier. Die Bar ist der Treffpunkt schlechthin auf Aruba. Schon seit den 40er-Jahren. Da war sie der einzige Ort, wo es Whiskey gab. Und das kleine San Nicolas war reich und schillernd und ein vibrierender Sündenpfuhl, weil daneben die Schlote der Ölraffinerie rauchten und täglich riesige Schiffe ablegten.

Alles hat sich verändert, die Bar aber ist geblieben: ein düsterer Raum, Holztische, eine Jukebox in der Ecke. Die Wände gepflastert mit Nummernschildern, vergilbten Fotos, Visitenkarten, Geldscheinen, Strumpfbändern, ein Stück Berliner Mauer liegt herum, Bikini-Oberteile, Sonnenbrillen und Kuhglocken hängen an einem Seil überm Tresen. Dort sitzen Frauen in Bürokleidung neben Seeleuten und einem Alten mit nur noch zwei Zähnen. Ein Mann im Feinripphemd mit Ohrring und schwerer Goldkette unterschreibt am Tisch geheimnisvoll ein Papier – eine schlichte Reiseversicherung. Dann setzt er sich zu uns, lächelt mit einem Goldzahn und zeigt auf den kleinen Eiffelturm, den er gerade neben den Bikini gehängt hat. Er schüttet sich aus vor Lachen. Was für ein wunderbarer Nachmittag, wo die anderen alle noch am Strand liegen. Darauf noch eine Runde Balashi-Bier.

Weil Freitag ist, nimmt mich Kirchhainer mit zum Feiern nach Oranjestad, die Inselhauptstadt. Der Weg führt vorbei an der holländischen Windmühle, an karibischen Holzhäusern und Kolonialgebäuden. Wir lassen uns von einem Club in den anderen treiben. Ein Treffen aller Nationen voller Temperament, Rhythmus und Sinnlichkeit. Die Stimmung im Mambo Jambo überbordend. Kirchhainer dreht eine dralle Schöne locker mit dem Finger. Ein junger Mann fordert mich auf zur Merengue. Pedro wirbelt mich herum. Auf einmal kann ich richtig tanzen. "Claro duschi – Alles klar, Schätzchen?", fragt er, als ich nur noch japsen kann. Claro!

Info Anreise: Mit KLM (http://www.klm.com) und Martinair (http://www.martinair.com) über Amsterdam.

Beste Reisezeit: Ganzjährig gleichbleibendes tropisches Klima bei 28 Grad und leichtem Passatwind. Hochsaison ist von November bis März. Aruba ist hurrikanfrei.

Unterkunft: Am Eagle Beach mit feinstem, weißen Sand reihen sich die auf Europäer eingestellten "Low-Rise"-Hotels. Sie sind kleiner und intimer als die gerne von US-Amerikanern gebuchten "High-Rise"-Hotels der internationalen Ketten am Palm Beach. Amsterdam Manor, holländischer Kolonialstil mit karibischem Flair, durch eine Straße vom Strand getrennt, Telefon 00 297 / 5 27 11 00, http://www.amsterdammanor.com, Doppelzimmer ab 110 Euro. Manchebo, schlichte zweistöckige Anlage, Standardzimmer, dafür unschlagbare Lage an der breitesten Stelle des Strandes, Kontakt in Deutschland: Telefon 089 / 5 43 93 97, http://www.manchebo.com, Doppelzimmer ab 123 Euro. Bucuti, Romantik für Verliebte direkt am Strand, Telefon 00 297 / 5 83 11 00, http://www.bucuti.com, Doppelzimmer ab 162 Euro.

Essen und Trinken: Bei 40 Nationalitäten, die auf Aruba leben, bleiben keine Wünsche offen. Ein persönlicher Tipp ist das charmante, familiär geführte Restaurant Nos Cunucu mit leckerer kreolischer Küche in Oranjestad. Unbedingt probieren sollte man ein eiskaltes Balashi-Inselbier, am besten in Charlie’s Bar in San Nicolas.

Veranstalter: Aruba ist bei vielen Reiseveranstaltern im Programm, zum Beispiel bei Airtours (Telefon 0 18 05 / 98 82 88, http://www.airtours.de), Dertour (Telefon 0 18 05 / 33 76 66, www.dertour.de), Karibik & More (Telefon 0 71 23 / 97 68 76, http://www.karibik-and-more.de), Meier’s Weltreisen (Telefon 0 18 05 / 33 74 00, http://www.meiers-weltreisen.de) – dort kosten 14 Tage Flug und Studio im Amsterdam Manor ab 1.455 Euro.

Geld: Offizielle Währung ist der Aruba Florin. Er ist eng an den US-Dollar angelehnt, der überall akzeptiert wird. Mit der Eurocard/Maestro kann man an Geldautomaten problemlos Bargeld ziehen.

Allgemeine Auskunft: Niederländisches Büro für Tourismus und Convention, Telefon 02 21 / 9 25 71 70, http://www.aruba.de.