Im Dezember hat Markus Kronenwett in Oberstenfeld ein Museum für seine Funde beim Magnetangeln eröffnet. Dabei wollte er ursprünglich nur die Flüsse in der Region säubern.
Markus Kronenwett hält nur ein Seil in der Hand, an dem ein faustgroßer Magnet hängt. Und trotzdem dauert es keine zehn Sekunden, bis er die 25 Kilo schwere und einen Meter lange Hantel mit drei kräftigen, geübten Zügen in die Senkrechte gebracht hat. Verwunderlich ist das nicht, schließlich ist Kronenwett seit drei Jahren Magnetangler. Und neben Hanteln zieht er durchaus auch mal jahrhundertealte Kanonenkugeln, Kaugummiautomaten oder Gewehre aus den Flüssen der Region. Über die Jahre sind so viele Stücke zusammengekommen, dass er Anfang Dezember in einem Gewölbekeller in Oberstenfeld ein eigenes kleines Museum eröffnet hat.
Die Leidenschaft begann als bloßer Zeitvertreib
Sein ungewöhnliches Hobby begann als Zeitvertreib in der Pandemie. Mit den beiden Söhnen probierte er das Magnetangeln einfach mal aus, eigentlich wollten sie nur die Gewässer in der Region ein bisschen säubern. Und in der Tat ziehen sie auch heute noch hauptsächlich unbrauchbaren Schrott aus den Flüssen und Bächen, etwa zehn Tonnen kommen jedes Jahr zusammen. Nur ein Bruchteil davon landet am Ende im Museum.
„Da zeigen wir alles, was einen historischen Wert hat“, erklärt Markus Kronenwett. „Überall hängen Geschichten dran, die Leute verbinden Erinnerungen mit historischen Waagen oder Bügeleisen.“ Der Gewölbekeller ist nicht sonderlich groß, schon wer 1,80 Meter misst, muss sich ducken. In zwei Vitrinen hat Kronenwett Modeschmuck ausgestellt, eine andere Vitrine beherbergt AirPods, iPhones und andere Elektrogeräte – was man eben so wegwirft. Spannender wird es in der „Diebesgutvitrine“, dort lagern etwa aufgebrochene Opferkässchen oder besagter Kaugummiautomat. Auch Überbleibsel der Bottwartalbahn stellt der Magnetangler in einer Ecke seines Museums aus.
Der größte Blickfang sind aber sicherlich die historischen Waffen. Drei Panzerfäuste haben die Kronenwetts etwa in Großbottwar gefunden, sie gehörten vermutlich dem „Volkssturm“ am Ende des Zweiten Weltkriegs. Eine komplette 88mm-Flak-Patrone bestehend aus Zünder, Granate und Antriebshülse liegt ebenso in einer Vitrine, dazu das Geschoss aus einem amerikanischen Sherman-Panzer. Auch einige Schusswaffengehäuse, Granaten oder Säbel haben es in das Museum geschafft.
Vor der Ausstellung kommt die Reinigung
Vom Fund bis zur Ausstellung dauert es mindestens einen Monat. Die Exponate sind häufig mit Schlamm, Gestein oder Rost verdreckt und müssen erst vorsichtig gereinigt werden. „Teilweise ist das mühselig und langwierig“, sagt Kronenwett. Eine Erkennungsmarke aus dem Zweiten Weltkrieg liegt seit drei Monaten bei den Kronenwetts zuhause, im Idealfall kann man nach der Reinigung den Namen des gefallenen Soldaten wieder lesen.
Ungefähr ein Drittel der Exponate kann der Museumsleiter relativ genau datieren, dabei helfen ihm Facebook-Gruppen, Bekannte oder auch der Deutsche Museumsbund. Mittlerweile hat Kronenwett aber auch selbst ein beeindruckendes Fachwissen angehäuft: Aus welcher Epoche ein Säbel stammen könnte, kann er mittlerweile am Griff erkennen. „Je mehr historische Gegenstände man findet, desto mehr beschäftigt man sich auch mit der Geschichte.“
Und manchmal kommt auch der Zufall ins Spiel: Als die Kronenwetts beim Rückweg aus dem Urlaub kurz nach der niederländischen Grenze am Fuße einer Burg angelten, fanden sie eine Kanonenkugel. Dann kam ausgerechnet die Frau vorbei, deren Urgroßvater die Burg einst gekauft hatte. „Sie erzählte, dass der sich zu Beginn des Deutsch-Französischen Kriegs 1870 einen Granatwerfer gekauft hatte“, sagt Kronenwett. „Den hat er wohl mal ausprobiert und dabei ist die Kugel im Fluss gelandet.“
„Eine Kanonenkugel wollte ich schon immer mal in der Hand halten“
Jeden Samstag zieht er los, um an einem anderen Ort in der Region zu angeln. Im Winter meist nur für wenige Stunden, in den Sommermonaten steht er aber auch gut und gerne mal den ganzen Tag im Wasser. Was er gerne mal finden würde? Nichts. „Es wäre schön, wenn man wo hinfährt und dort ist alles sauber. Das kam aber noch nie vor“, sagt er, trotzdem muss er zugeben, dass es ihm manche Funde schon besonders angetan haben: „So eine Kanonenkugel aus dem 19. Jahrhundert wollte ich schon immer mal in der Hand haben.“ Und auch sein Lieblingsstück, ein Säbelbajonett, fasziniert ihn merklich.
Das Museum im Gewölbekeller hat seit Anfang Dezember geöffnet, ganz fertig ist es aber noch nicht. In der Mitte will Markus Kronenwett einen kleinen, etwa drei Meter langen Bachlauf nachbilden, um zu zeigen, wie viel Müll die Angler regelmäßig in den Gewässern finden. „Denn am Ende machen wir das immer noch, um aufzuräumen.“
Magnetangler im Fernsehen
SOKO Stuttgart
Das ZDF strahlt am 4. Januar um 18 Uhr die Folge „An der Angel“ der Krimi-Fernsehserie SOKO Stuttgart aus. Mehrere der verwendeten Requisiten – unter anderem auch die Tatwaffe – stammen aus Markus Kronenwetts Museum. „Die Requisite von Bavaria Film hat bei uns angefragt“, sagt er. „Ich habe ihnen dann einigen Schrott überlassen, den sie aus dem Fluss ziehen konnten.“ Der Magnetangler selbst war für einen Drehtag als Experte am Set, hatte seine Angeln dabei und zeigte den Schauspielern den richtigen Umgang damit.
Museum
Das Magnetangel-Museum in der Großbottwarer Straße 59 in Oberstenfeld hat von Montag bis Donnerstag zwischen 17 und 19 Uhr sowie sonntags von 12 bis 15 Uhr geöffnet. Erwachsene zahlen drei Euro Eintritt, für Schüler und Studierende sind es nur zwei Euro. Eine Familienkarte kostet sechs Euro, Kinder unter 6 Jahren bezahlen keinen Eintritt.